Hamburg. Hannelore Ratzeburg ist die mächtigste Frau im DFB. Nach 41 Jahren gibt sie jetzt ihr Ehrenamt beim Hamburger Verband auf.
Über ihr Privatleben spricht Hannelore Ratzeburg ungern. „Ich möchte auch etwas bei mir behalten. Es wird genug über mich geschrieben.“ Aber was sie an ihrem 66. Geburtstag macht, das verrät sie schon? „Ist das ein Sonntag?“, fragt sie scheinbar unwissend zurück. Ja, der 18. Juni ist ein Sonntag. „Nichts Besonderes“, erklärt sie dann. „Wenn schönes Wetter ist, unternehme ich sicherlich etwas. Vielleicht kommt auch Besuch. Vorbereitet habe ich jedenfalls nichts.“
Der Udo-Jürgens-Schlagertext, „mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, gehört nicht zu den guten Vorsätzen dieser Frau in Rente. Warum auch? Hannelore Ratzeburg ist eine Legende, Trägerin des Verdienstkreuzes, die mächtigste Frau im deutschen Fußball. Ihre Kompetenz ist über alle Zweifel erhaben, darüber herrscht Einigkeit in der Männerdomäne. Durch ihre jahrzehntelange Arbeit für und mit Frauen hat sie geholfen, in Deutschland, aber auch international, den Frauenfußball und damit die Gleichberechtigung entscheidend nach vorn zu treiben. So ein dickes Lob muss man sich erst mal verdienen. Auch und besonders als Frau.
„Ich bin ein Urgestein“
21 Jahre war sie Mitglied in der Fifa-Kommission für Frauenfußball. „Damals war ich die einzige Frau, heute ist ein Mann die Ausnahme.“ Seit 40 Jahren arbeitet sie in führenden Positionen beim Deutschen Fußball-Bund, 41 Jahre für den Hamburger Verband. „Ich bin ein Urgestein“, sagt sie, und das ist eine pragmatische Feststellung, kein Eigenlob. „Was andere nachgucken müssen, habe ich parat. Weil ich dabei war.“ Am Freitagabend wird sie auf dem Hamburger Verbandstag als Vorsitzende des Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball verabschiedet. Es ist ihr kleinstes Ehrenamt.
Den Fifa-Job hat sie zwar schon 2011 beendet, als DFB-Vizepräsidentin will sie jedoch weiter machen. Es ist grad viel zu tun im weltweit größten nationalen Fachverband. Die Welt rund um das heimische WM-Sommermärchen 2006 war nicht so heil, wie sie schien. Korruption, Betrug und Lügen haben im vermeintlich unbestechlichen Deutschland Spuren hinterlassen. „Es hat uns tief getroffen.“ Bis 2019 ist Ratzeburg noch gewählt, bis 70 darf sie ein Amt ausüben. „Die Arbeit macht mir immer noch großen Spaß“, sagt sie.
Schon als Mädchen nicht abhängig
Allerdings fordert das Älterwerden auch von ihr Tribut. Flüge zu internationalen Kongressen, zu den Sportgroßveranstaltungen in aller Welt, aber auch die Basisarbeit, Workshops mit Frauen für Frauen, Coaching-Angebote und bis vor einem Jahr ihre Arbeit als Vorschullehrerin – ganz oder gar nicht, so hat sie die Aufgaben angenommen und weiter entwickelt. Aber nun tritt sie kürzer. „Ich gebe mein Amt hier auf, weil ich meinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde. “
Das und nur das ist ihre Messlatte. Schon als kleines Mädchen wusste sie, was sie nicht wollte: abhängig sein. Damals in den 50ern war der Mann im Haus noch der Mann im Haus. Er durfte den Arbeitsplatz der Ehefrau kündigen, ohne sie darüber zu informieren. Im noch jungen Grundgesetz gab es zwar das Ehe- und Familienrecht, aber wenn sich die Partner nicht einigen konnten, hatte der Mann das letzte Wort. „Ich hatte schon damals das starke Gefühl, das ist nicht gerecht. Daran muss sich etwas ändern.“
Gleichberechtigung ist ihr Thema
Gleichberechtigung für Frauen, das war und ist ihr Thema. Über den Fußball hat sie ihre Haltung in die Gesellschaft hinein getragen. Heute ist Frauenfußball fester Bestandteil nationaler und internationaler Spielbetriebe. Die Sportlerinnen sind selbstbewusst, die Einschaltquoten gut. Und seit selbst Kopftücher und Ganzkörperverhüllung keine Hindernisse sind, um Fußball zu spielen, hat der Sport auch eine politische Dimension. Die Frauen danken.
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