Hamburg. Die 23-Jährige aus Darmstadt muss nur zwei Top-Triathletinnen den Vortritt lassen. Auch die deutschen Männer zeigen sich verbessert.
Da saß sie also in der kleinen Interviewzone, wo nur diejenigen sitzen dürfen, die einen Podiumsplatz erreicht haben, und wusste nicht so recht, was sie erwarten würde. „Ich weiß noch gar nicht, was jetzt passiert, aber es ist cool“, sagte Lisa Tertsch und strahlte mit der Hamburger Sommersonne um die Wette. Der größte Erfolg ihrer Karriere war gerade ein paar Minuten alt, und deshalb war die Freude der 23 Jahre alten Triathletin mehr als verständlich.
Mit einer überragenden Gesamtleistung hatte sie sich beim Weltserien-Sprintrennen in der Hamburger Innenstadt, das die vierte von sieben Stationen der WTS-Serie 2022 bildet, Rang drei gesichert. 58:53 Minuten standen nach 750 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer Laufen für die Darmstädterin auf der Uhr, die damit lediglich den Weltklasseathletinnen Flora Duffy (34/Bermudas/58:37) und Beth Potter (30/Großbritannien/58:43) den Vortritt lassen musste.
Duffy gewann 2021 in Tokio Olympiagold und ist seitdem in ihrer Heimat Volksheldin, der Tag ihres Goldtriumphs wurde zum nationalen Feiertag auf der Karibikinsel erklärt. Mit ihrem Sieg schob sie sich in der Gesamtwertung hinter die Britin Georgia Taylor-Brown (28), die in Hamburg nicht am Start war, auf Rang zwei vor. Die Schottin Potter, 2019 Europameisterin auf der Kurzdistanz und Dritte der Gesamtwertung, gilt als aktuell stärkste Läuferin der Welt.
Triathlon Hamburg: Tertsch genießt Atmosphäre an der Strecke
„Ich kann es noch gar nicht richtig verarbeiten“, sagte Lisa Tertsch, nachdem sie die Siegerehrung hinter sich gebracht hatte. Ihre einzige Erwartung an das Rennen sei gewesen, „dass ich alles gebe und im Ziel total kaputt bin“, sagte sie. Den ersten Teil erledigte sie mit Bravour, am zweiten musste man bei einem Blick in ihr Gesicht zweifeln. „Ich habe mich einfach gut vorbereitet und fühle mich in sehr guter Form“, sagte die Studentin, die von 2017 bis 2019 in Boston studiert und deshalb mit dem Leistungssport pausiert hatte.
Besonders viel Vergnügen bereitete ihr die Atmosphäre an der Strecke und vor allem beim Zieleinlauf auf dem Rathausmarkt. Im Corona-Jahr 2020, als sie mit Platz 16 ihr bis dato bestes Ergebnis auf der WTS-Serie schaffte, hatte das Rennen unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Stadtpark ausgetragen werden müssen. „Jetzt erleben zu können, wie toll die Stimmung während des gesamten Rennens ist, war sehr besonders für mich“, sagte die U-23-Europameisterin von 2019, die sich am Sonnabendnachmittag noch mit einem Eis belohnen wollte, ehe die Vorbereitung für die Mixed-Team-Staffel am Sonntag (15 Uhr) begann.
Titelverteidigerin Lindemann über Rang fünf enttäuscht
Für diese sind die beiden besten deutschen Frauen nominiert, und wie hart der Kampf um die begehrten Plätze war, zeigt ein Blick auf das Endergebnis. Mit Laura Lindemann (26/Potsdam/Fünfte in 59:00), Anabel Knolll (26/Ingolstadt/Sechste in 59:03) und der Itzehoerin Nina Eim (23), die mit der zweitbesten Laufzeit hinter Duffy in 59:09 Minuten noch auf Rang neun stürmte, schafften es vier Deutsche in die Top Ten. „Das ist wirklich ein super Ergebnis für das Team. Wir haben gezeigt, dass wir in die Weltspitze gehören“, sagte Lindemann, als Sechste beste Deutsche im Gesamtranking.
Die Titelverteidigerin, die mit Lisa Tertsch ein Zimmer teilt und dieser als Ratgeberin dient (Tertsch: „Es ist toll, wie sie ihre Erfahrungen mit mir teilt. Sie ist immer für mich da, das weiß ich sehr zu schätzen“), konnte ihre Enttäuschung über die eigene Leistung allerdings nicht ganz verbergen. „Ein fünfter Rang bei einem WTS-Rennen ist normalerweise völlig okay, hier hätte ich aber gern wieder gewonnen“, sagte sie.
Auch die Männer zeigen sich verbessert
Das allerdings kann ja am Sonntag noch klappen, denn auch die deutschen Männer zeigten sich am Sonnabend in Schlagdistanz zur Weltelite. Lasse Lührs (26/Potsdam) sorgte mit Rang zehn in 53:43 Minuten für das beste deutsche Resultat, für Valentin Wernz (27/St. Ingbert/54:05) gab es auf Rang 20 eine weitere Top-20-Platzierung.
„Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung, vor allem, weil ich mich nicht so frisch gefühlt habe. Wir sind vielleicht noch nicht so weit wie unsere Frauen, aber wir sind auf einem guten Weg“, sagte Lührs, der sich in der Gesamtwertung auf Rang elf verbesserte.
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Höher platziert ist nur Lasse Nygaard Priester als Achter. Der Lokalmatador aus Quickborn hatte bei seinem Heimrennen, wo er 2021 bei seinem ersten WTS-Auftritt mit Rang fünf geglänzt hatte, großes Pech, musste nach einem Riss seines Reifens zum Ende der ersten Radrunde aufgeben. „So etwas gibt es immer mal, mir ist es bislang aber noch nie passiert. Dass es ausgerechnet in Hamburg sein muss, ist natürlich besonders bitter“, sagte der 26-Jährige, der hofft, als Trost angesichts seiner starken Gesamtleistung doch für die Staffel nominiert zu werden. „Vielleicht gibt es ja eine Ausnahme, wir werden das intern besprechen“, sagte er.
Nicht zu schlagen war der Neuseeländer Hayden Wilde, der in 53:10 Minuten den Australier Matthew Hauser (24) um drei Sekunden distanzierte und dank des Triumphs die Führung in der Gesamtwertung übernahm. „Für mich geht mit dem Sieg hier ein Traum in Erfüllung“, jubelte der Red-Bull-Athlet, „in Hamburg stehen so viele große Namen in der Siegerliste. Nun dazuzugehören ist sehr besonders für mich.“ Auch der 24-Jährige lobte die „herausragende Atmosphäre, für die Hamburg in der ganzen Triathlon-Welt bekannt ist“.
Am Sonntag wolle er diese in der Staffel noch einmal genießen. „Wenn ich denn nominiert werde“, schickte er mit einem Grinsen hinterher. Alles andere wäre angesichts der Resultate seiner Teamkollegen Dylan McCullough (Rang 32) und Morgan Saxon (Platz 42) nur schwer verständlich.