Hamburg. Nach seinem Sensationssieg im September will Tobias Lautwein am Sonnabend in den Messehallen seine Bestzeit angreifen.
Wie ein kleines Kind auf Weihnachten, so sehr freue er sich darauf, endlich dort einen Wettkampf zu bestreiten, wo alles begann mit seiner Sportart. In den Hamburger Messehallen, wo im Herbst 2017 die Weltpremiere des Fitnesswettkampfs Hyrox stattfand, wird Tobias Lautwein an diesem Sonnabend (18.50 Uhr) zum ersten Mal in seiner Karriere an den Start gehen.
Aber der 35-Jährige ist nicht einfach einer von rund 1800 erwarteten Aktiven, die den Parcours aus acht verschiedenen Kraftausdauer- und Schnellkraftprüfungen, unterbrochen jeweils von Ein-Kilometer-Läufen, absolvieren. Seit dem größten Triumph seiner sportlichen Karriere Mitte September in Leipzig darf er sich „Fitness-Weltmeister“ nennen.
Hyrox: Sieg von Lautwein war eine Sensation
„Ein bisschen surreal ist das immer noch“, sagt der in Herkersdorf (Rheinland-Pfalz) aufgewachsene und mittlerweile in Wenden im Sauerland lebende Topathlet, „der WM-Titel war wirklich eine große Überraschung.“ Zwar kommt es in einer so jungen Sportart wie Hyrox, die der zweimalige Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste und sein Geschäftspartner Christian Toetzke mit ihrer Hamburger Agentur Upsolut Sports erfunden haben, immer mal wieder vor, dass Newcomer aus dem Nichts durchstarten.
Aber dass ein 35-Jähriger, der erst vor zwei Jahren seinen ersten Hyrox-Wettkampf absolvierte, Vater zweier Kinder (2 und 4) ist und in Vollzeit als Sonderpädagoge in zwei Grundschulen arbeitet, sogar einen etablierten Profi wie den US-amerikanischen Weltrekordhalter Hunter McIntyre (32) hinter sich lassen würde, war doch eine Sensation.
Lautwein fuhr beim RSC Betzdorf Radrennen
Die Begleiterscheinungen dieses Triumphs verwundern Tobias Lautwein noch immer. „Mein Bekanntheitsgrad ist schlagartig gestiegen, innerhalb weniger Tage hatte sich die Zahl meiner Follower in den sozialen Netzwerken verdoppelt“, sagt er. Verändert habe sich sein Leben dennoch nicht. „Ich genieße zwar den Ruhm und versuche, zu allen nett und freundlich zu sein. Aber meine Einstellung zum Sport ist gleich geblieben, ich will es auch nicht anders“, sagt er.
15 Jahre lang hat Tobias Lautwein sein Leben vorrangig auf den Sport ausgerichtet. Beim RSC Betzdorf fuhr er semiprofessionell Radrennen, mindestens 25 Wochenstunden Training riss er ab, dazu kamen die Wettkämpfe. Erst nach der Geburt des ersten Kindes schaltete er mehrere Gänge zurück. „Ich wollte unbedingt mehr Zeit für die Familie haben“, sagt er. Den Bewegungsdrang lebte er fortan als Duathlet (Laufen und Radfahren) und im extremen Hindernislauf OCR (Obstacle Course Racing) aus. Bis er dank einer Bekannten im November 2018 mit Hyrox in Kontakt kam.
Tobias Lautwein: „Hyrox ist wie gemacht für mich“
„Auf einen solchen Sport hatte ich gewartet. Hyrox ist wie gemacht für mich“, sagt er. Seine Grundlagenausdauer, die Hunter McIntyre nach dem Event in Leipzig in Anspielung auf Lautweins Pferdelunge würdigte, indem er ihm ein Spielzeugpferd überreichte, hält er für seine größte Stärke. Dazu komme einerseits, dass er trotz seiner Muskelmasse ein guter Läufer ist und die für Hyrox wichtige Beinkraft auf mehr als 260.000 Radkilometern gestählt hat. Andererseits sei sein Vorteil, dass er den Wechsel zwischen Laufen und einem Parcours als Duathlet zigfach trainiert habe. „Die Summe all dieser Dinge macht mich erfolgreich“, sagt er.
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Wohin ihn das noch führen kann, will Tobias Lautwein, der an sechs Tagen pro Woche insgesamt zehn bis zwölf Stunden trainiert, auf sich zukommen lassen. Klar ist, dass er im Mai 2022 in Las Vegas seinen WM-Titel verteidigen möchte. Außerdem glaubt er, innerhalb der nächsten fünf Jahre McIntyres Weltrekordzeit von 57:34 Minuten attackieren zu können. Seine persönliche Bestmarke liegt aktuell bei 59:12, in Hamburg peilt er eine Zeit unter 59 Minuten an. Die wäre nicht nur deshalb besonders, weil sie ihm in der Wiege seines Sports gelänge. Sondern auch, weil seine Frau ihn erstmals zu einem Wettkampf begleitet. „Da muss ich natürlich abliefern“, sagt er.