Paris. Das Stadtbild vor den Olympischen Spielen ist geprägt von Straßensperren und viel Polizei. Grandiose Eröffnungsfeier entlang der Seine.
Der Eiffelturm erstrahlte in einem Meer von Lichtkegeln, während die Fackel ein ums andere Mal den Träger wechselt. Als Letzte waren Marie-Jose Perec und Teddy Riner an der Reihe, zwei große französische Sportler, die schließlich das olympische Feuer entzündeten und in einem Ballon aufsteigen ließen. Musikalisch bewegend begleitet von Celine Dion, die einen grandiosen Abend abschloss.
Zuvor erklärte nach einer einzigartigen Zeremonie auf einem sechs Kilometer langen Abschnitt der Seine im Herzen von Paris Emmanuel Macron, der Präsident Frankreichs, die XXXIII. Olympischen Spiele für eröffnet. Es war eine beeindruckende Reise durch die Geschichte ebenso wie durch die Gegenwart Frankreichs, mit erstaunlichen Elementen auf dem von Tribünen gesäumten Fluss, auf dem 85 Boote unterwegs waren, und an seinen Ufern.
Diese Bilder werden viele mitnehmen in die nächsten Tage. Paris steht ganz im Zeichen der Sommerspiele, die an diesem Samstag mit ersten Medaillenentscheidungen so richtig losgehen. Die Stadt füllt sich zunehmend mit den Fans des Ringe-Spektakels. Die großen Monumente vom Grand Palais über den Place de la Concorde bis zum Invalidendom haben Revolutionen, Kriege oder gar beides überstanden. Aktuell tragen sie Hellrosa und Babyblau – die Erkennungsfarben dieser Spiele. Wie geduldige Riesen ertragen sie die Banner und Fähnchen, die sie nun schmücken.
Viele Straßensperren und auch Proteste
Viele Wettkämpfe finden unmittelbar vor den großen Sehenswürdigkeiten statt. Die Folge: Die halbe Stadt ist lahmgelegt. Die üblichen Zuwege zu vielen Touri-Spots sind gesperrt.
Besonders nervig ist das für die Anwohner, nur mit einem vorher beantragten QR-Code erhalten sie Zugang zu ihren Wohnungen, wenn diese im Sperrbereich liegen. Viele, die mit dem größten Sportevent der Welt nicht viel anfangen können, haben direkt die Stadt verlassen – und ihre Wohnung zu üppigen Preisen vermietet. Auch einige Gastronomen erwarten Einbußen, weil sie nicht wie gewohnt erreichbar sind.
Demonstranten kritisieren immer wieder das harsche Ausquartieren von Obdachlosen, dass die Spiele für Sponsoren, nicht für die Bewohner seien. In den U-Bahn-Stationen muss man im Geschiebe trotzdem aufpassen, nicht über jene zu stolpern, die um eine klimpernde Gabe bitten. Geschäftsleute, die sich hektisch durch die Menge quetschen, verzweifeln spätestens, wenn ihre Haltestelle wegen der errichteten Wettkampfstätten ausfällt. „Merde“, hört man von so manchem Anzugträger.
Großen Mist hinterlassen auch die Pferde der Reiterstaffeln, die vielerorts patrouillieren. Polizei, Gendarmerie und Militär sind omnipräsent – zu Ross, zu Fuß, auf Motorrädern, manchmal sogar auf Rollerblades. Sie sichern Zugänge und eskortieren mit Blaulicht und Sirene die Politprominenz, die immer mehr Einzug hält, je näher die Eröffnungsfeier rückt. Die Stadt wirkt wie beim Stopptanz, wenn plötzlich wieder die schwarzen, gepanzerten Wagen durch die Stadt rasen. Alles hält kurz inne, dann geht das Leben weiter.
Selbst im Regen, der die feierliche Zeremonie zum Start der Spiele zu einem feuchten Vergnügen machte für die über 300.000 Zuschauer an den Ufern der Seine und den fast 7000 Athleten auf den Booten. Das deutsche Team fuhr schon auf dem dritten Schiff den Fluss zum Eiffelturm entlang, Basketball-Star Dennis Schröder und Judoka Anna-Maria Wagner schwenkten gemeinsam die Fahne. Es war ein atemberaubendes Programm, das sie verfolgen konnten, in dem Lady Gaga eine ganze Reihe von großartigen Show-Acts eröffnete.
Höchste Terrorwarnstufe in Frankreich
Frankreich hatte im März die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen; ein umfangreiches Sicherheitskonzept wurde entwickelt. Zusätzlich zur regulären Polizei sind rund 18.000 Soldaten in Paris. Schon im Vorfeld konnten Anschlagspläne vereitelt werden, es gab Festnahmen. Besonders hoch sind die Sicherheitsmaßnahmen für die israelische Delegation, deren Land sich im Krieg mit Palästina befindet und auch vom Iran bedroht wird. Rund um die Uhr werden die Sportler bewacht.
Paris ist bereits von Anschlägen erschüttert worden. Die islamistischen Attentate im November 2015 an fünf Orten – unter anderem nahe des Stade de France, in dem gerade ein Fußball-Länderspiel von Frankreich gegen Deutschland stattfand – haben sich tief in die Seele der Menschen gebrannt.
Doch es scheint Teil dieser stolzen Nation, die aus dem Spannungsfeld von Revolution und l’amour gewachsen ist, nach einer schweren Zeit die Fahne in die Höhe zu strecken und gestärkt aus dem Schmerz hervorzugehen. Diese Spiele, die sich mit ihren Wettkampfstätten auch über den Rand des Stadtkerns erstrecken, sollen wie ein großes „Nicht-mit-uns“-Schild in den Boden gerammt und ein klares Signal an die Feinde von Freiheit und Frieden sein.
Champs-Élysées wie Stillleben auf der A40
Die Männer und Frauen, die in ihren schweren schwarzen Uniformen für die Sicherheit sorgen, erzeugen trotz der offen getragenen Waffen kein bedrohliches Gefühl. Sie sind zwar da, aber stören nicht. Ungemein freundlich, geduldig und bemüht erklären sie gleich mehrsprachig die Situation oder den Weg.
So wuselt man sich von Straßensperrung zu Straßensperrung. Rosa Schilder weisen den Weg zur nächsten Wettkampfstätte. Blöd, wenn diese kurz vor dem Start der Spiele noch in die falsche Richtung zeigen. Wohl dem, der nur über die Champs-Élysées muss: Wo sonst der Verkehr donnert, ist zumindest teilweise eine Fußgängerzone samt rappelvollem Olympia-Fan-Shop entstanden. Ein bisschen ist es wie beim Stillleben 2010 auf der gesperrten A40, nur ohne Bierbänke. Zum Verweilen bleibt aber ohnehin nicht viel Zeit. Wer viele Wettbewerbe sehen will, muss sich sputen. Es sind die Spiele der langen Wege.
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