Hamburg. Regionalligisten Teutonia, Altona 93 und andere zieht es für Testspiele ins Nachbarland. Hamburger Pokal bleibt heikles Thema.
Am vergangenen Sonnabend um 12.04 Uhr erzielte Sinisa Veselinovic einen historischen Treffer. 132 Tage nach dem zuvor letzten Fußballspiel eines Hamburger Amateurclubs vor Ausbruch der Corona-Pandemie schoss der 29 Jahre alte Angreifer des Hamburger Regionalligisten FC Teutonia 05 nach vier Spielminuten den Ball ins Netz. Wo? Im Freundschaftsspiel im niedersächsischen Seevetal beim dort ansässigen Bezirksligisten TV Meckelfeld!
Als erster Hamburger Club nutzten die Teutonen die Montag vergangener Woche erfolgten Lockerungen der niedersächsischen Landesregierung. Vollkontaktsport bis zu 30 Personen ist in Niedersachsen wieder erlaubt, sogar bis zu 500 Zuschauer (mindestens 450 auf Sitzplätzen) dürfen sich ein Spiel ansehen.
„Meine Jungs sollten miteinander das Gefühl bekommen, wie es ist, wieder Fußball zu spielen“, sagte Teutonias neuer Trainer Achim Hollerieth nach dem 2:0-Erfolg. Verständlich, denn Vollkontaktsport ist in Hamburg bis zum 31. August nur mit maximal zehn Personen zulässig. Sollte sich daran nichts ändern, war Teutonias Auftritt nur der Auftakt eines umfassenden Testspieltourismus. Ein Blick auf die nächsten Freundschaftsspiele genügt.
Drei Hamburger Teams reisen nach Niedersachsen
Mit Regionalligist Altona 93 (beim SV Scharnebeck), Landesligist SV Altengamme (bei Eintracht Elbmarsch) und Bezirksligist Rot-Weiß Wilhelmsburg (bei der TSV Eintracht Immenbeck) reisen am kommenden Sonntag drei Hamburger Teams nach Niedersachsen. „Wir wollen keinen Wettbewerbsnachteil haben, und dafür brauchen wir Testspiele“, sagt Oliver Schubert vom Oberligisten SV Curslack-Neuengamme. Seine Curslacker treten am 1. August beim VfL Maschen an.
Der von Schubert angesprochene Wettbewerbsnachteil existiert im föderalen Vergleich. Schließlich sind im Hamburger Fußball-Verband (HFV) Clubs aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen organisiert. Doch nur die Vereine aus Hamburg und Schleswig-Holstein unterliegen zurzeit der Beschränkung, maximal mit zehn Spielern im Vollkontakt trainieren zu dürfen. „Eine sportlich sinnvolle Vorbereitung unter diesen Bedingungen zu gestalten, ist schwierig. Dabei wollen wir uns so auf die Saison vorbereiten, als wenn es im September wieder losgeht. Davon gehe ich nämlich aus, wenn der Hamburger Verband schon die Pokalspiele terminiert“, sagt Schubert – und spricht damit ein heikles Thema an.
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Nachdem die ARD den Finaltag der Amateure auf den 22. August terminierte, reagierte der HFV. Als Austragungstage für die Viertelfinalspiele im Lotto-Pokal benannte er den 8. und 9. August. Notwendig zur Verwirklichung dieses Plans ist aber eine Sondergenehmigung der Hamburger Gesundheitsbehörde. „Die Signale, die wir bisher von der Gesundheitsbehörde und vom Sportamt erhalten, sind positiv. Wir befinden uns in stetigem Austausch“, sagt HFV-Pressesprecher Carsten Byernetzki. Ein Hygienekonzept hat der Verband erstellt, nach Abendblatt-Informationen sandte er den Entscheidungsträgern sogar eine noch unveröffentlichte Studie eines Schweizer Wissenschaftlers zu, der den Fußball als eher ungefährlich im Hinblick auf Corona-Ansteckungen einstuft.
Sondergenehmigung der Behörde steht noch aus
Allerdings hat der HFV den Vereinen versprochen, vor ihrem ersten Pflichtspiel 14 Tage im Vollkontakt trainieren zu dürfen. Folglich benötigt er eine auch diesen Punkt einschließende Sondergenehmigung der Gesundheitsbehörde bis zum kommenden Freitag, um am 8. und 9. August wirklich die Viertelfinalspiele austragen zu können. Ob überhaupt und, wenn ja, wie viele Zuschauer zugelassen werden, ist ebenfalls ein offener Punkt. „Wir hoffen, die Genehmigung spätestens bis zum 1. August zu erhalten“, sagt Byernetzki und verweist damit auf den Notfallplan: das Durchziehen aller Pokalspiele in einer Woche vom 15. bis zum 22. August.
Pokal-Prämie könnte aufgeteilt werden
Erteilt die Gesundheitsbehörde die Genehmigung nicht, wird Eintracht Norderstedt als ranghöchstes Team laut HFV-Spielordnung zum Sieger erklärt und am zweiten September-Wochenende als Hamburger Vertreter im DFB-Pokal antreten. Die circa 140.000 Euro Antrittsgeld für die erste DFB-Pokalrunde wird die Eintracht in diesem Fall jedoch nicht allein für sich behalten dürfen. „Alle acht Viertelfinalisten haben ein Papier unterzeichnet, das besagt, dass im Falle eines Pokalsieges von Eintracht Norderstedt über die Verteilung der Finanzen eine einvernehmliche Lösung angestrebt wird“, sagt Byernetzki. Nach Abendblatt-Informationen sollen sich die Vereine dann über die Aufteilung der Gelder einigen.
Auch in den vergangenen Jahren profitierten die ab dem Viertelfinale unterlegenen Teams, 25 Prozent des Antrittsgeldes des Hamburger DFB-Pokalteilnehmers wurden unter ihnen aufgeteilt. Gelingt diesmal keine Einigung, entscheidet der HFV über die Entschädigung der um ihre Chance auf den Pokalsieg gebrachten Viertelfinalisten.
Und wie sieht es mit dem Start der Amateurfußballsaison 2020/21 aus? „Wir hoffen, die Infektionszahlen bleiben so gering, und es kann Anfang September wieder losgehen“, sagt Byernetzki.