Hamburg. Streit um den neuen Sportfördervertrag eskaliert. Scharfe Resolution heizt vor Sitzung des Sportausschusses die Debatte an
Der Sport in Hamburg steht vor unruhigen Zeiten. Damit gemeint ist aktuell aber nicht die sportliche Lage des Fußball-Bundesligisten FC St. Pauli (Vorletzter) oder des Zweitligisten HSV (aktuell mal wieder Vierter). Auch nicht der Wettskandal, der aktuell den Hamburger Amateurfußball erschüttert. Gemeint ist vielmehr eine sportpolitische Bombe, die die Sitzung des Sportausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft am Donnerstagnachmittag in besonderem Maße beeinflussen dürfte.
Eine Resolution als sportpolitische Bombe
Die Detonation kommt daher in Form einer Resolution des Hauptausschusses des Hamburger Sportbundes (HSB), der 857 Organisationen, Vereine und Verbände, mit 557.000 Mitgliedschaften vertritt. In besagtem Dokument ist der Frust über die mit der Stadt Hamburg nach bislang drei Verhandlungsrunden immer noch nicht erfolgte Einigung auf einen neuen Sportfördervertrag für die Jahre 2025 bis 2028 deutlich spürbar.
So habe die Stadt „kein Angebot zur Erhöhung der Betriebskostenförderung für Mitgliedsorganisationen mit eigenen Anlagen“ auf den Tisch gelegt, obwohl „diese Förderposition seit zehn Jahren nicht erhöht wurde“ und die „Kosten für Wartung, Instandhaltung und Energie für die Vereine essenziell wichtig“ seien. Es drohten „Mitglieder- und Qualitätsverluste“.
Resolution des Sportbundes zitiert Sportsenator Grote
Auch werde „die Rekordzahl von Kindern und Jugendlichen in Hamburger Sportvereinen nicht (..) berücksichtigt“. Trotz 13.000 Kindern mehr in den Vereinen solle der Etat der Sportjugend nur um 3300 Euro für den Zeitraum 2025/26 steigen.
Weitere Kernaufgaben von Verbänden blieben unfinanziert. Das Papier zitiert zur Beweisführung Ziele der Active-City-Strategie der Stadt Hamburg und ein Interview des Innen- und Sportsenators Andy Grote mit dem Abendblatt („Ich glaube, dass wir Sport so dringend brauchen wie noch nie, als diese große Kraft, die uns als Gesellschaft noch zusammenhält“).
Sportbund: „855.000 Euro fehlen zur Einigung“
Nun müssten Taten folgen. Da die Stadt ihre „Rekordinvestitionen“ anpreise und ihre Corona-Notkredite vorzeitig zurückgezahlt habe, sei die finanzielle Lage gut. Die resultierende Forderung: „Man hat den Verhandlungsparteien bis jetzt in Summe 443.300 Euro Erhöhungen für 2025 und 2026 und weitere 200.000 Euro Erhöhungen für 2027 und 2028 angeboten. Im Ergebnis fehlen 855.000 Euro für die Jahre 2025 und 2026 zur Einigung.“
„Wir waren von der Deutlichkeit unserer Mitgliedsorganisationen in der Bewertung des Verhandlungsergebnisses um den Sportfördervertrag überrascht“, sagt der HSB-Vorstandsvorsitzende Daniel Knoblich.
Steht Active-City-Beteiligung der Vereine auf dem Spiel?
Mit dem vorliegenden Angebot sind wir von einer Einigung weit entfernt. Es bedarf jetzt eines deutlich verbesserten Angebots. Wir haben erstmalig eine große Unzufriedenheit unserer Mitgliedsorganisationen mit der Priorisierung der Aufgaben im Landessportamt wahrgenommen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Mitglieder darüber nachdenken, sich nicht mehr an den städtischen Active-City-Formaten zu beteiligen.“
Eine solche Nicht-Beteiligung der Vereine wäre ein großes Politikum. Hintergrund der Kritik am Landessportamt ist nach Abendblatt-Informationen der geplante Abschluss eines Vertrags im Jahr 2025 mit einer Kommunikationsagentur für Active City Marketing in Höhe von einer Million Euro. Wobei noch zu klären ist, ob es sich um zusätzliche Mittel oder um einen bereits im Jahr 2019 veranschlagten Posten handelt.
Sportbehörde kontert HSB-Resolution
Die Behörde für Inneres und Sport konterte am Mittwoch auf Anfrage des Abendblatts die HSB-Resolution. Man sei „über den Tonfall etwas irritiert“, sagte Senatssprecher Daniel Schaefer. Die im HSB-Schreiben enthaltene „verklausulierte Drohung, den Mitgliedern höhere Beiträge in Rechnung stellen zu wollen“ entbehre „jeder Grundlage und verunsichert die Mitglieder“.
Dabei sei die Unterstützung durch die Stadt groß. „Das Fördervolumen des Sportfördervertrages ist seit dem Vertrag 2017/2018 von 9.222.000 Euro auf 11.004.800 Euro für die Förderjahre 2023/2024 gestiegen.“ Dazu kämen 1,6 Millionen Euro für die Sportinfrastruktur und beim neuen Fördervertrag eine voraussichtliche „Erhöhung der Mittel um noch einmal mehr als 470.000 Euro beziehungsweise rund vier bis fünf Prozent für 2025/2026. Das ist noch mal mehr als zuletzt zum 1. Januar 2023“.
Behörde sieht Schwerpunkt im Sport
Weiterhin seien seit Januar 2020 zehn Millionen Euro aus den Mitteln des Sportfördervertrages für die Förderung von vereinseigenen Sportanlagen aufgebracht worden. Dazu kommen: „7.688.417 Euro an Vereine, Verbände und andere Antragsberechtigte bei den Förderprogrammen im Zuge der Corona-Pandemie.“
Im Gegensatz zur HSB-Resolution liege ein Senatsschwerpunkt auf dem Sport, wie auch die neun Millionen Euro Hilfe bei der Energiepreisbremse beweisen würden. Schaefer: „Der organisierte Sport ist der einzige Bereich überhaupt, der in Zeiten zuletzt wieder deutlich sinkender Energiepreise eine solche Unterstützung erhält.“ Active-City-Startergutscheine, Qualifizierungsoffensiven, 370 Millionen Euro für die Sportinfrastruktur in fünf Jahren und die Erhöhung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale zeigen ebenso die Wertschätzung der Stadt für den Sport.
Heike Sudmann zur Senatspolitik: „Wenig Zuckerbrot, viel Peitsche“
Die Lagebeschreibung könnte kaum unterschiedlicher sein. Für den HSB ist die Lage dramatisch, Fußball-Verbandspräsident Christian Okun warnt als Mitglied der Verhandlungsdelegation davor, dass „der Sport in Hamburg am langen Arm verhungert“ und verlangt „eine Klärung auf Senatorenebene“. Heike Sudmann, Sportausschuss-Mitglied der Linken in der Bürgerschaft, wirft dem Senat bei den Verhandlungen um den neuen Sportfördervertrag „wenig Zuckerbrot und viel Peitsche“ vor.
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Die Behörde für Inneres und Sport findet wiederum Hamburgs Sportpolitik sehr gut, verweist auf massive Zuwendungen. Wie beide Parteien zueinander finden? Das wird das nächste spannende Kapitel in Hamburgs sportpolitischer Landschaft.