Waldenau. Janne Friederike Meyer-Zimmermann brachte am 31. Januar ihren Sohn zur Welt. Zwei Monate später war sie zurück. Über ihre Pläne.
Der Mittelpunkt ihres neuen Lebens liegt friedlich im Arm seines Vaters Christoph Zimmermann und verzückt mit seinem zahnlosen Lächeln. Seit Janne Friederike Meyer-Zimmermann am 31. Januar ihren Sohn Friedrich zur Welt brachte, setzt Hamburgs beste Springreiterin ihre Prioritäten anders.
„Friedrich ist ganz klar meine Nummer eins“, sagt die 41-Jährige, und wer mit Menschen spricht, die ihr besonders nahestehen, der bekommt zu hören, dass die Mutterrolle die umtriebige Unternehmerin gelassener und zufriedener gemacht habe. Sie ruhe mehr in sich und nehme die Mühen des Alltags entspannter auf sich.
Deutsches Spring-Derby: Janne Meyer-Zimmermann erhielt nationales Freiticket
An einem dieser schwülwarmen Mainachmittage sitzt Janne Friederike Meyer-Zimmermann im Pavillon auf dem Springplatz ihres Hofs Waterkant im Pinneberger Ortsteil Waldenau und spricht über die Mühen ihres Alltags. Das Deutsche Spring- und Dressurderby, das am Mittwoch in Klein Flottbek beginnt, steht vor der Tür, und die langjährige A-Kader-Reiterin wundert sich selbst noch ein wenig darüber, dass sie bei ihrem Heimturnier eine wichtige Rolle spielen darf. Für einen Derbystart hat sie zwar nicht das passende Pferd, aber für die Springen der Global Champions Tour, der hochwertigsten Serie der Derbywoche, hat sie von Bundestrainer Otto Becker eins der nationalen Freitickets erhalten.
Grund dafür war ihr überraschender Sieg beim Start der nationalen Springserie Riders Tour Ende April in Hagen am Teutoburger Wald. „Für mich war dieser Erfolg wirklich wie eine Initialzündung. Seitdem sind alle Zweifel, die ich mit meinem Wiedereinstieg verbunden habe, weggewischt“, sagt sie.
Deutsches Spring-Derby: Meyer-Zimmermann stieg schnell wieder aufs Pferd
Und diese Zweifel hatten sie zwei Wochen nach der Geburt immerhin so arg gepeinigt, dass sie sogar ein Karriereende nicht ausschließen konnte. „Mein Plan war immer gewesen, dass ich zurückkomme. Aber in den Tagen nach der Geburt, die zum Glück nur sechs Stunden dauerte und auf natürlichem Weg gelang, konnte ich mir nur schwer vorstellen, wieder Leistungssport zu betreiben“, sagt sie.
Der Ehrgeiz jedoch, es noch einmal zu einem internationalen Topevent wie WM oder Olympische Spiele zu schaffen, war so bohrend, wie man es von Janne Friederike Meyer-Zimmermann gewohnt ist. Mithilfe einer Personaltrainerin brachte sie sich innerhalb weniger Wochen körperlich so akribisch in Form, dass sie Mitte März in Oliva (Spanien) bereits wieder kleine Turniere reiten konnte. „Vom Kopf her fühlte ich mich die ganze Zeit sicher, aber physisch fehlte die Stabilität. Auch jetzt bin ich noch nicht bei 100 Prozent und brauche insbesondere herausfordernde Fünfsterne-Parcours wie in Hamburg, aber ich entwickle mich Schritt für Schritt“, sagt sie.
Ausbildung des Nachwuchses im Mittelpunkt
Trotz ihrer Absicht, in den kommenden Jahren „noch einmal das Maximum aus mir herauszuholen“, hat sich die Olympiateilnehmerin von London 2012 längst damit abgefunden, „dass Sport mein liebstes Hobby bleibt, von den Preisgeldern allein kann ich nicht leben.“ Deshalb engagiert sie sich auf ihrem rund 4,5 Hektar großen Grundstück in der Zucht, sie trainiert aktuell rund 40 Pferde aus eigenem und dem Bestand von Geschäftspartnern. Im vergangenen Jahr richteten ihr Ehemann, der als Pferdekaufmann die wirtschaftliche Seite des Unternehmens beackert, und sie erstmals ein eigenes Turnier aus. In diesem Jahr ist die Zweitauflage vom 3. bis 7. August geplant.
Ganz besonders wichtig ist ihr mittlerweile aber die Ausbildung des Nachwuchses, die sie sich mit ihrem Mann teilt. Mit Henrike Ostermann, die den Beruf der Bereiterin erlernt, und Beeke Vogeler, die ihren Schwerpunkt auf Haltung und Service legt, gibt es zwei Auszubildende auf dem Hof Waterkant, dazu kommen Reitschülerinnen wie Paula Poletto, Tochter von Kochunternehmerin Cornelia Poletto, die mit den Meyer-Zimmermanns gut befreundet ist.
„Für eine größere Gruppe fehlt mir schlicht die Zeit“
„Mir liegt die Arbeit mit jungen Menschen besonders am Herzen, aber sie müssen Talent und Ehrgeiz mitbringen“, sagt sie. Um eine umfassende Betreuung gewährleisten zu können, soll die Zahl der Auszubildenden klein gehalten werden. „Für eine größere Gruppe fehlt mir schlicht die Zeit“, sagt sie.
Ostermann, die aus Cloppenburg stammt und auf dem Hof ein Zimmer bewohnt, kann ihr Glück manchmal kaum fassen. „Janne war immer mein Vorbild, das ist der Grund, warum ich hier bin. Wenn sie mir beim Training zuschaut, strenge ich mich immer noch ein bisschen mehr an. Für mich ist sie ein riesiger Ansporn“, sagt die 20-Jährige, die noch nicht genau weiß, ob sie während der Derbywoche in Hamburg, wo sie im vergangenen Jahr ihr Debüt bei einem Einsternespringen gab, zum Einsatz kommt. „In der Woche nach Hamburg ist ein Nationenpreis für junge Reiter, für den ich nominiert bin“, sagt sie.
Janne Meyer-Zimmermann will zur WM in Herning
Prioritäten setzen, das ist genau das, was ihre Chefin ihr vorlebt. In Hamburg, wo Janne Friederike Meyer-Zimmermann ihre aktuellen Spitzenpferde Messi und Chesmu sattelt, will sie versuchen, sich für die WM in Herning (Dänemark/6. bis 14. August) ins Blickfeld des Bundestrainers zu reiten.
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Das Jetzt-erst-recht-Gefühl, das sie seit dem Sieg in Hagen antreibt, sorgt in Verbindung mit dem Wissen, sich mit dem Hof eine feste Basis geschaffen zu haben, für eine neue Klarheit. Sie muss nichts mehr beweisen. Sie will es. Und wenn es nicht gelingt, dann ist da dieses (noch) zahnlose Lächeln, das ein sportliches Scheitern erträglicher macht.