Hamburg. Der Neuzugang will bei Alsters Hockeydamen zur Topspielerin reifen. Olympia 2020 in Tokio ist das große Ziel.
Ein Knipser? Nein, sagt Hannah Gablac, das sei sie nicht. Kann man zwar bei einem Blick auf die Torjägerliste der Feldhockey-Bundesliga, die die 23-Jährige mit sechs Toren aus fünf Spielen anführt, kaum glauben. Aber erstens ist die Nationalstürmerin eine Spielerin, die mit ihrer Athletik und Geschwindigkeit genauso Räume für andere schafft, wie sie sie im Schusskreis mit ihrem starken Abschluss zu nutzen weiß. Und zweitens sei sie ein Mensch, der sich ungern in Schubladen pressen ließe. „Ich bin ein Freigeist, brauche Raum zur Entfaltung, um mich richtig wohl zu fühlen. Und nur dann kann ich meine Topleistung abrufen“, sagt sie.
Wie gut also, dass Hannah Gablac nach fünf Jahren bei Rot-Weiß Köln den Weg zum Club an der Alster gefunden hat. Beim deutschen Doublesieger, der an diesem Wochenende den Berliner HC (Sa., 16.15 Uhr) und die Zehlendorfer Wespen (So., 14.15 Uhr, beide Pfeilshof) empfängt, leitet mit Jens George ein Mensch das Training, der als Experte für Freigeister gilt, die er aktuell fast in Mannschaftsstärke bändigt. „Deshalb fühle ich mich so wohl im Team“, sagt die neue Torjägerin, „weil ich spüre, dass sich hier jeder so entfalten kann, wie es für ihn passt. Das war auch der Grund dafür, warum ich unbedingt zu Alster wollte.“ George schätzt an seiner Neuerwerbung neben deren sportlichen Qualitäten „den guten Humor“.
Freches Mundwerk
Hannah Gablac muss lachen, als sie das hört. Es stimme schon, wenn sie sich akzeptiert fühle – und das tut sie seit dem ersten Training –, zähle ein freches Mundwerk durchaus zu ihren Eigenschaften. „Ein lockerer Spruch muss drin sein“, sagt sie. Tatsächlich war das nicht immer so in ihrer Karriere. Viel zu lange sei sie zu verbissen und übermotiviert ans Hockey-Werk gegangen, „ich wollte alles perfekt machen, habe nur auf mich geschaut.“
Menschlich gesehen: Handarbeiterin
Mit 14 war sie deshalb aus ihrer Heimat Rosenheim zum Mannheimer HC gewechselt, lebte dort in Gastfamilien, die im Schnitt alle acht Monate wechselten. Zum Medizinstudium ging es dann nach Köln, aber auch dort fühlte sie sich nie wirklich zu Hause. „Hätte ich gewusst, wie hart die Zeit werden würde, hätte ich es vielleicht nicht gewagt“, sagt sie. Dennoch habe sie in jenen Jahren einen Crashkurs im Erwachsenwerden hinter sich gebracht. „Dadurch habe ich gelernt, dass ich alles schaffen kann, wenn ich es wirklich will“, sagt sie.
Harter Rückschlag
Letztlich war es allerdings ein harter Rückschlag, aus dem Hannah Gablac den größten Lerneffekt zog. „Dass ich 2016 aus dem Olympiakader gestrichen wurde, obwohl ich seit 2013 alle großen Turniere gespielt hatte, hat mir die Augen geöffnet, dass es eben nicht funktioniert, wenn man immer nur auf sich schaut“, sagt sie. Während die Auswahlkolleginnen in Rio Bronze holten, wuchs die 180 Zentimeter große Athletin menschlich. „In der Phase bin ich wirklich erwachsen geworden“, sagt sie.
In Hamburg will sie nun den letzten Schritt schaffen. Olympia 2020 in Tokio ist das große Ziel, Tore können auf dem Weg dorthin helfen. Hannah Gablac will aber vor allem beweisen, dass sie viel mehr ist als ein Knipser.