Hamburg. Die Rolle von Gesellschafter Klaus-Peter Jebens wird hinterfragt. Der Hauptsponsor des Teams bleibt jedoch im Boot.
20.520 Euro waren am Mittwochabend auf dem Spendenkonto zusammengekommen, das den Spielbetrieb der Oberligamänner der Crocodiles bis Saisonende abdecken soll. Ein Zehntel der Summe, die bis zum 15. Januar benötigt wird, um die Insolvenz der Spielbetriebs-GmbH des klassenhöchsten Hamburger Eishockeyteams abzuwenden, ist damit bereits zwei Tage nach dem Start der Retteraktion eingegangen. „Natürlich könnte es immer noch besser sein, aber mit dem Start sind wir durchaus zufrieden“, sagt Sportdirektor Sven Gösch (46), der sich dem Kampf um die Zukunft mit viel Engagement widmet.
Das Problem ist ein anderes. Tatsächlich, so ist aus dem Umfeld der Crocodiles zu hören, würden sich mehrere Sponsoren und Gönner gern stärker finanziell engagieren. Sie schrecken aber davor zurück, weil der Grund für den am vergangenen Freitag gestellten Antrag auf Eröffnung eines Planinsolvenzverfahrens weiterhin im Nebel liegt. In der offiziellen Mitteilung des Clubs war von „einem kurzfristigen Ausfall bereits zugesagter Fördergelder in Höhe von 250.000 Euro“ die Rede. Warum diese Summe kurzfristig ausfiel und welcher Gönner sie zurückgezogen hat, darüber schweigt Christian Schuldt (34), Geschäftsführer der GmbH, aus rechtlichen Gründen.
Fragen wirft nun vor allem die Rolle von Klaus-Peter Jebens auf. Der 62 Jahre alte Kaufmann hatte sich erstmals 1996 als Förderer des Eishockeys in Farmsen engagiert. Rund um die Jahrtausendwende hatte er mit seinen Plänen für Aufsehen gesorgt, am Berner Heerweg eine Multifunktionshalle für 8000 bis 10.000 Zuschauer zu bauen, in der die Crocodiles in der deutschen Eliteliga DEL hätten antreten sollen. Als sich die Stadt stattdessen für den Bau der heutigen Barclaycard Arena im Volkspark entschied, zog sich Jebens frustriert aus dem Eishockeygeschäft zurück. Die Crocodiles mussten im Mai 2001 Insolvenz anmelden und verschwanden in der Verbandsliga.
Wirtschaftliche Risiken minimieren
Jebens verlor jedoch nie den Kontakt zu den Crocodiles, auch weil sein Sohn Fabian (15) Talent als Eishockeytorhüter zeigte. Als im Mai 2016 die Hamburg Freezers den Spielbetrieb in der DEL einstellten, nutzten die Crocodiles die Chance, ins Rampenlicht zurückzukehren. Im Hintergrund als Strippenzieher mittendrin: Klaus-Peter Jebens. Sein Vorhaben, sein Gewerbegebiet Merkurpark in Rahlstedt deutlich auszuweiten und dort unter anderem eine DEL-taugliche Halle zu errichten, die das marode Eisland Farmsen als Spielstätte der Crocodiles ablösen sollte, war die Grundlage für den 2016 vorgestellten Vierjahresplan, an dessen Ende der Aufstieg in die DEL 2 stehen sollte.
Im August 2017 wurde der bis dahin beim Stammverein Farmsener TV angesiedelte Spielbetrieb auf Initiative von Jebens in die GmbH ausgegliedert – ein übliches Vorgehen im Profisport, um wirtschaftliche Risiken für eingetragene Vereine zu minimieren. Gründungsgesellschafter waren der Glinder Notar Alexander Bowien und Jebens selbst, im Mai 2018 kam Allianz-Generalvertreter Steffen Leist als Gesellschafter hinzu, was erst am Dienstag öffentlich bekannt wurde und im Umfeld des Clubs für Verwunderung sorgte. Insbesondere im Förderverein, dessen vorrangiges Ziel die Unterstützung des Oberliga-Eishockeys ist und an den die fehlenden 250.000 Euro fließen sollten, fragt man sich nun, warum die Informationspolitik derart stockt. Sorgen macht sich aber auch der FTV als Halter der Spiellizenz, die beim Deutschen Eishockey-Bund nur eingetragene Vereine beantragen dürfen. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Spielbetriebs könnte der Verein für Forderungen des Verbands und der Spielgegner haftbar gemacht werden.
Hartnäckiges Gerücht
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Jebens selbst seine Förderung gestrichen hat. Mutmaßungen, er brauche kurzfristig Geld für sein Gewerbeprojekt, weil es dort zu Komplikationen gekommen sei, bestätigten sich zunächst nicht. Die Bauanträge für die Erweiterung des Geländes seien planmäßig erteilt worden. Auch einen vereinsinternen Streit habe es nicht gegeben. Aktuelle Wegbegleiter beschreiben Jebens als „schwierigen, aber stets verlässlichen Förderer des Eishockeys“. Udo Werner, der 2001 als Geschäftsführer der damaligen Spielbetriebs-GmbH den ersten Insolvenzantrag stellen musste, stand für ein Gespräch über Jebens’ damaliges Gebaren nicht zur Verfügung.
Gerne würde man Jebens all diese Fragen stellen. Mit Hinweis darauf, dass Eishockey „nicht personifiziert werden, sondern der Verein im Mittelpunkt stehen“ solle, lehnte er eine Interviewanfrage des Abendblatts jedoch ab. Schon in den vergangenen Monaten wollte er, anders als zur Jahrtausendwende, öffentlich keine Rolle spielen, aktuelle Fotos gibt es von ihm ebenso wenig. Seine am Dienstag in der „Bild“ getätigte Aussage, er halte sich an alle Verpflichtungen und nehme keinerlei Einfluss auf die Vereinspolitik, wird im Zuge des Insolvenzverfahrens der eingesetzte Sachwalter Matthias Wolgast hinterfragen, der auf vollumfängliche Transparenz pochen muss.
Wichtiger Schritt
Michael Busching, der von der GmbH mandatierte Sanierungsspezialist, hält die fehlende Transparenz für ein Risiko. „Je mehr Transparenz man schafft, desto besser ist es“, sagt er, „aber wenn derjenige, der seine Zusage jetzt zurückgezogen hat, immer nur gegeben hat und nun erreichen möchte, dass andere in die Bresche springen, wäre das ein Motiv, das ich nachvollziehen könnte.“
Gute Nachrichten gab es am Mittwoch von Hauptsponsor Hapag-Lloyd. „Das Insolvenzverfahren ist ein wichtiger Schritt für die Crocodiles auf dem Weg zu einer Neuaufstellung. Unser Sponsoring für die Saison 2018/19 gilt unverändert. Wir schauen uns das von Jahr zu Jahr an und sind bislang sehr zufrieden“, sagte Pressesprecher Tim Seifert. Der Vorstandsvorsitzende Rolf Habben Jansen, der den Crocodiles bereits als privater Gönner geholfen hat, versicherte, keinen Anteil an der finanziellen Schieflage zu haben.