Hamburg. Profis oder nicht? Beim ETV haben alle Jobs oder studieren. Stadt und Liga entscheiden über Fortsetzung des Spielbetriebs.
Der Termin, der an diesem Mittwochabend in seinem Kalender steht, könnte der wichtigste der gesamten Woche werden für Ulrich Kahl. Schließlich weiß der Cheftrainer der Frauen des Eimsbütteler TV nach der virtuellen Sitzung aller Zweitligavereine mit der Volleyball-Bundesliga (VBL), die für 18 Uhr anberaumt ist, ob es in diesem Monat noch Spiele geben wird und wie er in den kommenden Wochen den Trainingsbetrieb gestalten muss. Auf der Tagesordnung steht ein Antrag der Stralsunder Wildcats auf Unterbrechung des Spielbetriebs für den Zeitraum des Lockdowns. Und nicht nur im Team des Aufsteigers aus Hamburg gibt es durchaus Sympathien für dieses Ansinnen.
„Wenn ich in meiner Mannschaft fragen würde, ob es ohne Zweifel richtig ist, dass wir in dieser Phase weiterspielen, würde sich keine Spielerin melden“, sagt Kahl (57), und ETV-Spielführerin Juliane Namneck bestätigt das. „Zweifel sind bei allen da. Allerdings gibt es in unserem Team durchaus verschiedene Ansichten. Deshalb haben wir keine einheitliche Meinung dazu, ob wir für oder gegen die Fortführung des Spielbetriebs stimmen würden. Wir nehmen jede Entscheidung hin, die die Vereine gemeinsam mit der Ligaleitung fällen“, sagt sie.
Grundsätzliches Problem
Die 22 Jahre alte Außenangreiferin, die vor vier Jahren aus Hannover zum ETV gewechselt war, ist eine derjenigen, die relativ unbeschwert mit der aktuellen Lage umgehen und spielen wollen. Gleichwohl hat sie vollstes Verständnis für die Kolleginnen, die das nicht können. „Manche sind aus familiären Gründen sehr vorsichtig, weil sie viel Umgang mit Risikopatienten haben. Andere würden mit ihren Arbeitgebern Probleme bekommen, wenn sie wegen des Sports in Quarantäne müssten. Deshalb nehmen wir jede Sorge sehr ernst und haben einen sehr offenen und konstruktiven Umgang mit der Thematik“, sagt sie.
Das grundsätzliche Problem ist, dass die VBL die ersten beiden Spielklassen der Männer und Frauen als Profiligen betrachtet und deshalb den Betrieb auch nicht einstellen möchte. Allerdings gibt es in der zweigleisigen Zweiten Liga der Frauen in keinem der 14 Nordvereine überwiegend Spielerinnen, die ihren Lebensunterhalt mit Volleyballspielen bestreiten. Beim ETV haben alle Jobs oder studieren, Juliane Namneck zum Beispiel arbeitet als Kauffrau für Büromanagement und studiert Sozialökonomie. „Wir sind alle keine Profis. Wir lieben unseren Sport und würden natürlich am liebsten weiterspielen, denn für uns als Aufsteiger ist jedes Spiel eine Belohnung. Aber wir sehen auch die Probleme, deshalb sind wir sehr vorsichtig“, sagt sie.
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Fraglich bleibt überdies, wie sich die Stadt Hamburg in puncto Spielerlaubnis positioniert. Selbst wenn die VBL beschließen würde, den Spielbetrieb fortzuführen, könnte es durchaus passieren, dass von städtischer Seite ein Riegel vorgeschoben wird. „Wir sind in dieser Thematik noch in der Abstimmung. Aber unserer Definition nach zählen nur die Fußballer von HSV und St. Pauli, die Erstligabasketballer der Towers, die Zweitligahandballer des HSV Hamburg und die Oberligamänner der Eishockey-Crocodiles als Profisportler“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein.
Denkbar also, dass das für diesen Sonnabend (19.30 Uhr, Sporthalle Hoheluft) geplante Heimspiel gegen den VfL Oythe ausfallen muss und der ETV bis zum Ende der Beschränkungen nur auswärts antreten kann. Sieht ganz so aus, als müsste Ulrich Kahl seine Terminplanung flexibel halten in diesen Tagen.