Hamburg. Geschäftsführer Sven Gösch arbeitet die Saison des Eishockey-Oberligisten auf. So geht es weiter mit Trainer, Kader und den Finanzen.
Sven Gösch (49) wirkte ausgelaugt, als ihn das Abendblatt am Mittwochmittag erreichte. Der Geschäftsführer und sportliche Leiter der Crocodiles Hamburg macht kein Geheimnis daraus, dass die Oberliga-Saison, die am Dienstagabend nach der 1:8-Niederlage im dritten Play-off-Spiel der Best-of-5-Serie (Endstand 0:3) gegen die Starbulls Rosenheim ein schmerzhaftes Ende fand, Kraft gekostet hat."Ich muss die Saison erst einmal ein, zwei Tage sacken lassen, aber dann liegt verdammt viel Arbeit vor uns allen", erklärte Gösch.
Es war eine Saison voller Widrigkeiten. Corona-Ausbruch, unzählige Spielabsagen, Geisterspiele, fast monatlich veränderte Corona-Auflagen, dazu die immer präsente Sorge um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. "Unter all den Bedingungen haben wir mit Platz sechs in der Hauptrunde unser Saisonziel erreicht. In den Play-offs haben wir uns aber mehr erhofft. Wir hatten gehofft, zumindest noch ein zweites Heimspiel zu haben, welches wir aus finanzieller Sicht gut gebraucht hätten", sagte Gösch.
Der zuletzt ausgebliebene Zuschauer-Zuspruch bereitet Gösch Sorgen. Auch als die Corona-Einschränkungen gelockert wurden, war das Eisland selten voll. Selbst zum ersten Play-off-Heimspiel gegen Rosenheim kamen lediglich 922 Fans. "Die Corona-Zahlen steigen wieder, dazu ist für viele Fans die FFP2-Maske ein Problem. Das schreckt ab. Aber es stimmt. Wir müssen um jeden Fan kämpfen", erklärte Gösch.
Eishockey: Crocodiles klagen über Perspektivlosigkeit
Ohnehin ist die wirtschaftliche Situation das Thema, welches den Crocodiles-Chef in den kommenden Wochen und Monaten täglich begleiten wird. Der Eishockeyclub wird die Spielzeit mit einem Minus in fünfstelliger Höhe abschließen. Wie hoch es genau sein wird, ist noch unklar. "Das wissen wir wohl erst Ende April. Wir beantragen gerade das Zuschauer-Ausfallgeld. Dann muss man mal schauen, ob von der Stadt noch etwas zusätzlich kommt", sagt Gösch.
Die Perspektive des Farmsener Eishockeyclubs ist weiterhin alles andere als rosig. Das Hamburger Logistikunternehmen Hapag Lloyd steigt als Hauptsponsor aus, bleibt aber zumindest als Partner mit reduzierten Bezügen erhalten. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. "Es ist schwer. Wir haben immer noch Corona, dazu den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Klar ist, dass wir Gas geben müssen in Sachen Sponsoren, um sportlich konkurrenzfähig zu bleiben. Unternehmen wollen natürlich eine Perspektive bei uns sehen. Das ist aber schwierig", gesteht Gösch offen ein. Bis Mitte Mai müssen die Crocodiles die Lizenzunterlagen beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) abgeben.
Crocodiles: Neue Eis-Arena weiterhin nicht in Sicht
Das leidige Thema ist und bleibt der Arena-Neubau. Ohne neue Spielstätte wird man auf Dauer nicht in der Lage sein, einen Etat in sechsstelliger Höhe zu stemmen. Das Eisland Farmsen ist alt, marode, bietet keinerlei Komfort für Fans und Sponsoren. Ein massives Problem für die Crocodiles. "Es gibt aber bezüglich der Arena nichts Neues. Es ist keine Bewegung in dem Thema", erklärte Gösch.
Da drängt sich die Frage auf: Stehen die Crocodiles also vor dem Aus. "Nein, aktuell nicht", sagte Gösch, fügte aber an: "Uns fehlt die Perspektive. Wenn sich das nicht ändert, muss man sich daher leider mit dem Thema auseinandersetzen, dass auch die Lichter hier irgendwann ausgehen können."
Crocodiles kämpfen Jahr für Jahr um schlagkräftige Mannschaft
Und genau das führt dazu, dass es von Jahr zu Jahr schwerer wird, eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Leistungsträger wie Torhüter Kai Kristian (31), sind längst in den Fokus von zahlungskräftigeren Oberligaclubs oder DEL2-Clubs geraten. Trotz Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine steigen die Gehälter der Spieler in der Oberliga massiv an. "Ein Spieler wird uns in Richtung DEL2 verlassen. Und ich kann es verstehen, wenn unsere Spieler sich mit anderen Optionen beschäftigen, oder sich Profis, die wir gerne holen würden, anders entscheiden", so der Crocodiles-Chef.
Eine Entscheidung über den Verbleib von Trainer Henry Thom (51) ist derweil bereits gefallen. Verraten will sie Gösch aber noch nicht. "Wir werden in der kommenden Woche die Antwort auf die Trainerfrage kommunizieren", kündigte Gösch an. Der Vertrag des ehemaligen Co-Trainers der Hamburg Freezers läuft nach dieser Saison aus.
Trotz Corona: Gehälter steigen in der Eishockey-Oberliga
Drei Neuzugänge für die kommende Saison haben die Hamburger laut Gösch schon sicher. Da diese aber noch in den Play-offs spielen, wird sich die offizielle Verkündung noch etwas hinziehen. Wie groß der Kaderumbruch wird, ist noch nicht abzusehen. "Wir haben auch schon Spielern aus unserem Kader Angebote gemacht. Ob sie die annehmen werden, kann ich aber nicht voraussagen", sagte Gösch.
Das Problem: Um weiterhin Zuschauer sowie Sponsoren anzulocken, und darüber hinaus noch Argumente für die Notwendigkeit einer neuen Halle zu liefern, muss man in die Mannschaft investieren, damit man gute sportliche Leistungen abrufen kann. "Aber dafür braucht man das nötige Kleingeld. Das ist wie ein Teufelskreis. Ein gewisses Risiko kann man eingehen, aber wenn man das nicht kann oder will, muss man vielleicht einen Schritt zurück machen", sagte Gösch.
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Einen Schritt auf die Fans gehen die Crocodiles am Sonnabend zu. Im Strandbad Farmsen lädt der Oberligaclub ab 18 Uhr zur Saisonabschlussfeier ein. Für Sven Gösch ist es die Gelegenheit, um sich bei den Anhängern zu bedanken, das eine oder andere Kaltgetränk zu sich zu nehmen und sich dann voll und ganz den Planungen für die Zukunft zu widmen.