Hamburg. Der Aufsteiger unterliegt Frisch Auf Göppingen zum Auftakt in der Handball-Bundesliga mit 27:28. Leif Tissier mit neun Toren bester Werfer.
Leif Tissier fluchte und schlug mit beiden Händen auf den Boden der Barclays Arena, als am Mittwochabend die Schlusssirene ertönte. 2082 Tage – fast sechs Jahre – nach dem letzten Auftritt in der Handball-Bundesliga unterlag der HSV Hamburg (HSVH) Frisch Auf Göppingen nach hartem Kampf mit 27:28 (16:15). Tissiers Wutausbruch bewies, dass der Aufsteiger dem Europapokalaspiranten ein Duell auf Augenhöhe geliefert hatte. Auch die Zuschauer honorierten den Auftritt mit Applaus – Hamburg ist trotz der bitteren Niederlage zurück im Oberhaus. „Wenn wir eine Nacht darüber schlafen, werden wir stolz sein und merken, dass wir in der Ersten Liga angekommen sind“, sagte HSVH-Keeper Johannes Bitter.
Für eine Überraschung sorgte Hamburgs Trainer Torsten Jansen bereits zu Beginn der Partie. Die beiden dänischen Neuzugänge Casper Mortensen und Frederik Bo Andersen nahmen nur auf der Bank Platz, während Rechtsaußen Thies Bergemann und Linksaußen Tobias Schimmelbauer beginnen durften. Auch Kapitän und Kreisläufer Niklas Weller saß nur auf der Bank, für ihn begann der Erstliga-erfahrene Neuzugang Manuel Späth gegen seinen Ex-Club.
Der HSVH legte einen optimalen Start hin
Während beim Einlass nicht alles glatt hing – etliche der 2821 Fans, 3000 wären nach der 3G-Regel mit Maskenpflicht zugelassen gewesen, warteten bei Anpfiff noch vor der Arena – legte der HSVH einen optimalen Start hin. Nach weniger als fünf Minuten parierte Bitter einen Siebenmeter von Nationalmannschaftskollege Marcel Schiller. Nachdem HSVH-Spielmacher Tissier mit einem spektakulären Dreher und zwei starken Eins-gegen-eins-Aktionen drei Tore in Serie erzielte, rieben sich viele Zuschauer verwundert die Augen (5:2/7.).
Obwohl Göppingen nach drei einfachen Hamburger Ballverlusten schnell wieder ausgleichen konnte, ließ sich der Aufsteiger nicht beeindrucken. Insbesondere Tissier spielte in den ersten Bundesligaminuten seiner Karriere, als wäre er schon seit Jahren in der stärksten Liga der Welt zu Hause. Wenige Sekunden vor der Pause war es erneut der 21-Jährige, der mit seinem siebten Treffer in der ersten Hälfte zur 16:15-Führung traf, beide Arme nach oben riss und unter stehenden Ovationen der Zuschauer in die Kabine lief. Er war noch nicht fertig. „Wenn ich gewusst hätte, dass die so gut funktionieren, wäre ich ein Prophet oder könnte Lotto spielen. Natürlich kann niemand wissen, dass sie so eine Leistung abliefern“, antwortete Jansen auf die Frage, ob er Spielern wie Tissier so eine Leistung zugetraut hätte.
Gellendes Pfeifkonzert für die Schiedsrichter
Als kurz nach der Pause erst Jan Forstbauer (31.) und wenig später Bergemann (35.) umstrittene Zweiminutenstrafen kassierten, mussten die Schiedsrichter ein gellendes Pfeifkonzert über sich ergehen lassen. Es begann die schwerste Phase der Partie, nachdem Schiller die erste Gästeführung des Spiels erzielte (18:19/38.). Ein Siebenmeter von Starspieler Mortensen landete nur an der Latte, Frisch Auf blieb knapp in Führung. Auch weil Gästekeeper Daniel Rebmann nun mehrere Bälle parierte, verlor der HSVH seinen Rhythmus. Mitte der zweiten Halbzeit entwickelte sich zunehmend ein Spiel auf Messers Schneide, kein Team konnte sich mit mehr als einem Treffer absetzen. Defensiv hatten sich die ambitionierten Gäste besser auf Tissier eingestellt.
Nach zwei spektakulären Bitter-Paraden (insgesamt acht) war es Linksaußen Mortensen, der dem HSVH aus spitzem Winkel wieder zur Dreitoreführung verhalf (24:21/47.). Göppingen blieb jedoch dran, glich kurze Zeit später durch Kreisläufer Jacob Bagersted aus (24:24/49.) „Yes, Mann“, brüllte Linksaußen Schiller, als er zurücksprintete.
Göppingen spielte die letzten Sekunden im Stile einer Spitzenmannschaft
In der Schlussphase zeigte der Nationalspieler dann seine Klasse, bestrafte einen Mortensen-Fehlwurf mit dem 26:28 – sein elfter Treffer. Nachdem auch Andersen am starken Göppinger Keeper Rebmann (zehn Paraden) scheiterte, war die Partie entschieden. Sekunden vor Schluss warf Tissier den HSVH noch auf 27:28 heran – doch Göppingen spielte die letzten Sekunden im Stile einer Spitzenmannschaft herunter. „In den letzten fünf Minuten entscheiden sich im Handball viele Spiele – da kann man vorher so gut spielen, wie man möchte“, sagte Tissier. Er hatte recht.
Tore HSV: Tissier 9, Weller 6, Bauer 3, Bergemann 3, Valiullin 2, Forstbauer 2, Andersen 1, Mortensen 1. Tore Göppingen: Schiller 11, Kozina 4, Heymann 4, Gulliksen 4, Kneule 2, Bagersted 1, Ellebaek 1, Lindechrone Andersen 1. Schiedsrichter: Otto/Piper (Kiel). – Strafminuten: 10/10.
1. Spieltag: THW Kiel – HBW Balingen-Weilstetten 33:24, TBV Lemgo – MT Melsungen 26:26, HC Erlangen – DHfK Leipzig 19:15, GWD Minden – SG Flensburg-Handewitt 18:31. Spiele heute (alle 19.05 Uhr): SC Magdeburg – TVB Stuttgart, TSV Hannover-Burgdorf – Rhein-Neckar Löwen, Füchse Berlin – HSG Wetzlar, TuS N-Lübbecke – Bergischer HC.