Plowdiw. Das Paradeboot um den Hamburger Torben Johannesen sorgt für eine Premiere. Einerhoffnung Zeidler vom Winde verweht.
Zum ausgelassenen Jubel fehlte im Zielraum noch die Kraft, doch bei der Siegerehrung wenige Minuten später ließen die Hünen aus dem Deutschland-Achter um den Hamburger Torben Johannesen vom Ruder-Club Favorite Hammonia ihren Gefühlen feien Lauf. Inbrünstig und mit der Hand auf dem Herzen stimmten sie in die Nationalhymne ein und genossen den magischen Augenblick in vollen Zügen. Der souveräne Start-Ziel-Sieg bei der WM in Plowdiw vor den Australiern und Briten veredelte eine Saison der Superlative. „Wir haben es der Ruder-Welt gezeigt und sind auf den ersten 1500 Metern optimal ans Limit gegangen“, sagte Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin) voller Stolz.
Mit dem finalen Kraftakt blieb die Crew in diesem Jahr in allen Endläufen ungeschlagen. Und wie schon beim Gewinn des EM-Titels Anfang August in Glasgow machte sich das Festhalten an Altbewährtem bezahlt. Erstmals in der ruhmreichen Geschichte des deutschen Paradebootes gelang es, den WM-Titel mit derselben Besatzung erfolgreich zu verteidigen. Mit leuchtenden Augen ließ Johannes Weißenfeld (Herdecke) das Geschehen Revue passieren: „Ich hatte jederzeit das Gefühl, niemand im Boot zweifelt auch nur eine Sekunde daran, dass wir das Ding durchbringen.“
WM-Bilanz trotzdem mager
Zum wiederholten Mal stellten die Seriensieger ihre Ausnahmestellung unter Beweis. Bereits bei der 500-Meter-Marke lagen sie komfortabel vorn und wehrten im weiteren Rennverlauf alle Versuche der Konkurrenten ohne Hektik ab. Am Ende betrug der Vorsprung auf die Australier und Briten eine halbe Bootslänge. Der Vorlaufschnellste aus den USA musste sich gar mit Platz vier begnügen. Trainer Uwe Bender schien wunschlos glücklich: „Wir sind nie unter Druck geraten und haben unser eigenes Rennen gefahren. Es lief wie geplant.“
Aus deutscher Sicht fiel die Gesamtbilanz in den 14 olympischen Klassen mit jeweils einmal Gold und Silber nur geringfügig besser aus als bei den Titelkämpfen vor einem Jahr in Sarasota. Dort hatte der siegreiche Achter für die einzige deutsche Medaille gesorgt. Mit Blick auf Tokio 2020 ist noch viel Luft nach oben.
Anders als dem Achter blieb dem Frauen-Doppelvierer am Ende einer erfolgreichen Saison der WM-Titel verwehrt. Die Freude im favorisierten Team um Schlagfrau Frieda Hämmerling (Kiel) über Silber war am Ende aber größer als der Frust über das verlorene Gold. „Gegen die Polinnen war bei dieser Regatta einfach kein Kraut gewachsen“, kommentierte Marie-Cathérine Arnold aus Hannover den zweiten Rang am Sonnabend eine Bootslänge hinter dem übermächtigen Team aus Polen. Zusammen mit ihren Teamkolleginnen posierte sie nach der Medaillenvergabe lächelnd für ein Foto mit IOC-Präsident Thomas Bach. „Sie haben Silber genossen wie Gold. Das haben sie sich verdient“, befand der prominente WM-Gast.
Zeidler hadert mit dem Wind
Oliver Zeidler konnte die Bilanz jedoch nicht aufbessern. Der 22 Jahre alte Ruder-Shootingstar aus Ingolstadt, der erst vor knapp zwei Jahren vom Schwimmsport in den Einer gewechselt war und gleich bei seinem WM-Debüt überraschend in das Finale vorgestoßen war, musste sich mit Rang sechs begnügen. „Ich bin hier mit einer Form angereist, mir der ich Weltmeister hätte werden können. Aber das wurde heute vom Winde verweht“, klagte Zeidler mit Bezug auf den ihn störenden seitlichen Schiebewind. „Da konnte ich nicht mit den großen Jungs mithalten.“ Über den letzten Platz im Skiff-Endlauf kam auch Annekatrin Thiede (Leipzig) nicht hinaus.
Eine bessere DRV-Bilanz gab es in den nichtolympischen Wettbewerben. Der leichte Männer-Doppelvierer und Jason Osborne (Mainz) im leichten Einer waren zum Sieg und der leichte Frauen-Doppelvierer auf Rang drei gefahren.