Hamburg. Das „Hamburg Towers Dance Team“ will bei der Europameisterschaft glänzen. Profi-Ernährung und ein strikter Trainingsplan gehören dazu.
Katja Baumgärtner und ihre Mannschaft brauchen ein bisschen Ruhe. Die Inselparkhalle ist deshalb durch eine Schutzwand in der Mitte getrennt. Auf der einen Seite spielen ein paar Jungspieler lautstark Basketball, auf der anderen Seite der einfahrbaren Wand bittet Baumgärtner ihre Tänzerinnen zum Aufwärmprogramm: Dehnübungen, dann mehrere Sprints quer durch den Hallenabschnitt.
Baumgärtner ist die Trainerin des „Hamburg Towers Dance Teams“, der Cheerleader der gleichnamigen Zweitliga-Basketballmannschaft in Wilhelmsburg. Bei den Heimspielen sorgt sie mit ihrer Tanz- und Turngruppe für die Unterhaltung in den Pausen – samt der berühmten, glitzernden Puschel, den Pompons, eines der Markenkennzeichen jeder Cheerleadergruppe.
Dass die Unterhaltung in dieser Saison einen bitteren Beigeschmack hatte, ist nicht die Schuld von Baumgärtner und ihren Sportlerinnen. Hautnah war das Hamburg Towers Dance Team dabei, als nach sechs gewonnenen Heimspielen die Leistung kippte, und in den folgenden neun Begegnungen nur noch zwei Siege folgten. Das Saisonziel Play-offs wurde verpasst, die gute Stimmung war dahin.
2017 landeten die Cheerleader auf Platz vier
Katja Baumgärtner lacht, wenn auch ein bisschen gequält, wenn sie noch mal auf die vergangene Saison der Basketballmannschaft angesprochen wird. „Es zieht einen ziemlich runter, wenn die eigene Mannschaft verliert“, sagt die 27-Jährige, die selbst mittanzt. Die Trainerstelle hat sie im vergangenen Jahr übernommen, als sich ihre Kollegin Janice Mahnke der Familienplanung widmete. Mahnke tanzt inzwischen wieder mit, Baumgärtner blieb aber die Trainerin.
Inzwischen ist die Basketballsaison natürlich abgehakt, die Cheerleader haben ein neues Ziel: Am Wochenende treten sie bei der Europameisterschaft im Movie Park in Bottrop in Nordrhein-Westfalen an. In der Kategorie „Senior/Hip-Hop“ will die Wilhelmsburger Sportgruppe besser abschneiden als Platz vier im Vorjahr.
Der Gewinner qualifiziert sich für die Weltmeisterschaft 2019 in den USA in Orlando/Florida. Die Konkurrenz in Bottrop ist allerdings groß. Aus allen Ecken Europas reisen „Squads“, die Cheerleader-Teams, an, um sich in den acht Kategorien zum Sieg zu tanzen. „Eine Top-3-Platzierung wäre fantastisch“, sagt Baumgärtner.
Das Training dafür ist hart: Zweimal die Woche wird in der Inselparkhalle zwei Stunden lang choreografiert, getanzt und an der Kondition gearbeitet, für die Europameisterschaft kamen zwei extra Einheiten hinzu, die sich jeweils über einen kompletten Sonnabend streckten. „Es ist schwierig, Termine zu finden, weil wir alle noch Berufe oder ein Studium haben. Eine Tänzerin reist beispielsweise zu jedem Training extra aus Lübeck an“, sagt Baumgärtner. Die Tücken der Trainingsplanung.
Warum keine Männer im Team sind
Anders als in den USA üblich – der Heimat des Cheerleadings – haben die Towers allerdings keine Männer im Tanzteam. Der Grund liegt in der tänzerischen Ausrichtung. „Wir zeigen sehr weibliche Bewegungen, wie Hüftschwünge oder Spagate in unseren Choreografien. Das würde nicht passen“, erklärt die Trainerin. „Aber wer weiß, vielleicht nehmen wir irgendwann auch Männer auf!“
Insgesamt 24 Frauen im Alter zwischen 18 bis 29 Jahren sind im Team, darunter fünf Turnerinnen, deren Können der Gruppe sogar technisch schwierige Sprünge ermöglichen. Für die Europameisterschaft haben die Sportlerinnen eine neue Show eingeübt. Viel Zeit blieb nicht. „Das war hart. Aber nach der enttäuschenden Saison ist jetzt die Motivation noch einmal eine ganz andere“, sagt Baumgärtner. „Jetzt haben wir etwas zu gewinnen.“
„Wir sind wie eine Familie“
Der Umgangston ist trotz des Stresses eher harmonisch. „Wir sind wie eine Familie“, sagt die Trainerin, die selbst einmal leistungsmäßig geturnt hat. Für den anstehenden internationalen Auftritt hat sie nur eine Bitte an die Frauen: „An den Wettkampftagen bitte, bitte kein Fast Food!“ Burger, Pizza und Co. wiegen schwer – und erhöhen bei Sprüngen die Verletzungsgefahr.
Nach dem internationalen Saisonhöhepunkt sind erst einmal zwei Wochen Pause angesagt. „Das haben sich die Mädchen verdient.“ Im Juni geht es dann weiter: das Casting für neue Tänzerinnen steht an, sowie Auftritte bei Veranstaltungen wie dem Christopher-Street-Day. Dazu die Vorbereitung auf das Tagesgeschäft, die neue Towers-Saison ab Ende September.
Jetzt aber gilt der Fokus des Dance Teams dem Turnier in Bottrop. Wenn bei der Europameisterschaft Rang drei oder gar eine bessere Platzierung herausspringt, wird Baumgärtner ihren Tänzerinnen im Anschluss sicherlich auch den eigentlich ungern gesehen Restaurantbesuch genehmigen: in einem Fast-Food-Imbiss ihrer Wahl.