Leipzig/Hannover. Der Nachfolger von Steffi Jones nimmt seinen Interimsjob auf. DFB-Präsident Reinhard Grindel schwärmt vom “Pfundskerl“.
Im deutschen Frauen-Fußball hat das kurze Kapitel Horst Hrubesch begonnen. Am Mittwochvormittag versammelte der 66-Jährige die Nationalmannschaft zur ersten Trainingseinheit auf dem Gelände der RB Leipzig-Akademie. Dort bereitet der DFB-Sportdirektor das Team auf die beiden WM-Qualifikationsspiele am Sonnabend (16.15 Uhr/ARD) in Halle/Saale gegen Tschechien und am Dienstag (16.00 Uhr/ZDF) in Domzale gegen Slowenien vor. Der Europameister von 1980 hatte im März den Posten von Bundestrainerin Steffi Jones übernommen, von der sich der Deutsche Fußball-Bund getrennt hatte. Der 66-Jährige übt das Amt aber nur für die beiden WM-Qualifikationsspiele aus.
Bereits am Dienstagabend hatte sich Hrubesch nach der Ankunft in Leipzig intensiv mit seinem neuen Team beschäftigt. Auf dem Plan standen unter anderen mehrere Einzelgespräche mit den Führungsspielerinnen. Auch vor dem ersten Training am Mittwochmorgen versammelte er die Mannschaft zu einer Ansprache.
Neids Assistentin ist wieder im Boot
"Ich bin schon angespannt. Einiges ist für mich schon neu. Immerhin habe ich jetzt nicht mehr 40 Männer um mich, sondern 20 Frauen“, sagt Hrubesch. Einen Vorteil sieht er darin, dass er seit Olympia relativ viele Frauen-Spiele gesehen hat. Allein in den Wochen nach seinem spontanen Ja zu dem Kurzzeit-Engagement war er bei einem Dutzend Spielen im Stadion. Zuvor hatte er schon das unerfreuliche Turnier in den USA im Fernsehen verfolgt.
Blind läuft er nicht in den Job, er beriet sich mit Leuten, die schon lange im Frauen-Fußball ihr Zuhause haben. Die Olympiasiegerinnen-Bundestrainerin Silvia Neid zum Beispiel. Oder Ulrike Ballweg, Neids langjährige Assistentin. Die holte sich Hrubesch in das Trainer-Team, das ansonsten genau das ist, mit dem der Hamburger bereits die U21-Auswahl des DFB betreute. „Wenn ich diese Hilfe nicht nehmen würde, dann würde etwas schief laufen“, betont Hrubesch. Mit Jones hatte er allerdings keinen Kontakt mehr.
Hrubesch zeichnet ein positives Bild
Die ersten Stunden mit den Spielerinnen bezeichnet der Coach als durchaus positiv. „Die Stimmung ist gut. Ich habe den Mädels freigestellt, wie sie mich nennen. Man kann ja das Du oder Sie ganz gut mit 'Trainer` umgehen“, sagt Hrubesch. Er selbst ordnete als eine der ersten Maßnahmen an, dass die Tischordnung aufgehoben wird. Nun sitzen Spielerinnen und Betreuer nicht mehr getrennt, sondern mischen sich. „Mir ist es wichtig, mich einmal auch über belanglose Dinge mit ihnen zu unterhalten“, begründet Hrubesch seine Entscheidung.
Verbiegen wird sich der Trainer-Fuchs in der neuen Aufgabe nicht. „Ich habe klare Vorstellungen, und so gehe ich mit den Mädels um. Ich versuche ihnen nichts aufs Auge zu drücken, sondern sie einfach mitzunehmen“, sagt Hrubesch, der an die Qualität der Mannschaft glaubt. „Wir können jede Position doppelt und dreifach besetzen. Dass sich eine Mannschaft nach so einem Umbruch wie nach Olympia neu finden muss, ist doch klar“, sagt der Interims-Bundestrainer. Die fünf Trainingseinheiten bis zu dem Tschechien-Spiel reichen ihm. „Wir wollen aber nicht irgendwie gewinnen, sondern endlich wieder einmal überzeugend, auch wenn der Gegner sehr unangenehm sein kann“, betont Hrubesch
Grindel schwärmt von "Pfundskerl" Hrubesch
DFB-Präsident Reinhard Grindel ist überzeugt vom Interims-Bundestrainer. „Er ist ein Pfundskerl“, sagte er am Dienstagabend in Hannover. „Die Damen sind super-begeistert.“ Er sei sehr gespannt und voller Zuversicht vor den beiden Länderspielen unter Hrubeschs Leitung, sagte der 56-Jährige bei einer Podiumsdiskussion mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.
„Er hat sich sehr genau vorbereitet, viele Frauen-Spiele besucht und mit allen Spielerinnen gesprochen“, berichtete Grindel über die ersten Wochen Hrubeschs als Verantwortlicher für das Nationalteam.