Hamburg. Das Hamburger Frauen-Football-Team spielt am Sonnabend gegen Berlin um die deutsche Meisterschaft – und hofft auf neue Spielerinnen.

Birte Steinhöfel war 19 Jahre alt, als sie in ihrer Heimstadt Lübeck in einer Sportkneipe jobbte. In ihrer Jugend hatte sie Handball gespielt, mit American Football nie wirklich etwas zu tun gehabt. An ihrem Tresen saßen zufälligerweise jedoch nicht nur Menschen, die gern Sport im Fernsehen schauten, sondern auch solche, die ihn selbst trieben. „Zu unseren Stammgästen gehörten die American-Football-Spieler der Lübeck Cougars“, erinnert sich Steinhöfel. „Die haben mich dann irgendwann zu einem Spiel eingeladen.“

Zwölf Jahre später ist Birte Steinhöfel Vorstandsmitglied der Hamburg Pioneers, dem erfolgreichsten Football-Verein der Stadt, wenn man von den Hamburg Sea Devils als Franchise der kommerziell organisierten European League of Football absieht. Die Männer der Pioneers stiegen in diesem Jahr in die GFL 2 auf, die Frauen bestreiten am Sonnabend (15 Uhr) auf ihrem Heimfeld im Stadtpark (Jahnring 26) das Finale um die deutsche Meisterschaft (Ladiesbowl) gegen die Berlin Kobras Ladies.

American Football: Hamburg Pioneers Amazons sind favorisiert

„Ich möchte das eigentlich gar nicht so sagen, aber ich glaube, unsere Chancen sind sehr gut, das Heimfinale zu gewinnen. Trotzdem ist Berlin immer ein schwerer Gegner“, sagt Steinhöfel, die bei den Hamburg Pioneers Amazons, wie sich das Frauenteam der im SV Polizei Hamburg angesiedelten Football-Sparte nennt, selbst als Center und in der Defensive Line aktiv ist.

Beim Gewinn der Meisterschaft in der Bundesliga Nord konnten die Amazons gegen den Rekordmeister aus der Hauptstadt mit 28:0 und 13:12 gewinnen. Noch deutlicher war der Sieg im Play-off-Halbfinale gegen Süd-Zweiten Erlangen Rebels (82:13). „Football erlebt seit mehreren Jahren einen großen Hype. Trotzdem wissen viele noch nicht, dass es auch Frauenteams gibt“, sagt Steinhöfel. „Uns persönlich kommt zugute, dass wir seit Jahren ein stabiles Team in der Ersten Liga sind.“

Spielerinnen reisen extra aus Dänemark an

Rund 35 Spielerinnen umfasst der Kader der Amazons, hinzu kommen sechs Coaches. „In meinem ersten Jahr bei den Amazons konnten wir die Saison nicht beenden, weil wir keine Trainer mehr hatten. Das hat sich stetig verbessert, unser Headcoach Patrick Nause ist schon seit vielen Jahren bei uns“, sagt Steinhöfel.

Mehrere Spielerinnen der Amazons reisen für die Spiele extra aus Dänemark an. Kennengelernt hatten sie die Hamburgerinnen vor ein paar Jahren auf einem internationalen Turnier in Schweden. Weil es in Dänemark kaum Frauen-Football gibt, fahren sie stundenlang zu Heim- und Auswärtsspielen nach Deutschland. Übernachtet wird in der Regel bei ihren Hamburger Mitspielerinnen, um Kosten zu sparen. Nur zu den zwei wöchentlichen Trainingseinheiten müssen die Däninnen nicht kommen.

Die Hamburg Pioneers Amazons (in Rot) spielen am Sonnabend um die deutsche Meisterschaft der Frauen im American Football.
Die Hamburg Pioneers Amazons (in Rot) spielen am Sonnabend um die deutsche Meisterschaft der Frauen im American Football. © Antonio Gliese | Antonio Gliese

Abgesehen von den Amazons gibt es in den Hamburg Blue Devilyns derzeit nur ein weiteres Frauen-Football-Team in Hamburg. Die Blue Devilyns litten zuletzt jedoch unter akutem Personalmangel, waren in der Zweiten Liga abgeschlagenes Schlusslicht der Gruppe Nord. „Viele Frauen trauen sich den Sport nicht zu. Das ist aber Quatsch, weil es im Football für jede eine passende Position gibt. Wir brauchen kleine, schnelle Spielerinnen genauso wie große und kräftige. Ich finde es toll, dass jede Anerkennung und Respekt auf ihrer Position bekommt“, sagt Steinhöfel.

Zweite Liga ist deutlich größer als die Erste Liga

Weil es noch immer zu wenig Spielerinnen gibt, ist die Zweite Liga mit ihren insgesamt 20 Teams deutlich größer als die Erste, in der nur sieben Vereine aktiv sind. Der Grund dafür ist simpel: In der Ersten Liga wird das klassische 11er-Football gespielt, in der unteren Spielklasse stehen nur neun Frauen gleichzeitig auf dem Feld. So können auch Teams mit kleineren Kadern mitspielen. Eine Dritte Liga gibt es nicht.

Die Regeln sind beim Tackle-Football der Frauen genauso wie bei den Männern. Flag Football, eine Spielvariante ohne Körperkontakt, die 2028 in Los Angeles erstmals olympisch sein wird, bieten die Pioneers auch an. „Das war aber für mich persönlich nie etwas. Bei mir darf es auch gerne mal scheppern“, sagt Steinhöfel und lacht.

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Beim Heimfinale, das finanziell von der Active City unterstützt wird, gibt es eine zusätzliche Tribüne, mehrere Essensstände, Live-Auftritte für die Nationalhymne und Halbzeitshow sowie Pyrotechnik beim Einlauf und der Siegerehrung. Der Eintritt kostet zehn Euro (eventbrite.de oder Tageskasse). Kinder unter 14 Jahren zahlen keine Einlassgebühr – damit sie später nicht erst in einer Lübecker Kneipe arbeiten müssen, um sich für American Football zu begeistern.