London. Bad Oldesloerin Julia Görges war gegen Serena Williams chancenlos. Jan-Lennard Struff schied als letzter Deutscher bei Wimbledon aus.
Voller Anerkennung klopfte Jan-Lennard Struff seinem Bezwinger auf die Brust. Ein kurzes Winken ins Publikum noch, dann war Wimbledon 2019 Geschichte für den 29 Jahre alten Warsteiner, der sich mit einer 3:6, 6:7 (5:7), 6:4, 5:7-Drittrundenpleite gegen den Kasachen Michail Kukuschkin aus dem Turnier verabschiedete. Und weil auch Julia Görges bei ihrer 3:6, 4:6-Niederlage gegen Serena Williams chancenlos war, findet das Achtelfinale der All England Championships am Montag erstmals seit 2015 ohne deutsche Tennisprofis statt.
Struffs Match auf Außencourt 12 bot einiges an Dramatik, auf dem Platz und leider auch abseits desselben. Weil beim Stand von 2:2 im vierten Satz eine 60 Jahre alte Zuschauerin zusammenbrach und – zum Glück erfolgreich – wiederbelebt werden musste, war die Partie rund 70 Minuten unterbrochen. Beide Protagonisten ließen sich davon allerdings nicht aus dem Rhythmus bringen. Kukuschkin, der in Runde zwei bereits US-Aufschlaggigant John Isner besiegt hatte, returnierte stark, obwohl Struff 26 Asse gelangen.
Mit seinem dritten Matchball schaffte der 31-Jährige, der in Wimbledon erstmals im Achtelfinale steht, nach 198 Spielminuten sein drittes Break und gewann verdient. Struff, in der Weltrangliste als 33. 23 Ränge vor seinem Kontrahenten platziert, fehlte vor allem in den ersten beiden Sätzen die Präzision in den Grundschlägen und am Netz, die ihn in den ersten beiden Runden ausgezeichnet hatte.
Görges unterliegt Williams und ist dennoch zufrieden
Zwei Minuten und ein Spiel – das ist, überspitzt formuliert, die Weiterentwicklung, die Julia Görges innerhalb der vergangenen zwölf Monate für sich reklamieren kann. 2018 hatte die 30-Jährige in Wimbledon ihr Halbfinale gegen Serena Williams innerhalb von 70 Minuten mit 2:6 und 4:6 verloren. Am Sonnabend dauerte es in der Neuauflage in Runde drei 72 Minuten, ehe die 3:6, 4:6-Niederlage der Weltranglisten-17. aus Bad Oldesloe feststand.
Dennoch war Görges mit ihrem Auftritt durchaus zufrieden. „Ich fand, es war ein hochklassiges Spiel. Sie war die Bessere, aber ich hatte das Gefühl, dass ich so nah dran war, sie zu knacken, wie noch nie zuvor“, sagte die Fedcupspielerin, die auch im fünften Duell mit der siebenfachen Wimbledon-Siegerin, die in London mit ihrem 24. Grand-Slam-Titel endlich den Rekord der Australierin Margaret Court einstellen möchte, ohne Satzgewinn blieb.
Serena Williams: "Habe meinen Rhythmus gefunden"
Die Taktik, die Mutter einer einjährigen Tochter unter Druck zu setzen und dadurch zu Fehlern zu zwingen, ging nicht auf für Görges, und das lag daran, dass die 37 Jahre alte US-Ikone ihr kaum Gelegenheit bot, den Ball im Spiel zu halten. Die Versuche, mit viel Risiko die Spielkontrolle an sich zu reißen, mündeten zu oft in Fehler, die Görges allerdings als unumgänglich einstufte. „Wenn ich nur versuche, die Bälle ins Feld zu schubsen, habe ich keine Chance zu gewinnen. Deshalb musste ich mit Risiko spielen.“
Das Duell zweier Weltklasse-Aufschlägerinnen entschied die Weltranglistenzehnte deutlich für sich, sie servierte nicht nur zwei Asse mehr (7:5), sondern brachte auch 20 Prozent mehr erste Aufschläge ins Ziel (71:51 Prozent) als Görges. Keine einzige Breakchance konnte sich die Norddeutsche erspielen. „Ihr erster Aufschlag war der Unterschied, da hat sie mir wenige Chancen gegeben“, sagte Görges, die zwar phasenweise versuchte, Williams mit variablem Spiel ins Laufen zu bringen. Doch meist hatte die Favoritin auch darauf die bessere Antwort. Williams traf mit ihren peitschenden Grundschlägen die Ecken und entschied mit Breaks zum 4:2 im ersten und 3:2 im zweiten Satz die Partie für sich.
„Ich hoffe, dass ich meinen Rhythmus langsam gefunden habe. Wie weit ich von meiner Topform noch entfernt bin, kann ich nicht sagen. Wichtig ist, dass ich überhaupt noch im Turnier bin“, sagte Williams. Im Achtelfinale am Montag trifft sie auf die Spanierin Carla Suarez Navarro.