Berlin/Hamburg. EU-Richtlinie bedroht Kunstrasenplätze. Auch zahlreiche Hamburger Vereine wären betroffen. Seehofer fordert Übergangsfrist.
Das von der Europäischen Union geplante Verbot von Mikroplastik könnte die Kunstrasenplätze Tausender Amateur-Fußballvereine bedrohen. Betroffen wären auch zahlreiche Clubs in Hamburg. Von 2022 an soll das Gummi-Granulat, das auf diesen Plätzen verwendet wird, nicht mehr zulässig sein. Bundesinnenminister Horst Seehofer wolle sich für eine Übergangsfrist von sechs Jahren für bestehende Kunstrasenplätze einsetzen.
„Als Sportminister werbe ich für einen vernünftigen Ausgleich zwischen Umweltschutz und den berechtigten Interessen des Sports“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Viele Tausend Sportanlagen in deutschen Kommunen wären sonst von der Schließung bedroht.“
Seehofer schickt Brief an Umweltministerin
Bereits in der vergangenen Woche habe Seehofer in einem Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) für diese Übergangsfrist geworben. Es erschließe sich ihm nicht, warum „der Schaden eines Verbleibs“ der bestehenden Plätze „höher sein sollte als der Gewinn, der durch die weitere Nutzung entsteht“.
Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wolle sich für eine sechsjährige Übergangsfrist einsetzen. In Deutschland gibt es laut dem Verband rund 5000 Kunstrasenplätze.
Amateurligen wären vom Aus bedroht
Amateurvereine bundesweit befürchten, durch das drohende Verbot ihren Spielbetrieb nicht mehr aufrecht erhalten zu können. Denn die so notwendig werdenden Sanierungskosten für die Plätze, die je nach Umrüstmethode bis zu einer halben Million Euro betragen können, könnten sie sich nicht leisten.
Besorgnis löste das drohende Verbot auch bei Nachwuchsförderern aus. „Wenn es wirklich darauf hinauslaufen sollte, dass es bald keine Kunstrasenplätze mehr gibt, wäre das für viele Vereine sicher der Genickbruch“, sagte der ehemalige Fußballprofi Mike Rietpietsch. Der 45-Jährige spielte unter anderem für Bayer Leverkusen, den SC Freiburg und Fortuna Düsseldorf. Seit einigen Jahren ist er Miteigentümer der Fußballschule „Kick’N Body“, die bundesweit rund 40 Camps für Kinder betreibt.
Kunstrasenplätze mit Granulat: Länder stoppen Förderung
Reagiert haben unterdessen bereits mehrere Bundesländer. Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz werden Kunstrasenplätze mit Granulat bereits nicht mehr gefördert. Das Sportministerium in Mainz regt laut SWR dazu an, statt auf Kunststoffgranulat, das immer wieder aufgefüllt werden muss, auf alternative Lösungen wie Sand, Kork, Hybridrasen oder Kunstrasen ohne Verfüllung zu setzen.
Die Stadt Stuttgart hat für die Sanierung von älteren Kunstrasenplätzen laut den "Stuttgarter Nachrichten" bereits Mittel im Haushalt eingeplant. Bei der Interessensvertretung der Stuttgarter Sportvereine hofft man darauf, dass die Hersteller eine Alternative zu Granulat entwickeln. Sobald ein Platz saniert werde, könne das Granulat durch ein anderes Füllmaterial ersetzt werden.