Mönchengladbach. Eine Woche vor der Heim-EM enttäuscht die Nationalmannschaft im letzten Test gegen Griechenland in der ersten Hälfte. Groß dreht Spiel.
Julian Nagelsmann hatte einen klaren Plan im Kopf. Genau eine Woche vor dem Beginn der Heim-Europameisterschaft wollte der Bundestrainer am Freitagabend ein Gesetz außer Kraft setzen. Das ungeschriebene Gesetz, dass die Generalprobe missglücken sollte, damit die richtige Show dann gelingt. Nagelsmanns Plan ging auf. Im letzten Vorbereitungsspiel gegen Griechenland gab es für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am Freitagabend einen 2:1 (0:1)-Sieg.
Sieben Tage vor dem EM-Auftakt gegen Schottland in München konnte die Euphorie, die das deutsche Team mit den Siegen im März gegen Frankreich und die Niederlande erzeugt hatte, spät wieder entfacht werden. Nach einer schwachen ersten Halbzeit und einem bösen Patzer von Manuel Neuer gab es in Mönchengladbach schon die ersten Pfiffe. In der zweiten Halbzeit retteten Kai Havertz und Pascal Groß mit ihren Treffern die deutsche EM-Stimmung.
Eine schwere Entscheidung hatte Nagelsmann bereits vor dem Spiel getroffen. Der 36-Jährige bestätigte bei RTL, dass er den vierten Torhüter im Kader, Stuttgarts Alexander Nübel (27), aus dem EM-Aufgebot streichen werde. Ursprünglich hatte Nagelsmann gesagt, dass er gerne mit vier Torhütern durch das Turnier gehen wolle.
Doch insbesondere die Personalie Leroy Sané brachte den Bundestrainer zum Umdenken. Der wankelmütige Unterschiedsspieler des FC Bayern München soll bei der EM auf jeden Fall dabei sein. Seine anhaltenden Schambeinprobleme aber sorgen für Planungsunsicherheit. „Es hat nichts mit der Leistung zu tun“, sagte Nagelsmann über Nübel. „Wir haben noch ein paar Unwägbarkeiten bei Leroy. Wir haben jetzt einen Feldspieler mehr dabei.“
Mit welchen Feldspielern Nagelsmann den EM-Titel holen will, wurde am Freitagabend erneut sichtbar. Der Bundestrainer setzte auf seine voraussichtliche Schottland-Startelf. „Dieser Sommer soll ein schwarz-rot-goldener werden“, rief der Stadionsprecher vor 45.488 Zuschauern ausverkauften Borussia-Park von Mönchengladbach.
Die erste Halbzeit gegen Griechenland ließ allerdings große Zweifel aufkommen, ob die deutsche Mannschaft in dieser Konstellation den Titel holen kann. Trotz der Rückkehr der Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger und Toni Kroos hatte die deutsche Mannschaft große Probleme, das Spiel zu kontrollieren.
Gegen die Griechen hätte es schon nach sieben Minuten 0:1 stehen können. Nach einem Fehlpass von Florian Wirtz ging es schnell. Der Düsseldorfer Zweitligatorschützenkönig Christos Tzolis scheiterte innerhalb einer Aktion gleich zweimal am großartig reagierenden Manuel Neuer.
DFB-Team: Manuel Neuer patzt erneut
In der 34. Minute drehte sich diese Beschreibung dann aber komplett. Tzolis zielte aus 16 Metern auf die lange Ecke. Den harmlosen Schuss ließ Neuer – wie schon im Champions-League-Halbfinale gegen Madrid – nach vorne abprallen. Giorgos Masouras staubte mühelos zum 0:1 ab. Zuvor hatte Jamal Musiala den Ball im Spielaufbau verloren. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand aber Neuer, der in seinem zweiten Länderspiel seit der WM in Katar die Zweifel erneut nicht beseitigen konnte. Im Gegenteil.
Doch es war nicht nur Neuer. Wie schon gegen die Ukraine am Montag lud Deutschland den Gegner mit leichten Fehlern und Fehlpässen zu Kontern ein, die Griechenland wie schon die Ukrainer schlecht ausspielte. Gegen Schottland, das auf einen ähnlichen Matchplan setzen dürfte, wird sich Nagelsmanns Mannschaft solche Fehler nicht erlauben dürfen.
Auch offensiv enttäuscht Deutschland in Halbzeit eins
Aber auch offensiv lief lange Zeit nichts zusammen. Musialas Abschluss nach 22 Minuten war der erste deutsche Torschuss. Die beste Chance der ersten Hälfte vergab Innenverteidiger Jonathan Tah per Kopf (40.). Der Major-Tom-Torsong nach dem Treffer von Kai Havertz drei Minuten später verstummte schnell. Der Stürmer stand nach dem Pass von Musiala knapp im Abseits.
Nagelsmann reagierte und wechselte zur zweiten Halbzeit die gesamte linke Seite. Sané und David Raum kamen für Wirtz und Maximilian Mittelstädt. Wobei Sané auf den rechten Flügel ging und Musiala in den linken Halbraum vor den richtigen Raum.
Warum Nagelsmann auf Sané nicht verzichten will, sah man dann beim Ausgleich zum 1:1. Der Flügelstürmer hat als einer der wenigen DFB-Spieler die Fähigkeit, mit Tempo in die Tiefe zu gehen. Der Münchner legte in den Rückraum zu Havertz, der aus der Drehung noch leicht abgefälscht zum Ausgleich traf (56.). Sein 16. Treffer im 46. Länderspiel.
Und ein wichtiges für ihn persönlich. Denn auch Niclas Füllkrug meldet Ansprüche auf die Startelf an. Der Dortmunder kam für die letzten 20 Minuten. Auffällig wurde zunächst nur noch der eingewechselte Benjamin Henrichs, der die Latte (83.) traf. Kurz vor Schluss machte es der ebenfalls eingewechselte Pascal Groß besser. Sein Traumtor aus 18 Metern bescherte Deutschland den späten Sieg (89.).
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