Winsen. Für das bedeutendste Profi-Golfturnier in Norddeutschland in Winsen (Luhe) geht es an diesem Wochenende auch um die Zukunft.
Wer immer konkret in Petrus´ himmlischer Wetterabteilung für den Großraum Hamburg zuständig ist, kann kein Freund des Golfsports sein. Sonst wären die Aussichten ausgerechnet am Wochenende, wenn die European Open in Winsen (Luhe) ausgetragen werden, nicht so bescheiden.
Bewölkt, 85 Prozent Regenwahrscheinlichkeit, maximal 22 Grad – das braucht man nicht, wenn ab Donnerstag das große Profiturnier der DP World Tour auf dem Nordkurs der Green Eagle Golf Courses ausgetragen wird. Das norddeutsche Motto, dass es kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung gäbe, hilft da wenig und den Spielern schon gar nicht. Immerhin verspricht der Finalsonntag Besserung.
Golf: Porsche in diesem Jahr nicht mehr Hauptsponsor
Für Turnierdirektor und Ausrichter Dirk Glittenberg sind die schlechten Wetteraussichten maximal unglücklich. Schließlich geht es für ihn in diesem Jahr mehr denn je auch darum, eines der beiden wichtigsten deutschen Turniere neben München zukunftssicher zu machen. Nach dem Verlust von Titelsponsor Porsche steht das seit 2017 in Winsen ausgetragene Traditionsturnier sozusagen „nackt“ da – Gegenwart und Zukunft der Veranstaltung bei Hamburg war eine Zeit lang unsicher.
„Man hat immer Zweifel, wenn man den Hauptsponsor verliert. Porsche hat sich leider mit Blick auf den Weltmarkt für ein Turnier in Asien entschieden“, erklärt Glittenberg. Trotzdem hatte er sich entschieden, mit seiner Agentur U.COM den Ausrichtervertrag mit der DP World Tour um drei Jahre bis einschließlich 2026 zu verlängern: „Momentan ist der Plan, dass wir die drei Jahre auch machen“, sagt er.
Veranstalter U.COM besitzt einen Drei-Jahres-Vertrag
U.COM ist selbst mit eingestiegen, um den Etat mit 2,5 Millionen Dollar Preisgeld zu stemmen: „Als Veranstalter hat man eine große finanzielle Verantwortung und ist immer mit im Boot.“ Letztlich soll das auch ein Investment in die Zukunft sein: „Wir haben jetzt unser Drei-Jahres-Fenster eröffnet, haben aber insgesamt einen langfristigen Plan für Hamburg.“
Der reicht bis 2035, wenn der Ryder Cup auf dem Gelände ausgetragen werden soll. Club-Eigner Michael Blesch baut dafür bereits einen neuen Platz, den Westkurs, den interessierte Fans schon in Teilen besichtigen und so einen Blick in die Zukunft werfen können. „Die Vision Ryder Cup 2035 in Green Eagle zu verwirklichen, wäre großartig“, sagt Glittenberg.
Nordkurs in Green Eagle einer der besten Plätze in Deutschland
Deshalb freut er sich auch über den Besuch von Guy Kinnings, dem Finanzchef der DP World Tour, der noch nie in Winsen war. Kinnings ist auch der europäische Ryder-Cup-Direktor. Er ist aber nicht der einzige Spitzenfunktionär, mit dem wichtige Gespräche geführt werden sollen. Die DP World Tour kommt insgesamt mit einer großen Delegation. Außerdem werden die Vertreter von mindestens drei großen Unternehmen erwartet, die vom kommende Jahr an als Titelsponsor antreten könnten.
Für die Perspektive des Turniers ist also gute Eigenwerbung in den kommenden Tagen wichtig. Das heißt gutes Golf, begeisterte Zuschauer und tolle Bilder. Das Wetter hilft da leider nicht, ist für Glittenberg jedoch nicht allein ausschlaggebend: „Entscheidend für den Stellenwert ist auch, dass wir hier einen Top-Golfplatz haben. Er ist absolut sensationell, da gibt es in Deutschland sehr wenig Konkurrenz.“
Große, weltbekannte Topstars sind jedoch nicht am Start. Die spielen auf der amerikanischen PGA-Tour und der von Saudi-Arabien finanzierten LIV-Tour. „Wir können hier viele Stars der Zukunft sehen. US-Topstar Will Zalatoris (27) hat hier 2017 gespielt, als ihn noch niemand kannte“, sagt Glittenberg, „Nicolai Hojgaard (23/Dänemark) zum Beispiel, der zum europäischen Ryder Cup Team gehört, war 2022 hier. Dieses Jahr ist wieder sein Zwillingsbruder Rasmus am Start. Und Titelverteidiger Tom McKibbin (21/Nordirland) wird eine große Zukunft vorausgesagt.“
Bekanntester Name ist der Major-Sieger Danny Willett (37). Der englische Masters-Champion von 2016 wird nach seinem starken Comeback in Augusta erstmals in Hamburg abschlagen. Auch Edoardo Molinari (Italien), Bernd Wiesberger, Matthias Schwab (beide Österreich), Haotong Li (China), Rafa Cabrera Bello und Pablo Larrazàbal (beide Spanien) haben längst ihre Meriten im internationalen Golf gesammelt.
Deutsche Profis Siem und Kieffer von der Stimmung begeistert
Die deutschen Spieler haben auf dem strategisch anspruchsvollen Nordkurs immer gut abgeschnitten. 2023 wurden Marcel Siem (43/Mettmann) und Max Kieffer (33/Bergisch Gladbach) geteilte Zweite. „Die Stimmung im vergangenen Jahr war fantastisch“, erinnert sich Max Kieffer. Marcel Siem, der erst sein zweites Turnier nach langer Verletzungspause spielt, ergänzt: „Ich habe noch nie eine solch überragende Stimmung bei einem deutschen Turnier erlebt – das war von der Atmosphäre das mit Abstand schönste Turnier. Zudem ist es einer der besten Tests des Jahres auf der Tour.“
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Auch Yannik Paul, Freddy Schott, Marcel Schneider, Nick Bachem und Hurly Long haben sich auf der europäischen Profitour etabliert. „Yannik Paul will sicher noch Punkte für eine mögliche Olympianominierung sammeln“, weiß Glittenberg: „Unter den deutschen Jungs herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf derzeit, das kann alles sehr spannend werden.“
Als „Lokalmatadore“ werden Jung-Profi Anton Albers (24) aus Buchholz und mit einer speziellen Einladung auch Amateur Tiger Christensen (20) vom HGC Falkenstein an den Start gehen. „Es ist klasse, wenn ich dort bekannte Gesichter sehe“, sagt Christensen: „Ich hoffe, es kommen ganz viele Leute und schauen sich dieses tolle Event an.“ Damit spricht er Turnierdirektor Glittenberg aus der Seele – wenn auch aus anderen Gründen.