Hamburg. Linnea Weidemann spielt am Sonnabend ihr erstes WM-Halbfinale. Abwehrchefin Viktoria Huse erklärt, was sie so stark macht.

Wer die bisherigen Spiele der deutschen Hockeydamen bei der Feld-WM verfolgt hat, dem wird sie aufgefallen sein. Linnea Weidemann verrichtet ihre Aufgaben in der Defensive, die mit null Gegentoren in den vergangenen drei Partien zum Prunkstück der Auswahl des Hamburger Bundestrainers Valentin Altenburg geworden ist, mit einer Ruhe und Übersicht, die vermuten lässt, dass sie seit zehn Jahren nichts anderes tut. Tatsächlich ist die 18-Jährige vom Berliner HC Debütantin, mit fünf Länderspielen im A-Kader war sie in das Turnier gestartet.

Woher diese Gelassenheit kommt, mit der sie in Zweikämpfen die Gegnerinnen abräumt und das Spiel eröffnet, das kann die Abiturientin ebenso wenig beantworten wie die Frage, was sie so richtig auf die Palme bringen könne. Insofern ist es wichtig, ihre Hamburger Abwehrpartnerin Viktoria Huse ins Spiel zu bringen. „Tatsächlich ist Linnea auch beim Kartenspielen die Ruhe selbst. Sie ist ein unglaublich gelassener Mensch und bringt eine große Qualität in unser Spiel“, sagt die 26-Jährige vom Club an der Alster.

Hockey: Weidemann freut sich auf einen Weltklasse-Gegner

Der äußere Eindruck, sagt Linnea Weidemann, täusche manchmal über ihr inneres Spannungsfeld hinweg. „Natürlich bin ich aufgeregt, aber es ist schön, dass man das nicht merkt. Ich hatte mit der Nominierung für die WM nicht gerechnet, umso cooler ist es, jetzt auf diesem Niveau mitspielen zu können.“ An diesem Sonnabend (21.30 Uhr/DAZN), wenn der Weltranglistensechste im Halbfinale in Terrassa (Spanien) auf Argentinien trifft, wird sie ihr Spiel noch einmal auf ein neues Level hieven müssen. „Das ist ein Weltklassegegner, aber ich freue mich sehr auf die Herausforderung“, sagt sie.

Der Vorteil der angehenden Physiotherapiestudentin ist, dass sie mental unbelastet in die Partie gehen kann. Viktoria Huse dagegen war dabei, als im August vergangenen Jahres im Viertelfinale der Olympischen Sommerspiele von Tokio der Medaillentraum mit einem 0:3 gegen „Las Leonas“ platzte. Zwar hat der Bundestrainer vorgegeben, die Vergangenheit als solche zu behandeln und jedes Spiel von Neuem wie ein leeres Glas zu betrachten, das mit frischem Inhalt befüllt werden könne.

Hockey-Damen wollen erste Finalteilnahme seit 1986

„Aber natürlich geht jede, die bei Olympia dabei war, damit individuell unterschiedlich um“, sagt Viktoria Huse. Sie selbst habe in ihren bislang 84 Länderspielen gegen keinen Gegner häufiger gespielt als gegen die Südamerikanerinnen (elfmal). „Deshalb reduziere ich meine Erfahrungen nicht auf dieses eine Spiel in Tokio, sondern schaue auf die Gegenwart, und da treffen sich zwei andere Teams unter neuen Voraussetzungen“, sagt sie.

Auch wenn Argentinien bislang unbesiegt ist und souverän auftrat – Deutschland verlor sein Gruppenspiel gegen Titelverteidiger Niederlande, der im zweiten Halbfinale (Sa., 18.30 Uhr) auf Australien trifft, mit 1:3 – glauben die beiden Defensivkünstlerinnen an die große Chance, erstmals seit 1986 wieder ein WM-Finale zu bestreiten. Der von Altenburg favorisierte Spielstil, aus einer sicheren Abwehr heraus offensiv dominant und proaktiv zu agieren, gefällt ihnen. „Wir können uns voll auf unsere Vorderleute verlassen, das gibt uns Sicherheit“, sagt Weidemann.

Hockey: Weidemann profitiert von den Mitspielerinnen

In der WM-Vorbereitung sei besonderes Augenmerk darauf gelegt worden, die Defensive zu einer Festung zu machen. „Konter unterbinden, Kreiseintritte verhindern, Strafecken vermeiden“, so fasst Viktoria Huse den Arbeitsauftrag zusammen. Im Verbund mit Nathalie Kubalski (28/Düsseldorfer HC) und Julia Sonntag (30/RW Köln), die im Tor von Spiel zu Spiel rotieren, sei die Umsetzung bislang gut gelungen. „Diese Ordnung und das Wissen, dass ich so erfahrene Spielerinnen wie Vicky neben mir habe, die meine Fehler ausbügeln können, hilft mir enorm, mich auf mein Spiel zu konzentrieren und bei mir zu bleiben“, sagt Linnea Weidemann.

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Die späte Anstoßzeit, die der spanischen Hitze geschuldet ist, halten beide für einen Vorteil. „Vom Biorhythmus ist es kein Problem, körperlich ist es weniger anstrengend, und um 18.30 Uhr sind die Lichtverhältnisse schwieriger“, sagt Viktoria Huse. Auch deshalb werden sie alles geben, um das Finale zu erreichen. Das beginnt am Sonntag ebenfalls um 21.30 Uhr, das Bronzespiel bereits um 18.30 Uhr.