Warendorf/Aachen. Mit fünf Goldmedaillen ist Winkler erfolgreichster Reiter der Olympia-Geschichte. Unvergessen: der Ritt auf Stute Halla 1956.
Hans Günter Winkler hatte keine Angst vor dem Tod. "Ich hatte meine Zeit, es war meine Zeit, und es war eine wunderbare Zeit. Der liebe Gott war gut mit mir", das war bis zuletzt sein Credo. Der Mann, den alle Welt nur "HGW" nannte und der bis heute mit fünf olympischen Goldmedaillen der erfolgreichste Springreiter der Geschichte ist, lebt nicht mehr. Kurz vor seinem 92. Geburtstag stand sein Herz plötzlich still.
Begonnen hatte sein ereignisreiches und so überaus erfolgreiches Leben im Sattel mit Micky. Das war 1934, Hans Günter Winkler war acht Jahre alt, und sein schwarz-weißes Pony biss ihn immer wieder aus dem Stall. Damals hat "HGW" die Grundlagen für das gelegt, was ihn viele Jahre später zu einer Legende seines Sports machte: "Ich habe meine Pferde immer mit Köpfchen überzeugt, sie waren meine Partner, nicht meine Diener."
Winkler hat die Reiterei mehr geprägt als jeder andere vor und nach ihm. Seine Eltern spielten dabei eine große Rolle, der hochverehrte Vater, der im Krieg fiel, und die Mutter, für die "HGW" bis zu seinem Tod eine tiefe Dankbarkeit empfand.
Stute Halla galt als unreitbar
Hans Günter Winkler wollte immer nur eines: "Für Deutschland reiten." Das Reiten war damals eine sehr elitäre Angelegenheit, aber er, der Sohn eines Reitlehrers, hatte allen anderen etwas voraus. Er war mit Pferden groß geworden, und er konnte sie alle reiten: "Außerdem half mir meine gute Erziehung, meine Eltern hatten mich Respekt und hervorragende Manieren gelehrt."
Diese Kunde drang bis zum Oberlandstallmeister Gustav Rau durch, der den 24-jährigen Winkler 1950 zum Lehrgang des Deutschen Olympiade-Komitees nach Warendorf bestellte. Er hatte nichts, aber er konnte im Sattel alles, und deshalb durfte er bleiben. "Ich wusste", sagte Winkler oft, "wie man aus vier Beinen und einem bockigen Kopf einen Athleten macht."
Und dann kam Halla. Geboren 1945, die Mutter ein Wehrmachts-Beutepferd aus Frankreich, der Vater ein deutscher Trakehnerhengst. Die Stute stand bei einem Bauern auf der Weide, allein unter Kühen, sie war phlegmatisch und galt als absolut unreitbar. Erfolglos getestet in der Dressur und in der Military, war ihre Karriere im Sport eigentlich schon beendet. "Spannt sie vor den Pflug, das kann sie vielleicht", sagte der Bauer.
Wie Winkler auf Halla Olympiagold holte
Der Rest ist Legende, deutsche und olympische Sportgeschichte. Alles kam an diesem 17. Juni 1956 zusammen, bei den Reiterspielen von Stockholm. Nationenpreis, erster Umlauf, bei der Landung nach dem letzten der 13 Hindernisse schreit Winkler auf, ein Muskel in der linken Leiste ist gerissen, die Schmerzen rauben ihm fast den Verstand.
Aber der zweite Umlauf steht an, es geht um Olympiagold für Deutschland, und deshalb ist es für Winkler keine Frage, ob er reitet. Er lässt sich in den Sattel heben, Medikamente und eine ganze Kanne Kaffee haben sein Bewusstsein vernebelt, doch Halla weiß, was zu tun ist. Unbeeindruckt trägt sie ihren Reiter über die Hindernisse, fehlerfrei, ohne Zögern. "Als ich sie brauchte, war sie für mich da", sagte Winkler: "Aber ich war auch immer für sie da."
Auch für die Frauen in seinem Leben war Hans Günter Winkler immer gerne da. Viermal war er verheiratet, seine vierte Ehefrau Debbie starb 2011 an den Folgen eines Reitunfalls. Danach zog sich "HGW" fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurück. "Ich werde für den Rest meines Lebens trauern", hatte er bei Debbies Beerdigung angekündigt.
Hans Günter Winkler ist tot, aber irgendwie ist er spätestens seit seinem Goldritt von Stockholm unsterblich. "Halla lacht, sie lacht", rief damals der legendäre TV-Reporter Hans-Heinrich Isenbart in sein Mikro. Das Pferd des Mannes, der keine Angst vor dem Tod hatte, wird wie sein Reiter einzigartig bleiben.