Linz. Der Hamburger Malte Großmann ist als Ersatzmann bei der Ruder-WM. Eine Rolle, die er nur auf Zeit spielen möchte.
Da stand er am Anlegesteg und tat, was er tun musste. Malte Großmann reichte Getränke und Kühlwesten, damit die neun Insassen des Deutschland-Achters am Dienstagmittag nach ihrem Vorlaufsieg bei der Ruder-WM auf einem Donau-Nebenarm in Linz die Regeneration starten konnten. In 5:30,28 Minuten hatte der Titelverteidiger Australien um eine Bootslänge distanziert und war damit direkt ins Finale (So, 14.12 Uhr) eingezogen. „Das war genau das Zeichen, das wir setzen wollten. Ein starkes Rennen von uns“, sagte Torben Johannesen (24/Favorite Hammonia), einziger Hamburger im deutschen Paradeboot.
Malte Großmann war dabei, wie er es immer ist seit der Saison 2017, als er in Sarasota (USA) seine erste A-WM erlebte. Aber der 23-Jährige war nicht mittendrin, und das ist es, was seine Rolle so interessant und gleichzeitig frustrierend macht. Großmann, der mit seinen 195 durchtrainierten Zentimetern Länge seinem Nachnamen alle Ehre macht, ist Ersatzmann für den Riemenbereich. Fällt auf der Steuerbordseite im Zweier, Vierer oder Achter ein Stammruderer aus, dann darf der Athlet vom RC Favorite Hammonia dessen Platz einnehmen. Wird auf der Backbordseite ein Platz frei, kommt Marc Leske (Krefeld) zum Zug.
Nur selten wird ein Platz frei
Das Problem – wenigstens aus der Sicht der Ersatzleute – ist, dass nur selten ein Platz frei wird. „Ich musste bislang noch in keinem Rennen einspringen“, sagt Malte Großmann. Und das ist hart, vor allem mental, denn natürlich ist er jedes Mal darauf vorbereitet, Topleistung zu bringen. Immerhin müsse er nie den Impuls unterdrücken, anderen Schlechtes zu wünschen, um selbst ins Rampenlicht zu rudern. „Das sind alles meine Freunde im Team, denen ich Erfolg wünsche, auch wenn das für mich bedeutet, weiter von draußen zuschauen zu müssen“, sagt er.
Genau diese Einstellung ist es, die Riemen-Cheftrainer Uwe Bender an Großmann schätzt. „Die Rolle des Ersatzmanns ist sehr undankbar, aber sehr wichtig. Wir sind froh darüber, dass wir auch auf dieser Position Athleten haben, auf die wir uns verlassen können“, sagt er. Die Trainer und die Teamkameraden bemühten sich, sagt Malte Großmann, ihm das Gefühl zu geben, ein vollwertiges Mitglied der Mannschaft zu sein. „Ich trainiere die gleichen Umfänge, bin im Training auch oft in den Booten dabei und kenne die Abläufe“, sagt er.
Vergleich mit den Besten
Aber natürlich fehlt ihm die Möglichkeit, sich regelmäßig in Wettkämpfen zu messen. Schließlich hatte er auch deshalb als 15-Jähriger eine Karriere im Leistungssport angestrebt, weil er den Vergleich mit den Besten suchte. Auf Weltcups darf er manchmal ran, in Linz gab es am vergangenen Sonnabend ein Rennen im Zweier ohne nur für Ersatzleute, das Großmann und Leske gewannen. „Da haben wir gezeigt, dass man immer auf uns zählen kann“, sagt er.
In der U 17 gewann Großmann seine ersten deutschen Meistertitel. 2013 holte er im Zweier ohne Steuermann Gold bei der U-19-WM, zwei Jahre später mit dem Achter Gold bei der U-23-WM. Einer, der das erlebt hat, will mehr als nur am Rand stehen. Und deshalb hat er mit seinen Eltern und seiner Freundin eine klare Verabredung getroffen. Bis zu den Olympischen Spielen in Tokio 2020 würde er die Rolle als Ersatzmann tolerieren. „Aber wenn es danach nicht klappt mit einem festen Platz in einem Boot, dann tue ich mir das nicht länger an“, sagt er. Dann würde er sich auf sein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens konzentrieren. Bis dahin jedoch wird Malte Großmann vorbereitet sein, an jedem Tag, an dem man ihn brauchen könnte.