Hamburg. Das American-Football-Team muss gegen Berlin nicht nur seinen bisherigen Cheftrainer ersetzen, sondern auch seinen Starspieler.

Es war keine gewöhnliche Woche für Andreas Nommensen. Als die Hamburg Sea Devils am Dienstag überraschend Headcoach Ted Daisher (66) entließen, wurde der bisherige Offensive Coordinator kurzerhand zum Interims-Cheftrainer befördert. „Ich habe den Schritt relativ solide aufgefasst, weil wir ein sehr gutes und erfahrenes Trainerteam haben.

Das hat das für mich relativ einfach gemacht“, sagt Nommensen, als ihn das Abendblatt am Freitag im Auto erreicht. Ganz so entspannt, wie es der 46 Jahre alte gebürtige Hamburger zunächst beschreibt, war es dann aber doch nicht. „Natürlich ist es stramm“, räumt Nommensen ein, „ich habe jetzt nicht unbedingt mehr Freizeit dadurch, bekomme aber noch alles unter einen Hut.“

Corona! Hamburg Sea Devils gegen Berlin Thunder ohne Kasim Edebali

Für das Heimspiel an diesem Sonntag (18 Uhr) gegen Berlin Thunder in der American-Football-Europaliga ELF haben die Sea Devils die Genehmigung für 1800 Zuschauer im Stadion Hoheluft erhalten. Erstmals sind auch Stehplätze zugelassen. Sorge vor der Größe der Aufgabe hat Nommensen derweil nicht. „Ich war auch vorher schon in viele Themen involviert. Wir mussten nur eine Feinabstimmung machen, wer was genau übernimmt. Das hat ganz geschmeidig geklappt“, sagt der erfahrene Coach.

Alles andere als geschmeidig lief die Woche für den Superstar der Sea Devils. Defensive End Kasim Edebali (31) fehlte wegen einer Erkrankung bereits die gesamte Woche im Training, nachdem er sich am Montagmorgen im Anschluss an die erste Auswärtsreise nach Barcelona abgemeldet hatte.

Nachdem der Verdacht auf eine Corona-Infektion bestand, wurde ein PCR-Test veranlasst. Am Freitagabend kam das befürchtete Ergebnis: positiv.

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Der frühere NFL-Profi fällt damit bis auf Weiteres aus. Obwohl Edebali keinen Kontakt zur Mannschaft gehabt habe, wurden sämtliche Spieler und Trainer einem zusätzlichen PCR-Test unterzogen. Weitere Corona-Fälle im Team seien nicht festgestellt worden, teilten die Sea Devils mit.

Kader wird auf Covid-19 getestet

Routinemäßig wird der gesamte Kader vor jedem Training und jedem Spiel per Antigen-Schnelltest auf Covid-19 getestet. Dort hatte es keine Auffälligkeiten gegeben. 51 von 65 Spielern des Kaders sind zudem vollständig geimpft.

„Wir wünschen Kasim gute Besserung und freuen uns darauf, wenn er wieder zur Gruppe stößt“, sagte Generalmanager Max Paatz. Edebali bedankte sich am Sonnabend via Instagram für die Genesungswünsche: „So viele Nachrichten, so viel Liebe, das bedeutet mir echt viel“, sagte er in einem Video und versprach: „In zwei Wochen wird wieder abgeliefert.“

Sein Ausfall trifft das Team hart. „Die Defense hängt nicht von einer Person ab. Die Spieler, die für ihn auf der Position spielen, genießen unser vollstes Vertrauen. Trotzdem ist es mit Kasim immer schöner. Ohne ihn wird es aber trotzdem gut funktionieren“, sagt Interims-Headcoach Nommensen. Ein potenzieller Ersatzkandidat für Edebali sei Berend Grube (29). „Er kann da ohne Weiteres reinspringen. Berend wäre der Erste, der mir einfallen würde“, sagt Nommensen.

Edebali schafft Lücken für andere

Obwohl Edebali bei den ersten beiden Saisonsiegen gegen Frankfurt Galaxy (17:15) und die Barcelona Dragons (32:14) erst einen Quarterback-Sack verbuchte, ist sein Wert für die Sea Devils nicht mit reinen Statistiken aufzuwiegen. Da die Gegner großen Respekt vor dem 1,89 Meter großen und 108 Kilogramm schweren Muskelpaket haben, wird Edebali in der Regel gedoppelt. So entstehen Lücken, die andere Linebacker wie Miguel Boock (29), Ambroise Mati (22) oder Jan-Phillip Bombek (24) nutzen können.

„Natürlich ist die Präsenz und die Gefahr, die ein Kasim durch seine Anwesenheit ausstrahlt, ein Albtraum für jeden Gegner. Wenn sich die gegnerische Offense auf ihn konzentriert, haben andere Spieler mehr Freiheiten“, weiß auch Nommensen. „Dass Kasim ein Riesenfaktor in unserer Defense ist, ist unbestritten. Aber auch ohne ihn sind wir in der Lage, eine sehr gute Defense zu spielen. Mit ihm ist es aber natürlich noch ein anderes Level.“

Edebali führt Hamburger Team an

Edebali führt jedoch nicht nur die Defense, sondern das gesamte Team an. Wenn sich die Spieler vor dem Kick-off ein letztes Mal versammeln, ist es immer Edebali, der die letzte Ansprache hält. Als Ersatzwortführer stehen nun US-Quarterback Jadrian Clark (27) und Line­backer Boock bereit.

Dass Berlin keine Kneipentruppe ist, merkten die Sea Devils bereits beim 14:13-Testspielsieg in der Saisonvorbereitung. Nach einer 27:37-Auftaktniederlage gegen die Leipzig Kings setzten die Hauptstädter beim 40:19 über Stuttgart Surge das erste Ausrufezeichen. Allein der US-amerikanische Wide Receiver Seantavius Jones (28) erzielte drei Touchdowns und eine Two-Point-Conversion. „Wenn man sich die Statistik anguckt, liegt auf ihm ein Hauptaugenmerk“, sagt Nommensen. „Aber auch deren Runningback hatte zuletzt exzellente Werte. Die sind sehr talentiert.“

Nommensens Zukunft in Hamburg unklar

Wie lange Andreas Nommensen die Sea Devils noch als Headcoach führen wird, ist derweil offen. Generalmanager Max Paatz ist zwar mit potenziellen neuen Cheftrainern aus den USA in Gesprächen, möchte nach dem Abgang von Ted Daisher aber erst mal Ruhe in die Mannschaft bekommen. Für Nommensen hingegen dürfte Ruhe in der nächsten Zeit kein Thema werden.