Hamburg. Vor dem Finale der Feldbundesligen sprechen Hanna Granitzki, Emily Günther, Xaver Hasun und Tim Schwieren über Aussichten ihrer Teams.
Vier Hamburger Mannschaften kämpfen an diesem Wochenende in Mannheim bei den Final-4-Endrunden um die deutsche Feldhockeymeisterschaft der Damen und Herren um den Titel. Den Auftakt machen am Sonnabend (11.45 Uhr) die Damen des Uhlenhorster HC, die auf Gastgeber Mannheimer HC treffen. Das zweite Halbfinale bestreiten um 14 Uhr der Club an der Alster und Rot-Weiß Köln.
Bei den Herren spielt um 16.15 Uhr der Harvestehuder THC gegen Titelverteidiger RW Köln, zum Abschluss um 18.30 Uhr haben es die UHC-Herren mit Gastgeber MHC zu tun. Die Finals sind am Sonntag (11.30 Uhr Damen, 16.15 Uhr Herren) geplant, um 13.45 Uhr spielen bei den Herren die Halbfinalverlierer den dritten Europapokalplatz aus.
Zum Aufwärmen lud das Abendblatt die Kapitäne der vier Teams zum Gespräch. Hanna Granitzki (25/Alster), Emily Günther (23/UHC), Tim Schwieren (24/UHC) und Xaver Hasun (29/HTHC) trafen sich auf neutralem Grund, der Dachterrasse der Abendblatt-Redaktion am Großen Burstah mit Blick über die Stadt, um über ihre Erwartungen und Emotionen zu sprechen. Eins wurde schnell deutlich: Weniger als den Titel akzeptiert keiner von ihnen als Ziel.
Hamburger Abendblatt: Die Herren des Uhlenhorster HC sind das einzige der vier Teams, das noch nie deutscher Feldmeister war. Würden Sie sagen, dass ein Titelgewinn für Sie die größte Bedeutung hätte, Herr Schwieren?
Tim Schwieren: Ich denke ja. Wir waren schon Hallenmeister, haben aber die Finals im Feld leider immer verloren. Deshalb ist dieser Titel durchaus ein großes Thema im Verein. Der Feldtitel ist mehr wert als der in der Halle, es ist der ehrlichere Titel, weil die Feldsaison länger dauert und der gesamte Kader daran mitwirkt. Wir sind aber schon sehr glücklich darüber, nach vier Jahren endlich mal wieder bei der Endrunde dabei zu sein. Das ist ein Erfolg für uns.
Frau Günther, auch Sie waren noch nie deutsche Feldmeisterin, beim bislang letzten der sechs UHC-Titel im Jahr 2017 waren Sie noch nicht im Team. Was würde Ihnen der Titel bedeuten?
Emily Günther: Sehr viel. Man konnte schon im Viertelfinale spüren, wie groß unser Hunger ist. Nur vier oder fünf Spielerinnen aus unserem Team waren bei unserer letzten Endrundenteilnahme 2019 im Team. Auch für mich ist es das erste Final Four. Die Aufregung ist groß!
Frau Granitzki, Sie waren bei den Titelgewinnen der Alster-Damen 2018 und 2019 dabei. Was ist das Besondere an der deutschen Feldmeisterschaft?
Hanna Granitzki: Man bereitet sich viel länger auf die Feldsaison vor als auf die Halle. Wenn man dann ganz oben steht, ist das eine besondere Auszeichnung, für die man sehr hart gearbeitet hat.
Herr Hasun, Sie waren 2014 recht frisch im HTHC-Team, das damals zum vierten Mal Feldmeister wurde. Wie haben Sie diesen Triumph erlebt?
Xaver Hasun: Jeder, der in der Bundesliga spielt, will diesen Titel gewinnen. Für mich ist es der größte Titel, den man als deutscher Club gewinnen kann, weil die Leistung über eine gesamte Saison ausgezeichnet wird. Darum betreiben wir diesen ganzen Aufwand. Natürlich ist der erste deutsche Meistertitel etwas ganz Besonderes. Aber gerade wenn man weiß, wie es sich anfühlt, ihn zu gewinnen, will man das wieder erleben.
Welches Hamburger Team steht aus Ihrer Sicht am überraschendsten im Final 4?
Hasun: Die UHC-Damen! Auch wenn ihre Entwicklung über die vergangenen Wochen deutlich positiv war, hätte ich nicht gedacht, dass sie Titelverteidiger Düsseldorfer HC in zwei Spielen ausschalten würden.
Granitzki: Ich war gar nicht so überrascht davon, denn der Spielstil des UHC liegt Düsseldorf nicht so. Dass sie zweimal im Penaltyschießen gewinnen würden, hätte ich nicht erwartet, denn das hat uns zuletzt gegen den DHC das Weiterkommen gekostet. Wir sind aber froh, mal gegen jemand anderen im Halbfinale zu spielen.
Günther: Wir hatten vorher auch gehofft, dass es kein Penaltyschießen gibt. Dass es dann so gut funktionieren würde, hätten wir nicht gedacht.
Schwieren: Mich hat auch überrascht, dass die HTHC-Herren den Polo Club ausgeschaltet haben, obwohl sie Spiel eins verloren hatten. Aber dann zweimal auf Polos Platz ohne Gegentor zu bleiben, das ist wirklich stark.
Hasun: Das würde ich in jedem Falls unterschreiben. Ich denke auch, dass wir damit viele überrascht haben, uns selbst eingeschlossen. Aber wer bei Polo zweimal zu Null spielt, der hat die Endrunde auch verdient.
Wer zu einer Endrunde fährt, muss den Titel als Ziel haben. Warum ist Ihr Team in dieser Saison reif dafür?
Hasun: Wir haben viele Spieler, die Erfahrung in Entscheidungsspielen haben. Mein Gefühl ist, dass wir mehr Selbstvertrauen haben als im vergangenen Jahr, wo uns die Courage gefehlt hat. Mit Titelverteidiger Köln haben wir natürlich ein echtes Brett vor uns, aber ich denke, dass uns die Siege gegen Polo den Boost geben, damit wir uns nicht in die Hosen machen.
Granitzki: Das Potenzial in unserem Team war auch in den vergangenen Jahren groß. Aber in dieser Saison spüre ich, wie hungrig alle auf diesen Titel sind. Wir verteidigen viel besser und wollen es unbedingt!
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Günther: Bei uns sind es weder Erfahrenheit noch die höchste individuelle Qualität, die uns auszeichnen. Wir kommen über unsere Geschlossenheit, dass jede für die andere bis zum letzten Schritt mitkämpft. Außer Charlotte van Bodegom war noch keine von uns deutsche Feldmeisterin. Das motiviert uns unglaublich.
Schwieren: Reif für den Titel ist man, wenn man ein paarmal nah dran war und es immer verpasst hat. Wir können befreit aufspielen, den Druck haben wir mit dem Viertelfinalsieg gegen Alster hinter uns gelassen. Wir wissen, dass wir jeden schlagen, aber auch gegen jeden verlieren können. Deshalb freuen wir alle uns auf K.-o.-Spiele vor einer großen Kulisse. Wir können nur gewinnen, das ist unser Plus.
Die vier Trainer sind alle unterschiedliche Typen. Beschreiben Sie doch bitte, welchen Anteil sie am Endrundeneinzug haben. Frau Granitzki, wie groß war der Einschnitt nach der 25-jährigen Ära von Jens „Maus“ George, der im vergangenen Sommer von Stan Huijsmans beerbt wurde?
Granitzki: Gar nicht so krass. Bei uns kommt sehr viel aus dem Team heraus, das war schon unter Maus so und hat sich nicht verändert. Stan ist ein etwas sachlicherer, analytischerer Typ als Maus, der sehr emotional war. Wir legen aber etwas mehr Wert auf die Defensive.
Frau Günther, Ihr Coach Jojo Persoon wirkt ebenfalls sehr ruhig, anders als sein Vorgänger Claas Henkel, der sehr emotional war. Was hat sich für Sie geändert?
Günther: Viele in unserem Team sind von unserem aktuellen Trainer Jojo Persoon aufgebaut worden, kennen Claas gar nicht mehr. Jojo und sein Assistent Marcel Thiele sind beide eher zurückhaltende Menschen. Wenn sie laut werden, weißt du, dass du wirklich etwas falsch gemacht hast. Uns tut diese Art als Team sehr gut.
Herr Schwieren, bei Ihnen gibt es im Trainerteam eine klare Aufteilung zwischen Chefcoach Benedikt Schmidt-Busse und seinem Assistenten Jan-Philipp Rabente. Wie sieht die aus?
Schwieren: Bene ist der Analytiker, der das Grundgerüst legt. Rabbi ist mit seiner großen Erfahrung derjenige, der die Emotionen reinbringt und im laufenden Spiel auf Veränderungen reagiert. Beide in Kombination sind für uns ein ganz wichtiger Anker, es ist ein perfekter Mix.
Herr Hasun, es gibt wahrscheinlich keinen besseren Motivator als Ihren Coach Christoph Bechmann. Dennoch fragt man sich manchmal, wie Sie es als Spieler aushalten, von ihm immer wieder bepöbelt zu werden.
Hasun: Bechi kann mit seiner unfassbaren Erfahrung Situationen einfach perfekt einschätzen. Er ist immer ehrlich, sagt uns auch, wenn er das Gefühl hat, dass wir keine Chance auf den Titel haben, und schafft es dadurch, das Optimum aus uns herauszuholen. Natürlich ist nicht jeder Moment mit ihm schön, auch ich habe nach dem ersten Viertelfinale gegen Polo einen Tritt in den Hintern bekommen. Aber wir alle können das Sportliche vom Persönlichen trennen, und der Erfolg gibt ihm immer wieder recht.
Hamburg wird oft als Hockey-Hochburg bezeichnet. Mit vier Teams im Halbfinale ist das in diesem Jahr wieder einmal gerechtfertigt. Was macht die Stärke der Stadt im Hockey aus?
Schwieren: Die Masse an qualitativ guten Spielern und die Rivalität zwischen den Clubs führt dazu, dass das Niveau dauerhaft hoch bleibt. Wenn man in seiner Stadt oder Region der einzige Spitzenclub ist, ist die Gefahr groß, sich darauf auszuruhen. Das passiert in Hamburg nicht.
Günther: Kein Talent aus der Stadt ist gezwungen abzuwandern, um auf höchstem Niveau zu spielen. Diese Konkurrenz pusht schon in der Jugend, und das führt dazu, dass der Wettkampf so intensiv ist, dass davon alle Vereine profitieren.
Granitzki: Man darf auch nicht unterschätzen, wie wertvoll es ist, in der eigenen Stadt auf höchstem Level Trainings- und Testspielgegner zu haben. Man muss nicht gegen Bimmel und Bammel spielen, sondern kann sich immer mit den Besten messen. Die Qualität der Ausbildung ist deshalb in der ganzen Stadt sehr hoch.
Hasun: Als Österreicher bin ich der Einzige, der nicht in Hamburg geboren wurde, und habe deshalb den Blick von außen. Für mich ist Hamburg im Hockey eine ganz besondere Stadt, die von der Dichte an Topclubs nur mit Amsterdam zu vergleichen ist. Ich finde aber, dass der Austausch unter den Clubs manchmal zu intensiv ist, die Informationsflut untereinander zu hoch. Und dafür, dass die Stadt eine solche Macht hat, kommt bei den Endrunden manchmal zu wenig herum.
Schwieren: Das stimmt, das liegt auch daran, dass sich die Clubs die Besten gegenseitig wegnehmen und sich damit selbst im Weg stehen, so dass es keinen klaren Topverein gibt wie in anderen Städten.
Bleibt zum Abschluss die Frage nach der Vorherrschaft in der Stadt. Wünschen Sie sich ein Derby im Finale? Und wenn Sie mit Ihrem Team nicht den Titel holen, wünschen Sie ihn dann dem Hamburger Konkurrenten?
Hasun: Wenn man es gewinnt, wünscht man sich das Hamburger Finale. Wenn wir ausgeschieden sind, ist es mir egal, wer den Titel holt. Wenn ich ihn jemand anderem wünschen würde, müsste ich gar nicht erst antreten.
Schwieren: Ich habe darüber schon mehrfach nachgedacht und bin zu keiner Lösung gekommen. Grundsätzlich gönne ich den Titel einem anderen Team so wenig, dass es egal ist, wer ihn holt, wenn wir es nicht sind. Andererseits finde ich es cool, dass Hamburg so stark vertreten ist. Wenn im anderen Team ein Freund von mir spielt, gönne ich dem den Titel, ärgere mich aber mehr über unser Scheitern.
Günther: Derbys sind viel emotionaler, ich fände es schon am besten, gegen Alster zu spielen. Aber wir schauen nur auf uns und geben Gas, egal gegen wen es geht.
Granitzki: Ich sehe das etwas anders. Im vergangenen Jahr hatten wir unser Halbfinale gegen Düsseldorf nach den HTHC-Damen, die schon ausgeschieden waren. Die haben uns ziemlich lautstark angefeuert, und das fanden wir alle echt cool. Es wäre eine Machtdemonstration für die Hockey-Hochburg Hamburg, wenn alle vier Teams es ins Finale schaffen. Das würde vielleicht auch die Aufmerksamkeit für unseren Sport steigern. Deshalb hoffe ich, dass es so kommt. Aber den Titel wollen wir natürlich für uns.