Hamburg. Der Iraner trainiert und spielt für die BG Baskets in der Rollstuhlbasketball Bundesliga – seine Frau unterstützt ihn dabei.
Zum nächsten Spiel an diesem Sonntag um 15 Uhr gegen die Trier Dolphins bereitet Zhila Davoudi wieder ein Büfett vor. Salate, Häppchen, Kuchen, etwas zu trinken. Gemeinsam mit anderen freiwilligen Helfern baut sie in einer Ecke in der edel-optics.de Arena den Tisch auf, die Leckereien werden angerichtet. Viel Arbeit ist das, aber sie macht das gerne. Vielleicht lenkt es auch ein bisschen von der Spannung ab, wenn Ehemann Alireza Ahmadi gleichzeitig mit den BG Baskets im HSV um Punkte in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga kämpft. „Natürlich“, sagt die 38-Jährige, „bin ich gerne bei jedem Spiel dabei.“
Sie ist die unverzichtbare Partnerin an der Seite von Alireza, den alle nur kurz Ali nennen. „24 Stunden am Tag denke ich an Basketball“, erzählt er, „auch zu Hause“. Das muss ein Partner aushalten wollen. Denn der 42-Jährige ist ja seit dieser Saison nicht mehr „nur“ Spieler, sondern Spielertrainer: „Ich mache mir oft Gedanken: Was trainieren wir wie, wie ist die Taktik und wie stelle ich das Team ein. Es ist viel Arbeit, aber es macht Spaß.“
Alireza Ahmadi: Für den Iran auf Weltmeisterschaften und bei den Paralympics
Im Sommer 2017 hat Ali Ahmadi bei den BG Baskets angeheuert. Ein unglaublich erfahrener Spieler, der während seiner Karriere für den Iran auf Weltmeisterschaften und den Paralympics gespielt hat, in Spanien und zuletzt in Mailand aktiv war. Der Schritt zum Trainer war deshalb logisch, auch wenn es schneller ging als ursprünglich geplant.
Eigentlich wollte er zunächst vor allem mit Jugendlichen arbeiten und beim Inklusionsprojekt des HSV an Schulen mitmachen. Weil Holger Glinicki aber seine Trainerarbeit im Sommer beendete, wagte er mit der Unterstützung von Co-Trainer Peter Richarz jetzt schon den Sprung zum Coach. Mit dem Saisonstart ist er nicht unzufrieden, nur die Niederlage in Rahden passte nicht in den Plan. Ein Trainer sagt dann, was ein Trainer sagen muss: „Wir müssen noch viel arbeiten und lernen.“
Ahmadi und seine Frau wollen dauerhaft in Hamburg bleiben
Das scheint ohnehin das Credo des Paares zu sein, das aus der nordiranischen Stadt Zandschan stammt, die überwiegend von Türkisch sprechenden Aserbaidschanern bewohnt wird. „Auch wir haben zu Hause Türkisch gesprochen“, erzählt Ahmadi, „Persisch war meine erste Fremdsprache.“ Er erzählt das alles in fließendem Englisch mit deutschen Splittern. Seine Frau kann sich auf Deutsch und Englisch verständigen, sie besucht regelmäßig Deutschkurse: „Ich muss die Sprache noch besser lernen“, sagt sie.
Beide sind dabei, sich in Hamburg dauerhaft eine Heimat aufzubauen. Seit Mitte September hat auch Zhila Davoudi eine Arbeitserlaubnis, der HSV und BG-Baskets-Koordinator David Schulze haben bei den Verhandlungen mit den Behörden sehr geholfen. So kann die ausgebildete Sozialarbeiterin jetzt an der Grundschule Ohkamp in Fuhlsbüttel zwölf Stunden in der Woche als pädagogische Mitarbeiterin tätig sein.
Der schriftliche Teil für den Trainerschein steht noch aus
„Eine Einstellungsbedingung war ein ausländischer Hintergrund und eine pädagogische Eignung“, sagt sie. Die Integrationsarbeit mit den Fünf- bis Zehnjährigen macht ihr großen Spaß, aber eines Tages möchte sie ihr Wissen auch bei Erwachsenen anwenden: „Es kommen viele Menschen nach Hamburg, die sich hier zurechtfinden müssen. Ich möchte mit Immigranten arbeiten, ihnen die Kultur in Hamburg beibringen.“
Ziele und Perspektiven sind also da. Alireza Ahmadi hat die praktische Prüfung für seinen Trainerschein bereits bestanden, den schriftlichen Teil muss er noch erledigen. Das ist nicht einfach, wenn man in einer Fremdsprache theoretisches Wissen über Körperfunktionen und Sportwissenschaft aufschreiben muss. „Im Iran habe ich die Trainer-B-Lizenz“, sagt Ahmadi. Nur nützt die ihm hier wenig. Alles auf null, vieles von vorne.
Alireza Ahmadi: "Die BG Baskets sind wie eine Familie"
Bis 2021 steht er bei den BG Baskets unter Vertrag, so lange gilt auch die Arbeitserlaubnis. Aber sie möchten gerne länger bleiben. Im Iran gibt es offenbar Probleme, über die sie lieber nicht sprechen wollen. Kontakt zu den Eltern haben sie nur über das Internet – immerhin. Die Hochzeit seines Freundes und ehemaligen Mitspielers bei den BG Baskets, Asael Shabo, in Israel konnten die beiden auch nicht besuchen. „Mit Asael habe ich immer noch regelmäßig Kontakt“, erzählt Ahmadi, „die BG Baskets sind wie eine Familie".
Die Wohnung auf dem Gelände des BG Klinikums Hamburg in Bergedorf ist für das Paar längst ein Zuhause. „Hamburg ist schön. Die Menschen sind nett“, sagt Alireza Ahmadi. „Und das Wetter ist schön“, sagt seine Frau, „ich mag den Regen.“ Rassismuserfahrungen, Anfeindungen haben sie noch nicht erleben müssen, sagen sie: „Hamburg ist cool.“ Heimat ist auch da, wo man sich wohlfühlt und geschätzt wird. Gibt es da noch Wünsche? „Ja“ sagt Zhila Davoudi: „Ich möchte einen Bus-Führerschein machen. Nur für mich.“