Hamburg. HSB sucht die Nachfolge von Präsident Jürgen Mantell. Dabei könnte es zu einem historischen Ergebnis kommen. “Flieht“ Okun zum HFV?
Der 13. November dieses Jahres könnte ein historischer für den 1948 gegründeten Hamburger Sportbund (HSB) werden. Erstmals in der Geschichte werden sich eine oder mehrere Frauen bei der Mitgliederversammlung im Haus des Sports am Schlump zur Wahl für das Ehrenamt des Verbandspräsidenten stellen – die dann eine Verbandspräsidentin würde. Drei Kandidatinnen hat die zwölfköpfige HSB-Findungskommission nach einem längeren Auswahlprozess, der im Oktober 2020 startete, in der vergangenen Woche für würdig erkoren – und einen Mann.
Die Auserwählten, das ist der nächste Schritt des Prozederes, müssen sich und ihr Konzept am 21. September dem HSB-Hauptausschuss vorstellen. Das Gremium ist mit 42 Frauen und Männern aus allen Aufgabenbereichen des HSB besetzt, das wichtigste zwischen den jährlichen Mitgliederversammlungen. Der Hauptausschuss darf nach der Sitzung eine Empfehlung aussprechen, muss es aber nicht. Am 13. November werden zudem alle sieben Vizepräsidenten/-präsidentinnen neu gewählt.
Es geht um die Nachfolge von Präsident Dr. Jürgen Mantell (77), der nach sieben Jahren Amtszeit abtritt. Die drei Kandidatinnen, alles Ruderinnen, sind:
- Angela Braasch-Eggert (72), Ehrenvorsitzende des Hamburger Ruderinnen-Clubs, HSB-Vizepräsidentin von 2014 bis 2017. 2016 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihr umfangreiches ehrenamtliches Engagement.
- Katharina von Kodolitsch (50), seit 2015 Vorsitzende der Ruder-Gesellschaft Hansa, Präsidiumsmitglied Vereinsentwicklung des Deutschen Ruder-Verbandes (seit 2016), Sprecherin der olympischen Spitzenverbände in der Sprecherinnengruppe des Deutschen Olympischen Sportbundes (seit 2019), Mitglied der Rowing for All Commission des Weltruder-Verbandes Fisa (seit 2020).
- Sylvia Pille-Steppat (53) vom Wilhelmburger Ruder-Club, Leistungssportlerin im Marathon (Hamburger Meisterin) und Para-Rudern, Dritte der Pararuder-Europameisterschaft 2020 und Teilnehmerin der Paralympics in Tokio, die am 24. August beginnen.
- Christian Okun (42) ist der männliche Amtsanwärter. Er hat seine fachliche Kompetenz seit 2017 als Schatzmeister des Hamburger Fußballverbandes und als HSB-Vizepräsident bewiesen.
Mantell ging mit KandidatInnen spazieren
Mantell hatte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seines Nachfolgers früh zur Chefsache gemacht, aber auch immer wieder Rücksprache mit der Findungskommission gehalten. Von den einst 18 potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten kamen nach einem ersten Auswahlverfahren neun in die engere Wahl.
Mantell führte mit ihnen in den vergangenen Wochen ausführliche Gespräche, ging mit ihnen spazieren, bildete sich dabei seine Meinung. Übrig blieb das genannte Quartett. Alle vier erklärten ihre Bereitschaft zur Kandidatur.
HSB-Führung: Männer folgen auf Männer
Mehr Frauen in Führungspositionen bei Sportvereinen und -verbänden, das war ein Petitum im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen nach der Bürgerschaftswahl 2020. Die Zukunftskommission Sport, strategischer Vor- und Mitdenker des Hamburgs Sports, bekräftigte unter Vorsitz des ehemaligen Segel-Weltmeisters Michael Beckereit diese Forderung später, der HSB nahm sie nun auf. Mit noch rund 500.000 Mitgliedschaften in 820 Vereinen, 36 Prozent davon sind Mädchen und Frauen, ist der Hamburger Sportbund die größte Personenorganisation der Stadt.
In diesem Jahr waren beim HSB bereits drei Führungspositionen neu zu besetzten, drei Männer folgten dabei auf drei Männer: Daniel Knoblich (41) beerbt zum 1. Januar 2022 Ralph Lehnert als hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden, Christian Poon (46) wird anstellte Bernard Kösslers (58) dessen Stellvertreter. Julian Kulawik (34) wurde im Juni als Vorsitzender der Hamburger Sportjugend (HSJ) bestätigt.
Lehnert: "Es sollte nicht um Mann oder Frau gehen"
Damit blieb nur noch die prestigeträchtige Aufstellung an der Spitze des HSB offen, um den Wünschen von Politik und Zukunftskommission nachzukommen. Lehnert, der scheidende Vorstandsvorsitzende, hat dafür Sympathien, er sagt aber auch: „Es sollte bei der Wahl nicht in erster Linie um Frau oder Mann gehen, sondern darum, wer die, oder wer der Beste für den HSB ist. Gerade um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen, braucht es jetzt an der Spitze des HSB Persönlichkeiten mit entsprechenden Netzwerken.“
Okun auch als HFV-Präsident im Gespräch
Diese Voraussetzung erfüllen alle drei Kandidatinnen und der Kandidat. Der wiederum ist auch als Nachfolger Dirk Fischers (77) als Präsident des Hamburger Fußballverbandes (HFV) im Gespräch. Die Wachablösung soll bereits beschlossen sein. Spätestens im nächsten Jahr würde Fischer zurücktreten und den Weg für Okun freimachen, heißt es.
In Doppelfunktion Präsident des HSB (1981-1996) und des HFV (1991-2007) fungierte bisher nur der 2020 verstorbene Dr. Friedel Gütt. Diese Machtfülle sollte es danach nicht wieder geben. „Ich freue mich erst mal darüber, dass die Findungskommission meine bisherigen Verbandsarbeit gewürdigt hat und mich als einen geeigneten Kandidaten ansieht“, sagte Okun dem Abendblatt.