Frankfurt/Main. Die Münchner gerieten früh im Spiel in Unterzahl und wurden anschließend von Frankfurt vorgeführt. Was wird aus Kovac?
Der FC Bayern München hat nach dem 1:5-Debakel bei Eintracht Frankfurt das öffentliche Training am Sonntag abgesagt. „Nach der Niederlage in Frankfurt wurde kurzfristig die Entscheidung getroffen, morgen nicht öffentlich zu trainieren. Wir bitten alle Fans um Verständnis“, teilte der deutsche Fußball-Meister am Sonnabend mit. Zuvor hatten die Vereinschefs Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sowie Sportdirektor Hasan Salihamidzic das Frankfurter Stadion ohne Kommentar verlassen. Trainer Niko Kovac sagte: „Ich bin nicht blauäugig. Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben.“
Doch jetzt wird es für Niko Kovac richtig ungemütlich. Der Trainer des FC Bayern München dürfte nach ohnehin schon turbulenten Tagen noch viel stärker in die Kritik geraten. Vor 51.500 Zuschauern trafen Filip Kostic (25. Minute), Djibril Sow (33.), David Abraham (49.), Martin Hinteregger (61.) und Goncalo Paciencia (85.) in einem hochklassigen Spiel für die Eintracht, für die der Sonnabend nach 16 sieglosen Partien gegen den Rekordmeister zu einem regelrechten Feiertag wurde.
Jérôme Boateng bekommt Rote Karte
Bayern liegt nach dem 10. Spieltag weiterhin hinter Tabellenführer Borussia Mönchengladbach und wurde auch von der direkten Konkurrenz aus Dortmund und Leipzig überholt. Nach einer frühen Roten Karte für Jérôme Boateng (10.) reichte dem Kovac-Team diesmal auch der schon standesgemäße Treffer von Robert Lewandowski (37.) nicht.
"Mit der Roten Karte nach acht Minuten ist alles über den Haufen geworfen worden. Wir haben hier verdient verloren und zu viele Fehler gemacht", sagte Kovac bei Sky. „Das ist kein riesiges Wunder. Das hat sich angebahnt“, sagte Kapitän Manuel Neuer im ZDF.
Kovac weiß nicht, ob er Trainer bleibt
Fast so bitter wie das Resultat dürfte für die Bayern die Rote Karte für Boateng sein. Der Ex-Nationalspieler wird den Münchnern beim Top-Spiel gegen Vize-Meister Borussia Dortmund am kommenden Sonnabend fehlen, die Personalsituation in der Defensive wird sich im Duell mit dem härtesten Rivalen nach den langfristigen Ausfällen von Niklas Süle (Kreuzband) und Lucas Hernandez (Knöchel) noch einmal ordentlich verschärfen.
Nun dürfte auch die Diskussion um Trainer Niko Kovac an Dynamik gewinnen. Auf die Frage eines Reporters, ob er das uneingeschränkte Vertrauen der Clubführung genieße, antwortet der Kroate: "Das kann ich nicht sagen. Mein Gefühl zu diesem Thema ist auch nicht wichtig." Kovac weiß, dass er angezählt ist.
Bislang lautete der Plan der Bayern-Bosse, das Heimspiel gegen den BVB abzuwarten und dann ein Urteil über Kovac zu fällen. Der desolate Auftritt in Frankfurt könnte eine Entscheidung allerdings beschleunigen.
Frankfurts Paciencia übertölpelt Boateng
Nach einem ersten Bayern-Warnschuss von Serge Gnabry (2.) waren es die Gastgeber, die von Anfang an druckvoll und entschlossen agierten. Paciencia sorgte früh für die zentrale Szene des Spiels: Der Portugiese übertölpelte Boateng, der sich nur mit einem Foul an der Grenze des Strafraums zu helfen wusste. Doch statt Elfmeter und Gelb, wie zunächst von Schiedsrichter Markus Schmidt entschieden, gab es nach einer Videobeweis-Überprüfung Freistoß und Rot für Boateng.
Kovac zog fortan Joshua Kimmich nach rechts hinten in die Abwehr, die Unterzahl war den teilweise statischen Münchnern dafür im Mittelfeld immer stärker anzumerken. Frankfurt wurde erst recht mutig und verdiente sich die Führung: Ein abgefälschter Schuss von Sow landete bei Kostic, der aus spitzem Winkel mit Hilfe des Innenpfostens zur Führung verwandelte. Nur wenige Minuten später stand dann Sow am langen Pfosten richtig und erhöhte mit einem satten Schuss auf 2:0.
Bayerns Lewandowski trifft schon wieder
Die Bayern um die Jubilare Thomas Müller (500. Pflichtspiel für den FC Bayern) und Lewandowski (300. Bundesliga-Spiel) wachten erst nach dem zweiten Gegentreffer so richtig auf. Während Kimmichs Tor nach einer eindeutigen Abseitsposition noch zu Recht aberkannt worden war, setzte sich kurz danach Lewandowski mit einer hervorragenden Einzelaktion durch und verkürzte mit seinem 14. Saisontor.
Hasan Salihamidzic hatte vor der Partie die fehlende Dominanz der Münchner beklagt. „Wir hoffen, dass es eine Phase ist“, sagte der Sportdirektor bei Sky. Die für den Rekordmeister schwierige Phase verschärfte sich danach massiv. Denn auch nach dem Wechsel waren die Hessen sofort wach und legten nach: Abraham stürmte nach vorne und vollendete einen blitzsauberen Angriff nach einem Stockfehler von Gnabry.
„Einer geht noch, einer geht noch rein“, höhnten die Eintracht-Fans lautstark. Es gingen sogar noch zwei: Hinteregger vollendete nach einer Ecke, Paciencia erhöhte zum 5:1-Endstand. Selbst dieses Resultat fiel nicht zu hoch aus.
Nach dem Spiel diskutierten einzig Thomas Müller und David Alaba mit den aufgebrachten Fans am Zaun. Der angezählte Trainer Kovac nahm einen tiefen Schluck aus seiner Trinkflasche und verschwand dann erst einmal in der Kabine – genauso wie Sportdirektor Salihamidzic. Die Stimmung in München ist am Tiefpunkt.
Die Statistik:
- Frankfurt: Rönnow - Abraham, Hinteregger, Ndicka - Fernandes (80. Silva) - da Costa, Sow, Rode (71. Gacinovic), Kostic - Dost (64. Kamada), Paciencia. - Trainer: Hütter
- München: Neuer - Pavard, Boateng, Alaba, Davies - Kimmich, Thiago - Thomas Müller (64. Martinez), Coutinho (57. Coman), Gnabry (69. Goretzka) - Lewandowski. - Trainer: Kovac
- Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
- Tore: 1:0 Kostic (25.), 2:0 Sow (33.), 2:1 Lewandowski (37.), 3:1 Abraham (49.), 4:1 Hinteregger (61.), 5:1 Paciencia (85.)
- Zuschauer: 51.500 (ausverkauft)
- Rote Karte: Boateng nach einer Notbremse (9., nach Videobeweis)
- Gelbe Karten: Kamada (2) - Ulreich, Kimmich (3)
- Torschüsse: 17:7
- Ecken: 3:0
- Ballbesitz: 42:58 %