Zidane schmeißt bei Real Madrid hin und geht ins Sabbatical
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Lesezeit: 5 Minuten
Madrid. Franzose tritt nach Rekordtriumph in der Champions League überraschend zurück. Real-Boss aufgewühlt, Kroos dankt, Bierhoff witzelt.
Auf dem Trainingsgelände Ciudad von Real Madrid in Valdebebas sorgte Zinedine Zidane höchstpersönlich am Donnerstag um 13.13 Uhr für den Paukenschlag: Fünf Tage nach dem historischen 3:1-Triumph im Finale der Champions League gegen den FC Liverpool verkündete der französische Erfolgstrainer bei den Königlichen völlig überraschend seinen Abschied. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz im Scheinwerferlicht von mehreren Dutzend Kameras und vor rund 100 Medienvertretern gab er zu Tränen gerührt nach 878 Tagen als Real-Coach seinen Ausstieg bekannt.
Damit entfachte der 45-Jährige beim spanischen Rekordmeister 14 Tage vor dem WM-Start in Russland eine Personaldiskussion. Denn der Club des deutschen Nationalspielers Toni Kroos muss so schnell wie möglich nach einem geeigneten Nachfolger für Zidane suchen, der am 4. Januar 2016 bei den Königlichen die Nachfolge des zuvor freigestellten Rafael Benitez angetreten hatte. Sein Vertrag lief noch bis 2020 beim 33-maligen Champion.
"Ich habe für mich entschieden, meine Arbeit bei Real vorzeitig zu beenden. Das ist der richtige Zeitpunkt für mich, aber auch für den Club und die Mannschaft. Das Team soll weiter gewinnen und braucht nach drei Jahren eine Veränderung. Ich selbst brauche ebenfalls eine neue Herausforderung", sagte Zidane, der in seinen zweieinhalb Jahren auf der Trainerbank des Hauptstadtclubs Geschichte geschrieben hat. Mit Real gewann er in dieser Zeit sage und schreibe neun Titel.
Bilder vom Champions-League-Finale:
Champions-League-Finale: Drama um Liverpool-Star Mo Salah
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Kroos bedankt sich bei Zidane
"Gracias Mister! Es war mir eine Freude", twitterte Weltmeister Kroos, der zu den absoluten Leistungsträgern des Real-Starensembles neben Ausnahmespieler Cristiano Ronaldo und Kapitän Sergio Ramos zählt.
Der ehemalige französische Welt- und Europameister Zidane ist der zweiterfolgreichste Trainer in der 116-jährigen Real-Geschichte. Dreimal gewann er mit Ronaldo, Kroos und Co. zuletzt die Champions League in Folge, was noch keinem Club gelungen war. Zweimal holte er den Uefa-Supercup, einmal die Supercopa in Spanien und zweimal die Club-WM. Spanischer Meister wurde er allerdings "nur" 2017.
In der abgelaufenen Saison in Spanien war Real kein ebenbürtiger Rivale des FC Barcelona, der souverän Meister in La Liga wurde. Real wurde Tabellendritter und wies am Ende 17 Zähler Rückstand auf die Katalanen auf.
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Real-Boss Perez reagiert aufgewühlt
"Ich liebe diesen Club und diesen Präsidenten, der mich hierher gebracht hat. Aber es ist die beste Entscheidung", sagte Zidane im schwarzen Pulli und dunkelblauem Blazer an der Seite von Real-Boss Florentino Perez, der den Tränen nah war.
Er äußerte sichtlich aufgewühlt: "Das ist eine völlig unerwartete Entscheidung und für uns eine trauriger Tag. Er braucht eine Pause und die hat er sich auch verdient", so der Präsident, der aber auch sagte: "Ich bin mir sicher, dass er eines Tages zurückkehren wird. Wir müssen nun schauen, dass wir schnell eine gute Lösung finden, damit wir auch in der kommenden Saison unsere Ziele erreichen können."
Real Madrids Trainer seit 1999
1999-2003
Vicente Del Bosque
2003-2004
Carlos Queiroz
2004
José Antonio Camacho
2004
Mariano Garcia Remón
2004-2005
Vanderlei Luxemburgo
2005-2006
Juan Ramón López Caro
2006-2007
Fabio Capello
2007-2008
Bernd Schuster
2008-2009
Juande Ramos
2009-2010
Manuel Pellegrini
2010-2013
José Mourinho
2013-2015
Carlo Ancelotti
2015-2016
Rafa Benítez
2016-2018
Zinédine Zidane
2018 – ?
Julen Lopetegui
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Bierhoff scherzt über den Rücktritt
Für andere wie DFB-Teammanager Oliver Bierhoff kam Zidanes Rücktritt nur "ein bisschen überraschend". Er habe bei dem Franzosen schon beim gewonnenen Endspiel gegen Liverpool eine gewisse Lockerheit in der Körpersprache verspürt. "Er wollte das genießen“, sagte Bierhoff am Donnerstag im Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Südtirol.
"Er hinterlässt ein großes Erbe“, sagte Bierhoff zu Zidane. "Ich bin gespannt, welchen Trainer sie bei Real finden“, erklärte Bierhoff in Eppan und fügte mit Blick auf Bundestrainer Joachim Löw scherzhaft hinzu: „Gut, dass der DFB vorher mit Jogi verlängert hat.“ Der Deutsche Fußball-Bund hatte vor zwei Wochen den Kontrakt mit dem 58-jährige Löw vorzeitig um zwei Jahre bis zur WM 2022 ausgeweitet. Dass Löw, der seit 14 Jahren beim DFB angestellt ist, direkt im Anschluss an ein Turnier zu einem Verein wechseln könnte, gilt als ausgeschlossen.
Zidane macht ein Sabbatjahr
Zidane, der in seiner Freizeit am liebsten als Bootsführer über die Meere schippert, war trotz seine vielen Erfolge in Madrid nie unumstritten, befand sich sozusagen immer in stürmischen Gewässern. Vor allem in der abgelaufenen Spielzeit musste sich der einst geniale Mittelfeldstratege viel Kritik in den Medien gefallen lassen. Die Champions League war aber erneut Zidane-Terrain.
Zidane kündigte an, dass er zunächst ein Jahr pausieren und ein wenig Abstand vom Fußball nehmen wolle. "Real Madrid hat mir alles gegeben und ich werde ihn immer unterstützen und nahe verfolgen. Diese Entscheidung mag für viele keinen Sinn ergeben, für mich aber schon. Ich muss mich bei allen bedanken. Den Fans, den Mitarbeitern, den Spielern, allen", so Zidane, ehe er um 13.38 Uhr unter dem tosenden Applaus der Anwesenden zumindest für längere Zeit "adios" und "au revoir" sagte.
Das ist Zinédine Zidane
Geburtsdatum
23. Juni 1972
Geburtsort
Marseille
Vereine als Spieler
AS Cannes (1988-1992), Girondins Bordeaux(1992-1996), Juventus Turin (1996-2001), Real Madrid (2001-2006)
Vereine als Trainer
Co-Trainer Real Madrid (2013-2014), Real MadridII (2014-2016), Real Madrid (2016-2018)
Erfolge als Spieler
Weltmeister (1998), Europameister (2000),Vize-Weltmeister (2006), Champions-League-Sieger (2002),Weltpokalsieger (1996, 2002), Uefa-Supercup-Sieger (1996, 2002),Italienischer Meister (1997, 1998), Spanischer Meister (2003),Weltfußballer des Jahres (1998, 2000, 2003)
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