Hamburg. Die HSV-Legenden trennen sich im Volkspark von den DFB-All-Stars mit 8:8. Doch das Resultat war bei der Partie für die Ukraine sekundär.
„Ich werde einen Monat brauchen, bis ich wieder normal gehen kann“, stöhnte Thomas Gravesen (46), als er die zweimal 35 Minuten des Benefiz-Fußballsspiels für die Ukraine überstanden hatte, „meine Knie sind schon länger kaputt, aber dieser Anlass war es mir wert.“
10.000 Zuschauer waren in den Volkspark gekommen, um ihn und viele ehemalige Fußballstars wieder mal zu sehen. 8:8 endete die Partie zwischen HSV- und DFB-Altstars, verstärkt durch Prominente wie TV-Koch Tim Mälzer oder Marvin Willoughby (Towers). Als treffsicher präsentierten sich Ailton, Mohamed Zidan und Patrick Helmes (je drei Tore). Die Atmosphäre ähnelte der eines Klassentreffens, auch wenn der Anlass ein ernsthafter war. Mehr als 100.000 Euro plus Sachspenden in sechsstelliger Höhe kamen zusammen. „Ich hoffe, dass wir damit ein kleines, aber starkes Zeichen setzen können: Wir sind alle ein Teil der Ukraine“, sagte Martin Schwalb (HSVH), der als „Sportdirektor“ am Spielfeldrand saß.
Wie stets bei solchen Wiedersehen war es erstaunlich zu sehen, wie unterschiedlich die Lebensläufe bei Fußballprofis verliefen, die einst gemeinsam für den HSV aufliefen. 22 Jahre ist es nun schon her, dass Gravesen (kam 1997) den HSV Richtung FC Everton verließ. Im Januar 2005 wechselte er zu Real Madrid, spielte eineinhalb Jahre mit den „Galaktischen“ David Beckham, Zinedine Zidane, Ronaldo, Luis Figo und Raúl. Danach ging es weiter zu Celtic Glasgow. „Mad dog“, verrückter Hund, diesen Spitznamen erwarb sich Gravesen aufgrund seiner rauen und häufig unkonventionellen Art auf dem Rasen und daneben. Doch Hamburg hat Gravesen, damals als selbst ernannte „Hümörbombe“ einer der Publikumslieblinge, nie losgelassen. „Ich habe beide Relegationsspiele vor dem Fernseher verfolgt, sehr schade, dass es nicht geklappt hat.“
Was Gravesen heutzutage treibt
Gemeinsam mit Stig Töfting war Gravesen am Sonnabendvormittag aus Dänemark angereist. Nach Vejle, wo auch seine Eltern leben, ist er vor vier Jahren zurückgekehrt, nachdem er acht Jahre in Las Vegas verbracht hatte. Um Gravesen ranken sich viele Geschichten, die mit sehr viel Geld zu tun haben. Durch kluge Beteiligungen an Unternehmen soll er 100 Millionen Euro verdient haben.
In den USA wiederum habe er das Glück beim Pokern herausgefordert. Von hohen Gewinne und Verlusten – angeblich in einer Nacht 54 Millionen Dollar – war zu lesen. Bewiesen ist das alles nicht. Selbst darüber geredet hat Gravesen nie. Privatsache eben, was bis heute gilt. Wie seine Zeit in Las Vegas gewesen sei? „Es war dort sehr warm.“ Und nein, „ich habe nicht Poker gezockt, ich war nur da mit ein paar Kumpels und habe eine Frau (Kamila Persse, ein Model, d. Red.) getroffen, das hat acht Jahre gedauert“. Breites Grinsen.
Nach dem Abschied aus der Glitzerwelt lässt es Gravesen heute ruhiger angehen. Ab und tritt er als Fußball-Experte im dänischen Discovery Channel auf. Und wenn er Heimweh nach Hamburg hat, ruft er Bernd Wehmeyer an. Schon häufiger saß er (unbemerkt) auf der Tribüne.
Zidan mit weitester Anreise zum HSV
Wer ihn früher kennenlernte, den verwundert es nicht, dass der einstige „Torwarttorjäger“ Jörg Butt (48, 1997-2001 beim HSV) einen komplett anderen Weg als sein früherer Mitspieler gewählt hat. Nach seinem Karriereende beim FC Bayern 2012 und einer Auszeit stieg Butt 2013 in das in Großenkneten beheimatete Familienunternehmen (Verladesysteme) ein, kümmert sich aus München um die Bereiche Vertrieb und Marketing, spielt nebenbei für die Legendenauswahl der Bayern..
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Ingo Hertzsch (44, 1997-2003 beim HSV) hingegen darf von sich behaupten, ein „Gründungsmitglied“ von RB Leipzig zu sein. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere 2011 bei den Sachsen wechselte der einstige Verteidiger in die Marketingabteilung und ist heute als „Senior Specialist Sustainability“ für das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Wie stark seine Verbindung zu Hamburg („Mein Sohn ist hier geboren und Fan“) und zum HSV ist, beweist die Tatsache, dass er dem Club beim Relegationsrückspiel vor einer Woche live im Stadion die Daumen drückte.
Die weiteste Anreise hatte dagegen Mohamed Zidan (2007-08 beim HSV), der heute in Kairo lebt, dort eine Agentur für Werbung betreibt und im Vorstand des ägyptischen Zweitligaclubs Zed FC (früher FC Masr) sitzt, der eine Kooperation mit Borussia Dortmund unterhält. Nach Europa komme ich häufiger, um „meine beiden Kinder zu besuchen, die in Dänemark leben“, sagte Zidan. „Ich hoffe, dass der HSV wieder in der Ersten Liga spielt, wenn ich wiederkomme.“ Eine Aussage, die am Sonnabend oft zu hören war.
Mitwirkende: Dirk Heyne, Thomas Helmer, Marcell Jansen, Patrick Owomoyela, Patrick Helmes, Manuel Friedrich, Navina Omilade, Conny Pohlers, Miriam Scheib, Jennifer Meier, Ursula Holl; Ingo Hertzsch, Piotr Trochowski, Johannes Bitter, Jörg Butt, Ailton, Christian Rahn, Peter Nogly, Harald Spörl, Bastian Reinhardt, Allan Jepsen, Mohamed Zidan, Kasim Edebali; Ivan Klasnic, Marvin Willoughby, Tim Mälzer, Patrick Esume, Martin Schwalb (als Sportdirektor), Rodolfo Cardoso und Horst Hrubesch (als Trainer), Schauspieler Kostja Ullmann.