Hamburg. Der Rücktritt der Olympiasiegerin schockt die Szene. Jetzt will Laura Ludwig mit Margareta Kozuch am Rothenbaum WM-Gold holen.
Als Laura Ludwig und Margareta Kozuch am Sonntagabend aus ihrem Trainingslager aus Teneriffa zurückkehrten, konnten beide schon lesen, was erst heute offiziell verkündet werden sollte: Sie sind das neue Traumpaar des deutschen Beachvolleyballs. Ludwig (32), die Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin, soll mit Kozuch (32), der ehemaligen Kapitänin der Hallen-Nationalmannschaft (336 Länderspiele), versuchen, die Titel zu verteidigen, die Ludwig in den vergangenen vier Jahren mit Kira Walkenhorst (28) gewann.
Walkenhorsts Rücktritt vom Leistungssport hat ein großes Stühlerücken im deutschen Beachvolleyball ausgelöst. Kozuch bisherige Beachpartnerin Karla Borger (Stuttgart) soll künftig mit Julia Sude (Friedrichshafen) die Olympiaqualifikation für Tokio 2020 bestreiten, für Sudes bisherige Mitspielerin Chantal Laboureur (Stuttgart) wird die passende Frau noch gesucht. Sie droht die Verliererin in diesem Revirement zu werden.
Für alle Beteiligten kommen die aktuellen Wechselspiele nicht überraschend. Bereits im November schmiedete Beachvolleyball-Sportdirektor Niclas Hildebrand an neuen Konstellationen, da sich keine grundlegende Besserung für Walkenhorsts chronische Gesundheitsprobleme abzeichnete. Und für den Deutschen Volleyballverband (DVV) stand immer fest: Ludwig, die vor ihrer einjährigen Babypause als die beste Beachvolleyballspielerin der Welt galt, sollte die potenziell stärkste Partnerin zur Seite gestellt werden, um dem Verband bei Olympia die Chance auf eine Medaille zu erhalten.
Revidiert Walkenhorst ihren Rücktritt?
Für Walkenhorst war es dann auch ein Akt des Respekts, den Weg freizumachen. „Ich würde nichts lieber tun, als mit Laura und meinem großartigen Team dort weitermachen, wo wir 2017 aufgehört haben“, sagte sie. Die Entscheidung aufzuhören, sei eine der schwersten ihres bisherigen Lebens gewesen. Sie habe vielleicht die Warnsignale ihres Körpers „in den vergangenen Jahren zu sehr in den Hintergrund gedrängt, jedenfalls erlaubt mir mein Körper keinen Leistungssport mehr“. Alles andere als ihrer Teamkollegin nahezulegen, sich eine andere Partnerin zu suchen, „mit der sie ihre Ziele erreichen kann, erschien mir unfair“.
Walkenhorst war in ihrer Karriere an den Knien, Hüfte und Schulter neunmal operiert worden, mit großer Willenskraft schaffte sie immer wieder die Rückkehr in den Sand. Mit ihr tritt eine der besten deutschen Sportlerinnen ab, entsprechend schockiert reagierte die Szene. „Sie war eine ganz Große. Danke, Kira“, twitterte Frank Mackerodt, der Ausrichter der diesjährigen Beachvolleyball-Weltmeisterschaften am Rothenbaum (28. Juni bis 7. Juli), für die sich Hamburg gerade wegen der Erfolgsaussichten für Ludwig/Walkenhorst beworben hatte.
Für Trainer Jürgen Wagner (Moers), der das Duo zu allen Titeln führte – und zuvor die Olympiasieger Julius Brink/Jonas Reckermann zu ähnlichen Erfolgen –, muss der jetzige Rücktritt nicht das Ende ihrer Laufbahn gewesen sein. „Vielleicht kehrt Kira nach Olympia 2020 wieder zurück, wenn sich ihr Körper von den ganzen Strapazen erholt hat. Zum heutigen Zeitpunkt war es aber die richtige Entscheidung, aufzuhören.“ Für Walkenhorsts Leistungen und ihre Entwicklung zu einer gestandenen Persönlichkeit empfindet Deutschlands Trainer des Jahres nur Bewunderung: „Es war eine riesen Freude, mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen. Sie wird uns fehlen. Es ist ein großer Verlust für uns alle, sportlich, aber vor allem auch menschlich.“
Kozuch kehrt in ihre Geburtsstadt Hamburg zurück
Als Sportsoldatin ist Walkenhorst weiter finanziell abgesichert, Preis- und Sponsorengelder flossen zudem in den vergangenen Jahren auskömmlich für den Start ins Leben ohne Sport. Rückhalt findet sie zudem in ihrer Familie. „Zum Glück habe ich privat gerade den besten Support, den ich mir wünschen kann.“ Ihre Ehefrau Maria und die im Oktober geborenen Drillinge „geben mir unglaublich viel Halt“. Wer Kira Walkenhorst in den vergangenen Wochen traf, konnte das bestätigen. Die Tränen über das plötzliche Karriereende sind getrocknet.
Für Ludwig/Kozuch beginnt ein neuer Karriereabschnitt. Beide werden wahrscheinlich für den HSV spielen und von Ludwigs Agentur Vitesse (Klaus Kärcher) gemanagt werden. Entsprechende Verhandlungen seien in der Endphase, bestätigte Kärcher. Kozuch, die 2017 aus der Halle in den Sand ging, schlug zuletzt für die DJK TuSA 06 Düsseldorf auf. „Bis Ende der Woche erwarten wir eine Entscheidung“, sagte Kumar Tschana, Leiter des Amateursports beim HSV e.V.
Kozuch freut sich auf die Herausforderung: „Ich sehe in der Zusammenarbeit mit diesem erfahrenen Team eine tolle Option für mich. Wir sind uns alle einig: Vollgas in Richtung WM 2019 und Olympia 2020.“ Sie wird in ihre Geburtsstadt Hamburg zurückkehren, mit Ludwig am Beachvolleyball-Bundesstützpunkt in Dulsberg trainieren. Bereits im Dezember hatte es zur Probe erste Zusammenkünfte gegeben mit dem Ergebnis: Es passt. Beide mögen und verstehen sich. Als Walkenhorst im Juni 2017 eine Meniskusoperation auskurierte, schlugen Ludwig/Kozuch erstmals zusammen beim Weltserienturnier in Porec (Kroatien) auf. Sie wurden Neunte.
Wagner hat jedoch erstmal eine Gewinnwarnung herausgegeben. „Die WM in Hamburg könnte zu früh kommen, und es wird auch nicht einfach bei der starken nationalen Konkurrenz, sich für Tokio zu qualifizieren.“ Bis zum ersten Turnier Ende April in Xiamen (China) plant der Coach mehrere Trainingslager, das nächste beginnt am 26. Januar in Südafrika. „Maggie bringt alles mit, was man braucht. Sie ist unheimlich athletisch, hat eine wahnsinnige Ballkontrolle und ist ein echter Fighter“, sagt Ludwig. „Es ist aber auch für mich schwierig, den Gedanken zu akzeptieren, dass es nie wieder das Duo Ludwig/Walkenhorst im Beachvolleyball geben wird.“