Hamburg. Bisher sind rund 120.000 Euro von der Stadt an 15 Vereine ausgezahlt worden. Warum das Verfahren so kompliziert für die Clubs ist.

Es ist die vermutlich größte existenzielle Herausforderung für Hamburgs Sportvereine seit Jahrzehnten – die Energiekrise. Jetzt legte der Hamburger Sportbund (HSB) vor dem Sportausschuss der Bürgerschaft eine erste Zwischenbilanz der angelaufenen Hilfen der Stadt vor.

Die Datenbasis ist allerdings noch gering. 330 der 790 im HSB organisierten Vereine betreiben eigene Sportanlagen, die meisten mehrere. Diese Vereine sind am ehesten von den Energiepreissteigerungen betroffen. 873 ihrer Plätze, Hallen, Gymnastikräume, Umkleidekabinen, Clubheime haben Strom-, 714 Gasbedarf, ermittelte der Sportbund.

330 Hamburger Vereine haben Anspruch auf Soforthilfen der Stadt

Diese 330 Vereine haben bis zum 30. April 2024, dem Auslaufen der nächsten Heizperiode, Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Die Maßnahmen sind Teil des Notfallfonds Energiekrise, mit dem der Senat 125 Millionen Euro zusätzlich zu den Hilfen des Bundes für unterschiedliche Empfänger ausschüttet. Für den Hamburger Sport stehen neun Millionen bereit.

136 Sportvereine haben sich seit dem 6. Dezember 2022 beim HSB für das Verfahren registriert, 87 haben begonnen, die Anträge auszufüllen, 41 sind im Prozess der Antragsbearbeitung, vielfach fehlen aber noch Angaben. Aktuell bewilligte der HSB 15 Clubs Soforthilfen und leitete städtische Gelder in Höhe von knapp über 120.000 Euro an die beantragenden Vereine weiter.

Preissteigerungen bei Gas bis zu 320 Prozent

Die Preissteigerungen bei diesen 15 Vereinen lagen bei Gas im Durchschnitt bei 129,5 Prozent, im Extremfall bei 320,76; beim Strom im Schnitt bei 33,69, der höchste Anstieg betrug 77,49 Prozent. In konkreten Zahlen: Ein Club musste statt rund 24.000 Euro (2021) nun 95.000 Euro mehr für Gas im Jahr ausgeben. Das ist mit moderat erhöhten Mitgliedsbeiträgen nicht aufzufangen. Dennoch hat bisher kein Hamburger Verein ein Insolvenzverfahren angemeldet, auch zeichnet sich das für die nächsten Monate nicht ab.

Als Großkunden zahlten die meisten Vereine in der Vergangenheit beim Gas 2,5 bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde, heute ist es oft das Fünffache. Der Gaspreisdeckel der Bundesregierung setzt aber erst bei zwölf Cent ein; der garantierte Strompreisdeckel wiederum bei 13 Cent netto bei einem Verbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden pro Jahr. Dieser spezielle Tarif gilt auch für viele Vereine.

HSB und Stadt entwickelten umfangreiches Hilfsprogramm

Das Hilfsprogramm, das die Stadt mit dem HSB entwickelte, ist kompliziert. Zahlreiche Parameter wie etwa der Brutto-Arbeitslohn, Netzentgelte, Gas- und Strommengen, Abgaben für erneuerbare Energien und die Mehrwertsteuer fließen in die Bewertung ein, zudem muss jeder Zähler einzeln abgelesen werden. Großvereine mit vielen Anlagen wie der Eimsbütteler TV oder die TSG Bergedorf haben bislang keine Anträge eingereicht.

Als Datum des Referenzpreises wurde der 30. Juni 2021 festgesetzt. Für den Energieverbrauch wurde zunächst 2021 als Bezugsjahr herangezogen, jetzt ist es 2019, vor Corona. Der Grund: Während der Pandemie blieben Sporthallen bis zu neun Monate lang geschlossen. Staatliche Hilfen erhalten jedoch nur jene Vereine, die 20 Prozent Energieeinsparungen ge­genüber 2019 nachweisen können und deren Mehrkosten 25 Prozent höher sind als im Jahr 2021. Diese Mehrkosten werden dann mindestens zur Hälfte erstattet – beginnend mit dem Monat Oktober 2022.

TuS Harburg-Wilhelmsburg steckte in Zahlungs-Schwierigkeiten

Für Vereine, die schon vorher erhebliche Preissteigerungen nach Abschluss neuer Verträge mit den Energieanbietern hinnehmen mussten, könnte der Termin möglicherweise vorgezogen werden. Darüber wird gerade im Sportamt beraten. Konkret trifft diese Problematik bisher nur auf den TuS Harburg-Wilhelmsburg zu, der drohte, seine Rechnungen nicht mehr begleichen zu können. Diese Gefahr scheint vorerst abgewandt. Die Harburger hatten zuletzt zwei Tennisfelder für fünf Jahre an den Basketball-Bundesligaclub Veolia Towers Hamburg vermietet, die dieser zu seiner Trainingshalle umbaute.

„Wir mussten unser IT-Programm wiederholt an die veränderten Grundlagen anpassen“, berichtete der HSB-Vorstandsvorsitzende Daniel Knoblich dem Sportausschuss von den Schwierigkeiten, das Hilfspaket umzusetzen. Und der verantwortliche Referatsleiter Maarten Malczak ergänzte: „Kein Verein hat bisher die Anträge vollkommen korrekt ausgefüllt. Das zeigt, wie schwierig diese Materie ist.“ Im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die zum Teil pauschal mit den Vereinen abrechnen, wird in Hamburg jeder Einzelfall detailliert betrachtet. „Dadurch ist garantiert, dass wir keine Steuergelder verschwenden“, sagte Knoblich.

Nutzung öffentlicher Sportstätten nur in Hamburg weiter kostenlos

Hamburg ist das einzige Bundesland, das flächendeckend für die Nutzung öffentlicher Sportflächen und Turnhallen weiter keinen Cent Gebühren erhebt. Die explodierten Energiekosten werden damit in diesen Einrichtungen komplett von der Stadt übernommen, was einem zweiten Hilfsprogramm entspricht. „Wir haben entschieden, die Vereine auch angesichts der steigenden Energiekosten nicht an den Betriebskosten zu beteiligen. Im Gegenzug gilt der Appell an die sie, sparsam mit allen Energieträgern umzugehen“, sagte Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD) vor dem Sportausschuss. Sein Eindruck: Das geschehe auch, „Sportlerinnen und Sportler, überhaupt die gesamte Bevölkerung ist für diese Thematik sensibilisiert“.

Nach dem Auslaufen der Energiehilfen in einem Jahr steht für viele Vereine die nächste Herausforderung an, die energetische Sanierung ihrer Anlagen. Das könnte in die Milliarden gehen. Der HSB fordert ein neues „Klima-Paket“. Das alte endete vor etwa zwölf Jahren. Der Impuls, einen Teil der Auszahlungen der aktuellen Hilfen für Modernisierungen zurückzuhalten, wurde zuletzt verworfen. „Mit Zuschüssen, die zur energetischen Sanierung eingesetzt werden müssen, können die Clubs ihre Energierechnungen nicht bezahlen. Die Clubs brauchen jetzt die Gelder, um zu überleben“, sagte Holstein.

Energiesparen wird zum Dauerthema für die Hamburger Vereine

Das Thema Energiekosten, ahnt Knoblich, werde in den nächsten Jahren die Gespräche zwischen HSB und der Stadt beherrschen. Der nächste kritische Zeitpunkt komme, wenn 2024 die Energiepreisdeckel des Bundes auslaufen. Dann beginnen auch die Verhandlungen des Sportbundes mit der Stadt über den Sportfördervertrag für die Jahre 2025 bis 2028.