Hamburg. Hockey-Nationalstürmerin Lena Micheel steht vor erstem Jura-Staatsexamen. Dem Rückrundenstart in der Feldbundesliga fiebert sie dennoch entgegen.
Hockey ist ihre Leidenschaft, seit sie denken kann. In diesen Wochen allerdings ist Lena Micheel noch ein wenig glücklicher als ohnehin schon, dass sie ihren Sport ausüben darf. „Jede Trainingseinheit ist für mich das Highlight des Tages, ich freue mich immer, wenn der Wecker klingelt und mir das Signal gibt, dass ich mich auf den Weg machen muss“, sagt die 24 Jahre alte Nationalstürmerin, die an diesem Sonnabend (12 Uhr, Wesselblek) mit dem Uhlenhorster HC gegen Uhlenhorst Mülheim in die Rückrunde der Feldbundesliga startet.
Dass ihr das Training aktuell so viel bedeutet, liegt darin begründet, dass sich die gebürtige Berlinerin, die 2016 vom TuS Lichterfelde nach Hamburg kam, derzeit auf ihr erstes Jura-Staatsexamen vorbereitet. In der kommenden Woche starten die schriftlichen Prüfungen, und wer um die Lernfülle weiß, mit der sich angehende Rechtswissenschaftlerinnen plagen müssen, der kann verstehen, dass Lena Micheel Hockey als optimalen Gegenpol zur geistigen Beanspruchung und momentan als Oase der Entspannung betrachtet.
Hockey: Micheel ist im UHC Führungsspielerin
Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass sie die anstehenden Aufgaben auf dem Kunstrasen leicht nehmen würde. Das verbietet schon ihr immenser Ehrgeiz, der sie nicht nur im Verein, sondern auch in der Nationalmannschaft zur Führungsspielerin hat werden lassen.
Eine Rolle ist das, die sie gern annimmt, aber unterschiedlich interpretiert. Schließlich ist die deutsche Auswahl eine Ansammlung von Frauen mit ähnlichem Ehrgeiz, während in der Bundesliga auch viele Spielerinnen auflaufen, die gerade dem Jugendbereich entwachsen sind und eine andere Art der Führung benötigen.
Lena Micheel weiß, dass sie mit ihrem Leistungsanspruch bisweilen aneckt. „Perfektionismus kann manchmal über das Ziel hinausschießen. Ich bin auch schon daran gescheitert, dass nicht alle meine Einstellung teilen, deshalb muss ich vorsichtig sein und immer einordnen, was ich wann fordern kann“, sagt sie, „aber ich glaube, dass es auch beim UHC dem Team hilft, wenn da jemand ist, der auch Donnerstagabend um 22.15 Uhr noch jedes Trainingsspiel gewinnen will.“
Lena Micheel war zweimal deutsche Meisterin
Die athletisch und technisch herausragend begabte Angreiferin hatte die erfolgreichen Jahre unter dem mittlerweile als Sportdirektor agierenden Ex-Cheftrainer Claas Henkel, der mit dem UHC zwischen 2013 und 2021 fünf deutsche Meistertitel holte und neunmal in Serie die Final-4-Endrunde im Feld erreichte, mitgeprägt. Für eine wie sie war der Umbruch, den Henkels Nachfolger Jojo Persoon im Sommer 2021 einläuten musste, nicht ganz einfach zu verkraften.
Spätestens seit der Hallensaison, die für den UHC unglücklich im Viertelfinale gegen den späteren Meister Düsseldorfer HC endete, ist sie jedoch überzeugt davon, dass die Mannschaft eine neue Identität gefunden hat. „Wir spielen jetzt miteinander Hockey, die Verantwortung wird auf viele Schultern verteilt. Es macht richtig viel Spaß, ich identifiziere mich sehr mit dem Weg, den wir gehen“, sagt sie.
Teilnahme an der Endrunde ist das Saisonziel
In der laufenden Feldsaison soll dieser Weg mindestens in die Final-4-Endrunde Anfang Juni nach Mannheim führen. Die Viertelfinalqualifikation ist dem UHC, der punktgleich mit dem Zweiten Club an der Alster auf Rang drei der Staffel B liegt, bei 16 Zählern Vorsprung auf den Fünften Mülheim bei noch fünf ausstehenden Hauptrundenspielen nicht zu nehmen.
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„Allerdings hatten wir in der Vorbereitung viele Ausfälle, ich konnte wegen meines Examens kein Testspiel mitmachen. Wir werden die fünf Spiele brauchen, um in die Form zu kommen, die für die K.-o.-Runde nötig ist“, sagt Lena Micheel.
Sie selbst wird nach den schriftlichen Prüfungen für das erste Staatsexamen ihrem Sport Vorrang geben, um sich optimal auf die Heim-EM in Mönchengladbach im August und die Olympischen Spiele 2024 in Paris vorzubereiten. Dann wird aus der Oase der Entspannung wieder der Mittelpunkt ihres Lebens.
Feldbundesliga in Hamburg am Wochenende, Damen: Uhlenhorster HC – Mülheim, Sa., 12 Uhr, Wesselblek; Harvestehuder THC – Bremer HC, Sa., 14 Uhr, Barmbeker Straße. Herren: Club an der Alster – Münchner SC, Sa., 13 Uhr, Pfeilshof; Hamburger Polo Club – Mannheimer HC, Sa., 14 Uhr, Jenischstraße.