Wolfsburg/Berlin. Ehemaliger HSV-Trainer wird “Feuerwehrmann“ in Niedersachsen. Auf seine neue Aufgabe freut sich der 52-Jährige: “Ich fühle mich gut.“
Ein typischer "Feuerwehrmann" soll beim VfL Wolfsburg die vielen Brände löschen: Der abstiegskampferprobte Bruno Labbadia ist neuer Trainer des kriselnden Werksclubs, der aufgrund einer Ergebnis- und Führungskrise Richtung Zweitklassigkeit taumelt. Labbadia leitete am Dienstagnachmittag erstmals das Training der Wölfe, beim Abstiegs-"Endspiel" am Freitag (20.30 Uhr/Eurosport-Player) gibt er sein Debüt auf der VfL-Bank. Der Vertrag läuft bis Ende Juni 2019.
"Ich fühle mich gut und ausgeruht und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit meiner neuen Mannschaft", sagte Labbadia via Pressemitteilung des Clubs. Auf den 52-Jährigen, der den HSV vor drei Jahren in einer noch viel aussichtsloseren Situation zum Klassenerhalt geführt hatte, wartet jedoch eine schwierige Mission. Nach der richtungweisenden Partie in Mainz folgen Duelle gegen die Topteams Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim und Schalke 04. Und im Verein herrscht eine Untergangsstimmung.
"Die aktuelle Situation könnte schöner sein", sagte Labbadia nach seiner ersten Einheit: "Ich habe mich aber von meinem Gefühl leiten lassen und richtig Lust auf diese Aufgabe. Ich bin gut ausgeruht und motiviert."
Reagierte Schmidt auf Ansage vor Mainz?
Sportdirektor Olaf Rebbe, der sich keinen weiteren Fehlgriff auf der Trainerposition erlauben darf, setzt deshalb alle Hoffnungen auf den neuen Mann an der Seitenlinie: "Bruno Labbadia ist ein sehr erfahrener Trainer, der seine Qualitäten in der Bundesliga schon mehrfach unter Beweis gestellt hat." Auch Jens Keller, Lucien Favre und Markus Weinzierl wurden als Nachfolger für Martin Schmidt gehandelt, der mit seinem Rücktritt am Montag die VfL-Bosse überrascht hatte.
Nach Informationen der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung soll der Ausblick auf die zum Abstiegs-"Endspiel" ausgerufene Partie bei seinem Ex-Club Mainz Schmidt zu diesem Schritt bewogen haben. Möglicherweise habe er einen Spießrutenlauf und fehlende Rückendeckung bei einer Niederlage befürchtet. Wohl nicht zu Unrecht. In 19 Bundesligaspielen unter seiner Regie kamen die Niedersachsen nur auf 20 Zähler - das macht einen katastrophalen Punkteschnitt von 0,95 Zählern. Mit so einer Bilanz steigt man ab.
Die Trainerwechsel der Saison 2017/18
Wolfsburgs Führungskrise ist hausgemacht
Dass Schmidt nur wenige Tage nach den Rücktritts-Gerüchten um Rebbe seinen Posten niederlegte, lässt zumindest aufhorchen. Zwar hatte der Club umgehend einen entsprechenden Medienbericht dementiert und seinem Sportdirektor den Rücken gestärkt, doch Rebbe steht mehr denn je unter Druck. Scheitert Labbadia, scheitert auch der junge Nachfolger von Klaus Allofs.
Die Probleme des VfL liegen aber viel tiefer. Begleitet wird die sportliche Talfahrt von einer Führungskrise, die hausgemacht ist. Derzeit erledigt in Tim Schumacher ein Geschäftsführer die Arbeit von einst vier Leuten. Ein Jurist ohne Fußball-Hintergrund. Rebbe wurde die Aufnahme in die Geschäftsführung verwehrt, dadurch wurde seine Position intern wie extern geschwächt. Unterstützung erhält der Manager-Novize so gut wie keine. Von wem auch?
Labbadia muss den Teamgeist erwecken
Ein starkes Duo wie einst Klaus Allofs/Dieter Hecking, das die sportlichen Interessen des Vereins im VW-Konzern offensiv vorbringen und dadurch Erfolge wie den Pokalsieg und die Vizemeisterschaft 2015 feiern konnte, ist nicht in Sicht. Volkswagen hat noch immer mit den Auswirkungen der Abgas-Affäre zu kämpfen, das Wohlergehen der Tochtergesellschaft VfL ist da zweitrangig.
Nicht wenige Fans befürchten, dass manche Spieler ähnlich denken. Ein großer Zusammenhalt der qualitativ guten und auch gut bezahlten Einzelspieler war auch in dieser Saison nicht zu erkennen. Hier wird Labbadia ansetzen müssen.