Hamburg. Abwehrspielerin Nicola Scharlau beendet nach der laufenden Saison in der Hallenbundesliga ihre lange Karriere.
Wie sieht der perfekte Abschied vom Leistungssport aus? Nicola Scharlau hat viel nachgedacht über diese Frage, und das hat einen Grund. 30 Jahre ist die Abwehrspezialistin des Uhlenhorster HC alt und in ihren Beruf als kaufmännische Leiterin im Druckunternehmen ihres Vaters so sehr eingebunden, dass sie seit drei Jahren kämpfen muss, um Bundesligahockey und Arbeitsalltag miteinander vereinbar zu halten.
Bislang hat das so gut funktioniert, dass sich die studierte Betriebswirtschaftlerin noch gegen jede Konkurrentin durchgesetzt hat, seit sie 2004 ihre erste Saison im Damenteam des UHC absolvierte. Nun jedoch hat sie die Antwort auf die eingangs gestellte Frage für sich gefunden. „Nach dieser Hallensaison ist definitiv Schluss für mich mit Bundesligahockey“, sagt die Winterhuderin, die für diese Entscheidung zwei Gründe nennt.
Optimalen Abgang ermöglichen
Natürlich wäre der Zeitpunkt abzutreten im Sommer perfekt gewesen, nachdem Nicola Scharlau mit den UHC-Damen erstmals in der Vereinsgeschichte das Double aus Hallen- und Feldmeisterschaft gewonnen hatte. Aber zur Hallen-Endrunde im vergangenen Februar in Mülheim hatte sie es nicht in den Kader geschafft. Und weil Nicola Scharlau ihre persönliche Zufriedenheit nicht in Titeln misst, sondern an ihrer eigenen Leistung, wollte sie sich unbedingt noch einmal beweisen. Zum anderen reizt sie die Teilnahme am Hallen-Europapokal im schottischen Dundee Ende Februar. „Als wir diesen Titel 2015 zum bislang einzigen Mal holten, war ich leider verletzt. Deshalb würde ich gern zum Abschluss meiner Karriere auch diesen Pokal einmal gewinnen“, sagt sie.
Dass ihre Teamkolleginnen alles geben werden, um ihr einen optimalen Abgang zu ermöglichen, daran lässt Spielführerin Janne Müller-Wieland keinen Zweifel. „Nicos Abgang wird für uns ein herber Verlust sein. Ich halte sie für die beste Bundesligaspielerin unter allen Nicht-Nationalspielerinnen. Mit ihrer ruhigen Art und ihrer Übersicht im Spielaufbau hat sie mir immer den Rücken freigehalten und mir ermöglicht, meinen Spielstil durchzuziehen“, sagt sie. Cheftrainer Claas Henkel hält Scharlau für „die am meisten unterschätzte Spielerin. Sie ist enorm wichtig für uns, so etwas wie die Grande Dame des UHC.“
Runderneuertes Team
Tatsächlich steht keine Spielerin länger als Scharlau im Kader der Ersten Damen. „In meiner ersten Saison sind wir fast aus der Zweiten Liga abgestiegen. Wenn ich sehe, wie wir uns seitdem entwickelt haben, macht mich das sehr stolz auf unseren Weg“, sagt sie mit Blick auf neun deutsche Feld-Endspiele in Serie, aus denen fünfmal der Titel heraussprang. Wobei das, wie sie betont, nicht vorrangig ist: „Viel wichtiger ist mir die Entwicklung, die wir als Team nehmen.“
Wohin der Weg des im Sommer runderneuerten Teams in ihrer letzten Hallensaison geht, kann Nicola Scharlau noch nicht abschätzen. Nach drei Spielen steht der UHC mit drei klaren Siegen auf Rang zwei, hat aber an diesem Wochenende gegen den Club an der Alster (Fr., 20.30 Uhr, Hallerstraße) und den punktgleichen Tabellenführer Harvestehuder THC (Sa., 14 Uhr, Wesselblek) die ersten Duelle mit den beiden Konkurrenten um die zwei Viertelfinalplätze vor sich. „Danach werden wir besser einschätzen können, was möglich ist“, sagt sie.
Leben ohne Hockey unmöglich
Unmöglich ist für Nicola Scharlau ein Leben ohne Hockey. Im März geht sie für dreieinhalb Monate auf Südostasienreise, anschließend will sie sich ein ambitioniertes Hobbyteam suchen, um weiterhin einen Ausgleich zum Beruf zu haben – aber nur noch mit Spaß und ohne Zeit- und Leistungsdruck. Über den perfekten Abschied vom Sport kann sie dann in den nächsten 30 Jahren nachdenken.