Hamburg. Alleingesellschafter Zeljko Karajica spricht über die Veränderungen bei Hamburgs Football Team. Wie er die Stadion-Problematik sieht.

Wer einen Interviewtermin mit Zeljko Karajica (52) bekommen möchte, muss Geduld mitbringen. Der Terminkalender des Hamburger Sportunternehmers, der von 2012 bis 2020 Geschäftsführer der ProSieben-Sat.1-Gruppe war und seitdem mit seinem Bruder Tomislav in diverse Sportprojekte investiert, hat eigentlich keine Lücken. Für das Abendblatt nahm sich der Deutsch-Kroate dennoch eine halbe Stunde Zeit.

Herr Karajica, wenn wir alle Ihre Unternehmungen aufzählen, würden wir den zeitlichen Rahmen sprengen. Nur so viel: Sie sind Geschäftsführer der SEH Sports Entertainment Holding, die neben ihren Engagements im Profifußball, E-Sport und Boxen unter anderem die European League of Football (ELF) gegründet hat. Auch bei der ELF sind sie Alleingesellschafter, genauso wie bei den Hamburg Sea Devils. Wie schaffen Sie das alles zeitlich?

Zeljko Karajica: Sie haben meine drei Kinder vergessen, dass ich ab und zu joggen gehe und hin und wieder auch noch esse und trinke. (lacht) Nein, im Ernst: Ich arbeite die Dinge nach einer Prioritätenliste ab. Bei vielen Themen kann ich mich auch auf mein Team verlassen, das mir den Rücken freihält. Ich werde auch weiterhin nicht als Geschäftsführer der Sea Devils arbeiten, den Job geben wir an eine andere Person weiter. Wenn es darum geht, Leitlinien und Strategien festzulegen, übernehme ich aber gerne Verantwortung.

Der bisherige Sea-Devils-Geschäftsführer Max Paatz ist zu Ligakonkurrent Rhein Fire gewechselt, Sie sind also derzeit alleinverantwortlich für den Neuaufbau. Wie muss man sich das vorstellen?

Als ich mit Max vor drei Jahren die Sea Devils gestartet habe, haben wir uns anfangs am Flughafen bei McDonalds getroffen, weil es noch nicht mal ein Büro gab. Dagegen ist die aktuelle Situation ein Schlaraffenland, es ist nicht so, dass die gesamte bisherige Struktur nicht mehr vorhanden ist. Natürlich habe ich momentan ein bisschen mehr Arbeit, war als Gesellschafter aber sowieso immer nah dran. Eine One-Man-Show bin ich ohnehin nicht, Cornelis Mißfeldt und Josip Udovičić besetzen zwei neu geschaffene Vollzeitstellen im Backoffice, Miguel Boock wird zudem neuer Sportdirektor, viele weitere Personalien folgen. Da kann es sein, dass ich mich in der Saison auch mal zwei, drei Wochen gar nicht melde, weil alle Themen auch ohne mich ihren Lauf gehen.

Veränderte Strukturen im Team der Sea Devils

Einige Fans sorgen sich momentan trotzdem um die Zukunft der Sea Devils, auch Headcoach Charles Jones und Defensive Coordinator Kendral Ellison sind nicht mehr da. Was entgegnen Sie?

Ich spreche momentan gerne von den Sea Devils 2.0, wir stellen derzeit ein neues System auf, das sich von dem bisherigen unterscheidet. Bestimmte Dinge waren in der vergangenen Saison auch nicht mehr gut, ich hatte mitunter das Gefühl, dass auf einigen Positionen zu viel Arbeit und Verantwortung lastete. Nachdem wir im ersten Jahr nur zwei Sponsoren hatten, sind es zuletzt fast 30 gewesen, und wir haben auf einmal im Volksparkstadion gespielt. Die gesamte Verantwortungsstruktur muss sich dieser Entwicklung logischerweise anpassen. Wir werden weiterhin einen Geschäftsführer haben, der auf dem Rasen aber vielleicht nicht mehr jeden Spielzug kennen muss, dafür aber wissen sollte, wie ein Stadionvertrag aussieht und wie die Sponsorenakquise läuft. Für die sportlichen Fragen soll dann im Gegenzug der Sportdirektor mit dem Headcoach zuständig sein.

Kendral Ellison, der im Team hoch angesehen war, wäre gerne Headcoach in Hamburg geworden, ist nun aber zu den Munich Ravens gewechselt. Wie kam die Entscheidung zustande?

Es haben Gespräche stattgefunden, in denen wir nicht zu 100 Prozent übereingekommen sind. Ich freue mich für Kendral, dass er jetzt in München als Headcoach arbeiten kann. Die Entscheidung, Matthew Johnson zum Headcoach zu machen, ist gut überlegt.

Johnson hat im Gegensatz zu Ellison noch nie als Headcoach gearbeitet, ist außerdem mit 35 Jahren noch sehr jung. Wieso gehen Sie das Risiko ein?

Natürlich ist das ein gewisses Risiko, aber es gibt noch mehr Argumente, die für ihn sprechen. Wir haben viele Gespräche mit älteren und jüngeren Kandidaten geführt, uns am Ende aber für Matthew entschieden, weil wir das Gefühl haben, dass sein Spirit und seine direkte Art zu uns passen. Wir werden durch ihn ein neues Spielsystem bekommen und mehr auf Angriff spielen als noch in der Vergangenheit. Er kennt außerdem Deutschland und die Gegebenheiten hier aus seiner Zeit als Quarterback in Kiel. Wir wollten einen Coach, dem die Mentalität der einheimischen Spieler bekannt ist. Das war in der Vergangenheit bei uns nicht immer so.

Sehen Sie einen Interessenskonflikt, dass Sie einerseits Gesellschafter der ELF, andererseits aber auch Gesellschafter der Sea Devils sind?

Nein, ich bin ja nicht durch die Hintertür Gesellschafter der Sea Devils geworden. Als wir die Liga gegründet haben, haben wir gemeinsam mit allen Franchises entschieden, dass wir Hamburg als Standort für die ELF benötigen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es aber keine Person oder Interessensgemeinschaft, die die Sea Devils übernommen hätte. Ich habe ausreichend professionelle Distanz, um sagen zu können, dass ich das Geschäft der ELF vom Geschäft der Sea Devils trennen kann.

Sea Devils haben neuen Investor gefunden

Sauberer wäre es dennoch, wenn Sie zumindest einen weiteren Gesellschafter bei den Sea Devils dazu holen…

In Olaf Reinboth, dem Inhaber und Geschäftsführer von Waremode (unter anderem Jack & Jones, Vero Moda, d. Red.), haben wir eine Person gefunden, die sich bei den Sea Devils als Minderheitsanteilseigner engagieren wird. Er versteht American Football und wird sich auch inhaltlich einbringen können. Unser Ziel ist darüber hinaus, zukünftig noch mehr Gesellschafter zu finden.

Inwiefern können Sie zukünftigen Gesellschaftern der Sea Devils denn auch Hoffnungen auf schwarze Zahlen machen?

Herr Reinboth und auch ich engagieren sich nicht aus Spaß oder als Hobby-Mäzene. Die Liga und auch die Franchises werden kurz- oder mittelfristig schwarze Zahlen schreiben. Davon bin ich überzeugt.

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Nach der ersten Saison mussten Sie als Alleingesellschafter ein Minus von 592.000 Euro ausgleichen…

Stimmt, es hat sich leider niemand gefunden, der das für mich übernehmen wollte. (lacht) Alles geht aber in die richtige Richtung, wenn wir uns weiter professionalisieren, haben die Sea Devils ein großes Potenzial, um nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Um Geld zu verdienen, benötigen Sie ein mittelgroßes Stadion, das es in Hamburg derzeit nicht gibt. Wie konkret sind die Pläne, in der kommenden Saison auch in anderen norddeutschen Städten zu spielen?

Es ist klar, dass wir mit dem kleinen Hoheluft-Stadion nicht zufrieden sind. Vor allem nicht, wenn man wie wir auch schon einmal im Volksparkstadion spielen durfte. Um zukünftig regelmäßig vor so vielen Fans aufzulaufen, kann man durchaus auch mal mit anderen Städten sprechen, die auf den ersten Blick nicht zu den Hamburg Sea Devils passen. Das Hoheluft-Stadion passt mit durchschnittlich 3000 Zuschauern und nur 200 überdachten Sitzplätzen aber auch nicht – wir müssen kreative Lösungen finden.