Hamburg. Sportteams wie die Hamburg Sea Devils sind ohne Perspektive – und drohen mit Wegzug. Ein neues Stadion könnte das Problem lösen.
Das Thema eines mittelgroßen Stadions für 5000 bis 8000 Zuschauer schien in Hamburg erledigt, nachdem die Stadt Ende vergangenen Jahres beschlossen hatte, auf dem ehemaligen Thyssen-Krupp-Gelände am künftigen Fernbahnhof Diebsteich nur ein „Regionalligastadion“ für 4999 Besucher zu bauen.
Jetzt kommt neue Dynamik in die Diskussion. Das American-Football-Team der Hamburg Sea Devils kann im Victoria-Stadion Hoheluft am Lokstedter Steindamm seine Spiele nach Anwohnerklagen künftig nur noch unter restriktiven Lärmschutzbedingungen durchführen und ist auf der Suche nach einem neuen Standort.
American Football: Sea Devils brauchen neue Heimat
„Ein Drittligastadion in Hamburg ist überfällig“, sagt Sea-Devils-Geschäftsführer Max Paatz. Obwohl beim 37:17-Sieg gegen Berlin Thunder am Sonntag die Vorgaben des Bezirksamts Nord (keine Trommeln, Tröten und Trillerpfeifen) umgesetzt wurden, gab es erneut Beschwerden, manche Anwohner drohten gar mit Anwälten.
„Wenn man in unmittelbarer Nähe eines Stadions wohnt, muss man sich bewusst sein, dass es hin und wieder eine gewisse Geräuschkulisse gibt“, sagt Paatz, der einen Zuschauerschnitt von 15.000 Menschen pro Heimspiel für „absolut realistisch“ hält. Mit derzeit maximal 4500 Fans und den Lärmschutzvorgaben an der Hoheluft gebe es keine Perspektive für das ELF-Team. „Irgendwann stellen sich Investoren und Partner die Frage, ob ihr Engagement bei uns noch Sinn ergibt. Dessen muss sich auch die Politik bewusst sein“, sagt Paatz.
CDU Altona macht Standort-Vorschlag
Einen Standort gibt es, sagt jetzt die CDU Altona. Sie beschloss am Montagabend auf ihrem Kreisparteitag, die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) aufzufordern, auf dem Gelände der Trabrennbahn eine Arena mit einer Kapazität für bis zu 8000 Zuschauer nördlich der Luruper Hauptstraße „im noch zu erstellenden Bebauungsplanverfahren planungsrechtlich abzusichern“. Mögliche Nutzer wären der ambitionierte Fußball-Regionalligaclub FC Teutonia 05 Ottensen, die in die 2. Bundesliga aufgestiegenen Fußballfrauen des HSV, die Sea Devils sowie Kultur- und Eventveranstalter.
Die Rennbahn, das ist im Senat beschlossen, muss Ende 2024 ihren Betrieb einstellen und auf eine Doppelrennbahn zusammen mit den Galoppern in Horn hoffen. Auf dem 41 Hektar großen Gelände sind bisher Wohnungsbau und Gebäude der Science City vorgesehen.
Sea Devils könnten in Bremen spielen
„Die Stadt hat bisher den Bau eines mittelgroßen Stadions in Hamburg abgelehnt, weil sie eine eine solche Arena für weit überdimensioniert hält und daher keinen Bedarf sieht. Den gibt es sehr wohl, wie die oben genannten Beispiele zeigen“, sagt Christian Okun, der Präsident des Hamburger Fußball-Verbandes. Er schlägt vor, „dass die Innenbehörde mit allen Playern in diese Diskussion einsteigt und die Planungen vorantreibt, bevor Mannschaften abwandern“.
Bekannt ist, dass die Stadt Bremen die Sea Devils mit Steuergeldern anlockt. Auch Lübeck wäre eine Option für Heimspiele. „Ich will vermeiden, dass wir das nächste Sportteam sind, das sich aus Hamburg zurückzieht. Dafür muss jetzt aber etwas passieren“, fordert Sea-Devils-Chef Paatz. „Wir sind zwar ein Hamburger Team und wollen auch hierbleiben. Vielleicht sitzen die Sea Devils zukünftig auch noch in Hamburg, spielen aber in anderen norddeutschen Städten.“
Hrubesch will Stadion für HSV-Frauen und den Nachwuchs
Auch HSV-Nachwuchschef Horst Hrubesch unterstützt den Vorstoß. „Unsere Stadt braucht eine solche Veranstaltungsstätte, im Sinne aller Betroffenen und vor allem im Sinne der Sportstadt Hamburg“, sagte er der „Bild“-Zeitung vor zwei Wochen nach dem Aufstiegsspiel der HSV-Frauen gegen Viktoria Berlin, bei dem 1800 Zuschauer das Stadion am Sportpark Eimsbüttel an der Hagenbeckstraße ausfüllten.
Sven Hielscher, Baurechtsexperte und Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Altona, ist der Initiator des Planes eines drittligatauglichen, multifunktionalen Stadions. „Mit dem Neubau der Science City, dem Gelände der Trabrennbahn und den Kleingartenflächen nördlich der August-Kirch-Straße bis zur Autobahn A7 gibt es möglicherweise die letzte Chance im Hamburger Westen, eine solche Fläche zu generieren, die auch allen Lärmschutzbestimmungen entspricht“, sagt er. Der Wohnbauanteil für neue Universitätsviertel löse ebenso wie die notwendige Erweiterung der örtlichen Schulen neuen Sportflächenbedarf aus.
Neues Stadion könnte für Konzerte genutzt werden
Der Hintergrund: Die beiden Fußballplätze an der Bahrenfelder Notkestraße müssen der Erweiterung der Forschungseinrichtung Desy weichen und sollen auf dem Gebiet der Trabrennbahn ersetzt werden. Mit der Aufgabe der Rennbahn entfalle zudem eine große Open-Air-Kulturfläche, sagt Hielscher.
Die Finanzierung könne über eine Mantelbebauung und Investoren erfolgen. Interessenten, die eine solche Arena betreiben wollen, gäbe es bereits. Teutonia 05 hatte in der Vergangenheit mehrmals angedeutet und aktuell erneut betont, dass Geldgeber für ein entsprechendes Millionenprojekt bereitstünden.
„Leider hat Hamburg seinen guten Ruf als Sportstadt in den vergangenen Jahren eingebüßt“, sagt Hielscher. „Mit der Active-City-Strategie ist Hamburg noch lange keine Sportstadt. Dazu braucht es auch die geeigneten Sportstätten.“