Hamburg. Die Rekordzahl von rund 85 Athleten ist dabei. Erstmals erhalten Perspektivkader mehr Geld als die Elitesportler.
An diesem Freitag genießt Alexander Harms beim Skifahren in der Schweiz seinen letzten Urlaubstag. In der kommenden Woche ist der Geschäftsführer der Stiftung Leistungssport wieder auf der heimischen Piste gefordert. Seine wichtigste Aufgabe: Die Neuordnung des von der Stiftung als Dachorganisation und der Stadt mit je 50.000 Euro jährlich geförderten Teams Hamburg, in dem die besten Athletinnen und Athleten auf ihrem Weg zu Olympischen Spielen unterstützt werden.
Die Verträge von 67 Förderkandidaten aus 13 Sportarten waren Ende 2018 ausgelaufen. Bis zum 1. März sollten alle Verbände neue Kaderlisten erarbeiten und Aufnahmeanträge stellen. „Nachdem dieser Prozess abgeschlossen ist, können wir in der kommenden Woche beginnen, das neue Team Hamburg aufzustellen“, sagt Harms. Dass es auf rund 85 Mitglieder – und damit so viele wie nie seit der Gründung 2001 – anwachsen wird, erklärt sich aus der Neuordnung der Förderkategorien, die den Fokus vor allem auf Perspektiv- und Nachwuchskader lenkt.
Bis Dezember 2018 erhielten die Teammitglieder pauschal 250 Euro monatliche Förderung. Dass diese in der zweiten Hälfte des Olympiazyklus – die Sommerspiele 2020 finden vom 24. Juli bis 9. August in Japans Hauptstadt Tokio statt – rückwirkend zum 1. Januar erhöht wird, war auch in vergangenen Zyklen Usus. Nun jedoch sollen erstmals die Mitglieder der Förderkategorie II – Perspektivkader aus olympischen Sportarten mit Perspektive Paris 2024 sowie A-Kader aus paralympischen Sportarten für 2020 – 400 Euro und damit 150 mehr erhalten als die Sportler in Förderkategorie I, die zum Olympiakader für 2020 zählen. Förderkategorie III – Nachwuchskader mit Perspektive Los Angeles 2028 – werden mit der gleichen monatlichen Summe bedacht wie die Elite.
Veränderte Förderkriterien
Was auf den ersten Blick kurios erscheint und in der Hamburger Sportszene kontrovers diskutiert wird, erklärt Alexander Harms mit der veränderten Praxis der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Diese bundesweit wichtigste Fördereinrichtung des Spitzensports hat nach der Leistungssportreform entschieden, mehr Geld an die Elite und weniger an Nachwuchstalente auszuschütten. „Dem wollten wir entgegenwirken, damit wir unsere Talente angemessen unterstützen können“, sagt der 30-Jährige.
Ingrid Unkelbach, Leiterin des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein und mit Lena Först (Landessportamt), Marcus Troeder (Handelskammer) und Mark Borchert (Referatsleiter Leistungssportentwicklung im Hamburger Sport-Bund) im Beirat des Teams Hamburg aktiv, unterstützt das. „Als ,Landessporthilfe‘ sollte unser Hauptaugenmerk auf dem Nachwuchs liegen, damit uns dieser aufgrund mangelnder Unterstützung nicht verloren geht. Die Sporthilfe konzentriert sich mit ihrer Förderung auf Olympia- und Perspektivkader, Nachwuchskader bekommen keine finanzielle Unterstützung mehr, also muss das Team Hamburg verstärkt auf Nachwuchs setzen“, sagt die frühere Team-Hamburg-Chefin.
Für Diskussionen dürfte sorgen, dass Teamsportler weiterhin aus der dritten Förderkategorie ausgeschlossen sind. Moritz Fürste (34), Hockey-Olympiasieger und als Teilhaber der Agentur Upsolut Sports für die Vermarktung des Teams Hamburg zuständig, sagt: „Ich finde es schwer zu vermitteln, warum Hockeytalente nicht gefördert werden, Einzelsportler aber schon.“ Unkelbach erklärt dies mit der Quantität. „Allein im Hockey wären es rund 60 Talente, die zu fördern wären, das kann das Team nicht leisten. Zudem herrscht in den Mannschaftssportarten eine hohe Fluktuation gerade in diesem Altersbereich.“
Umsetzung von Ideen ist schwer
Noch einmal gestrafft wurden die Aufnahmekriterien. Die Zugehörigkeit zu einer der drei Förderkategorien ist ebenso unabdingbar wie Startrecht und Mitgliedschaft in einem Hamburger Verein oder Verband sowie Trainings- und Lebensmittelpunkt in Hamburg. Über Ausnahmen wie die Ruder-Brüder Eric und Torben Johannesen, die nach der Leistungssportreform verpflichtet sind, am Bundesstützpunkt in Dortmund zu leben und zu trainieren, aber dennoch als Aushängeschilder des Teams Hamburg gelten, befindet der Beirat.
Gesichert, aber noch nicht ausgereizt ist die Finanzierung des Teams. Upsolut Sports hatte im November 2017 das Konzept „20-mal 20 für 2020“ vorgestellt. 20 Unternehmen sollten jährlich 20.000 Euro einbringen. Bislang sind 14 Partner gefunden worden, 280.000 Euro stehen dadurch pro Jahr zur Ausschüttung bereit. Darüber hinaus wollte die Vermarktungsagentur, die im April 2017 einen Fünfjahreskontrakt unterzeichnet hatte, mit verschiedenen Aktionen weitere Fördergelder einwerben. Dass davon in den vergangenen Monaten nicht viel zu sehen war, habe nichts mit Untätigkeit zu tun, die Upsolut hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen wird.
„Wir hatten viele Ideen, konnten aber aufgrund rechtlicher Vorgaben nicht alles umsetzen“, sagt Fürste. Alle sechs Wochen gibt es Teamabende für alle Unterstützer, die gut angenommen würden. Ein auf der Alster geplanter Stand-up-Paddling-Marathon aber sei beispielsweise geplatzt, da die Grünflächenverordnung kommerzielle Werbung am Ufer, mit der sich potenzielle Sponsoren darstellen wollten, untersagt und eine Ausnahme nicht zugelassen wurde. „Das ist schade“, sagt Fürste, „aber wir werden in den Monaten vor den Spielen in Tokio unser Engagement verstärken.“