Antwerpen. Die Deutschen verloren gegen die Niederlande deutlich – Bundestrainer und Spieler sind enttäuscht, denn die Statistik sprach für sie.

Stefan Kermas war bedient. „Selten hat sich ein 0:4 so überhaupt nicht wie eine Niederlage angefühlt wie heute“, sagte der Bundestrainer der deutschen Hockeyherren, nachdem seine Mannschaft bei der EM in Belgien das Spiel um Platz drei gegen die Niederlande mit 0:4 (0:0, 0:1, 0:1, 0:2) verloren hatte. 39:26 Kreisszenen und 9:2 Strafecken standen für Deutschland in der Statistik, doch wenn daraus eine 0:4-Schlappe entsteht, ist die größte Schwäche schnell ausgemacht.

„Wir müssen dringend an unserer Kreiseffizienz arbeiten und unsere Strafecke wieder zu einer Waffe machen, sonst wird es auf diesem Niveau schwer“, sagte der Bundestrainer.

Spiel um Platz drei der Hockey-EM bei mehr als 30 Grad

Spiele um Platz drei sind undankbar, vor allem dann, wenn der Zweite schon der erste Verlierer ist wie bei dieser EM, bei der nur der Europameister, den am späten Sonnabendabend Belgien und Spanien ermittelten, die direkte Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio schafft. Aber verlieren wollte auch niemand das prestigeträchtige Kräftemessen mit dem Erzrivalen.

Und so entwickelte sich trotz Temperaturen von mehr als 30 Grad ein munteres Spiel, in dem Oranje versuchte, die Akzente zu setzen, und die erneut ganz in Schwarz gekleideten Deutschen bemüht waren, aus einer dicht gestaffelten Defensive ihre Konterangriffe auszuspielen. Nennenswerte Torchancen blieben, von einer vom Kölner Torhüter Victor Aly gehaltenen Strafecke abgesehen, allerdings aus.

Der niederländische Schlussmann parierte glänzend gegen die Deutschen

Ein Bock von Innenverteidiger Mathias Müller (Hamburger Polo Club), der den Ball in der Vorwärtsbewegung schlampig einem Niederländer in den Schläger spielte, verursachte dann nach 19 Minuten den 0:1-Rückstand, als der freigespielte Björn Kellerman Aly mit einem platzierten Flachschuss ins linke Eck keine Abwehrchance ließ. Individuelle Fehler wie diese sind es, die auf Topniveau sofort bestraft werden und mit dafür verantwortlich sind, dass die deutschen Herren aktuell die Lücke zur Weltspitze nicht schließen können.

Kermas‘ Team reagierte gut auf den Rückstand, baute hohen Druck auf, erspielte sich vier Strafecken, von denen allerdings zwei verstoppt wurden. Die anderen entschärfte Niederlande-Schlussmann Sam van der Veen, der sich den Job viertelweise mit Pirmin Blaak teilte und auch bei Großchancen für den Mülheimer Malte Hellwig und den Hamburger Holland-Legionär Florian Fuchs (Bloemendaal) klasse parierte. Die Halbzeitführung für den entthronten Titelverteidiger, der phasenweise wie in einer verschärften Trainingseinheit agierte, war entsprechend glücklich.

Das letzte Tor für die Niederländer fällt neun Sekunden vor Schluss

Umso härter traf die Deutschen das nächste Gegentor kurz vor Ende des dritten Viertels, als die gesamte Abwehr es nicht schaffte, im Schusskreis die niederländischen Passwege zuzustellen und Mirco Pruijser am erfolgreichen Stecher zu hindern. Angesichts des Wetters einem Zweitore-Rückstand hinterherlaufen zu müssen war nicht die dankbarste Aufgabe, und während den Deutschen im Schlussviertel die Kräfte schwanden, konterte der Gegner geschickt. Einen Schuss von Sander de Wijn lenkte der Berliner Abwehrchef Martin Häner an die Querlatte, kurz darauf traf Jip Janssen bei einer Strafecke nur den Pfosten des deutschen Tores.

Aber auch Deutschland hatte noch Chancen, wie die des Kölners Tom Grambusch, der einen Eckenabpraller nur Millimeter am linken Pfosten vorbeischoss. Dazu kam Pech, als ein Lupfer des Kölners Christopher Rühr, der zum 1:2 geführt hätte, als gefährliches Spiel zurückgepfiffen wurde. Und so kam, was kommen musste: Einen Konter der Niederländer konnte Aly nur mit einem Foul im Schusskreis an Jeroen Hertzberger unterbinden; den fälligen Siebenmeter verwandelte der Gefoulte selbst. Neun Sekunden vor Spielende traf Mink van der Weerden noch per Strafecke. So stand am Ende eine unnötige, aber verdiente 0:4-Pleite.

"Ein bitterer Ausstieg aus dieser EM, der mich unfassbar nervt"

„Das ist ein bitterer Ausstieg aus dieser EM, der mich unfassbar nervt. Wir hatten uns viel vorgenommen, aber es waren wieder die kleinen Dinge, die uns den Sieg gekostet haben. Wir müssen das dringend in den Griff kriegen“, sagte Fuchs. Zunächst jedoch gilt es, bis zur Olympiaqualifikation Anfang November in Mönchengladbach das Selbstvertrauen aufzubauen, um in zwei Play-off-Heimspielen gegen einen noch nicht bekannten, aber in der Weltrangliste schlechter platzierten Gegner das Ticket für Tokio 2020 zu lösen.

Kermas versammelt sein Team dafür Mitte September zu einem Teambuilding-Event und Ende Oktober noch einmal zu einem Lehrgang. „Die Hausaufgaben aus dieser EM sind klar, Effektivität und Ecke müssen verbessert werden. Aber wir müssen auch entspannt bleiben und nicht alles verteufeln, denn ich habe auch viele gute Ansätze gesehen“, sagte der Bundestrainer.