Paris. Der Hamburger sprach nach seiner Niederlage bei den French Open ungeduscht Tacheles. Boris Becker hat eine eigene Erklärung.
Alexander Zverev zerbrach wutentbrannt sein Racket und schrie seinen Frust in den wolkenverhangenen Himmel von Paris. Ausgerechnet der Hoffnungsträger hat mit seiner überraschenden Auftaktniederlage das schlechteste Abschneiden der deutschen Tennisprofis bei den French Open seit 2008 besiegelt. Es droht die große Tristesse am Bois de Boulogne.
In einer Hängepartie über zwei Tage musste sich der als Mitfavorit gehandelte Zverev mit 4:6, 6:3, 4:6, 2:6 dem Spanier Fernando Verdasco (ATP-Nr. 37) geschlagen geben. Nur fünf Minuten nach dem Matchball der insgesamt 2:53-stündigen Partie saß der an Nummer neun gesetzte Hamburger in der Pressekonferenz – und sprach ungeduscht Tacheles.
Becker gibt dem Hype die Schuld
„Ich habe absolut scheiße gespielt. So einfach ist das. Ich habe den Ball nicht gespürt, war zu kurz und passiv“, sagte Zverev mit ruhiger Stimme und relativ gefasst. Wie lange er an dem frühen Aus knabbern wird, wusste er nicht. „Aber das ist jetzt kein Drama und nicht das Ende der Welt. Trotzdem schade, dass man bei einem Grand Slam so spielt“, fügte der Masters-Sieger von Rom an.
Boris Becker indes glaubt, dass der Trubel der letzten Zeit dem Riesentalent nicht gut getan hat. „Sascha ist die Nummer zehn der Welt. Alle klopfen ihm auf die Schulter und sagen, ‘du bist der nächste Superstar’“, meinte Eurosport-Experte Becker: „Und das glaubt man natürlich schnell, wenn man 20 ist.“
Schlechtestes deutsches Grand-Slam-Ergebnis seit 2008
Damit steht beim bedeutendsten Sandplatzturnier erstmals seit 2008 kein männlicher DTB-Starter in der zweiten Runde. Am Dienstagabend unterlag Jan-Lennard Struff (Warstein) dem Tschechen Tomas Berdych. Am dritten Turniertag erwischte es zudem Philipp Kohlschreiber (Augsburg) und Mona Barthel (Neumünster).
Von 13 im Haupfeld gestarteten Deutschen (sieben Frauen, sechs Männer) konnten lediglich Carina Witthöft (Hamburg) und Tatjana Maria (Bad Saulgau) ihre Auftakthürden meistern, auch die topgesetzte Angelique Kerber (Kiel) ist bereits ausgeschieden. Es ist aus deutscher Sicht das schlechteste Abschneiden bei einem Grand-Slam-Turnier seit neun Jahren.
Racket auf den Boden geschleudert und zerbrochen
Vor lauter Frust hatte Zverev nach dem vorentscheidenden Break im vierten Satz zum 0:2 sein Racket auf den Boden geschleudert, es dann vollends zerbrochen – und dafür eine Verwarnung kassiert. Insgesamt gab der 1,98-Meter-Schlaks achtmal sein Service ab.
Bezeichnenderweise mit dem 50. unerzwungenen Fehler von Zverev ging das Match zu Ende, er muss damit weiter auf das Erreichen der zweiten Woche bei einem Major-Event warten. Der Jungstar, der erstmals als Top-Ten-Spieler in ein Grand-Slam-Turnier gegangen war, suchte nach seiner bescheidenen Vorstellung nicht nach Entschuldigungen.
Allerdings war deutlich erkennbar, dass dem einst weltbesten Junior die windigen Verhältnisse und die Platzbeschaffenheit (“Mehr Sand“) des Centre-Courts nicht behagten.
Fokus jetzt auf Rasensaison
Zverev war als einziger Spieler neben Paris-Rekordsieger Rafael Nadal (Spanien) mit mehr als einem Sandplatztitel 2017 an die Seine gereist. Doch bei der Fortsetzung des Matchs – rund 17 Stunden nach dem Abbruch am Montagabend wegen Dunkelheit – agierte der Hamburger zu fehlerhaft. „Sascha wusste gar nicht, wie er spielen sollte“, meinte Becker.
Trotz des Dämpfers hat der jüngere der beiden Zverev-Brüder allen Grund, bei den Gerry Weber Open in Halle (Westfalen) vom 19. Juni an zuversichtlich in die Rasenzeit zu starten. „Ich habe schließlich in diesem Jahr drei Turniere gewonnen und stehe in der Saisonwertung auf Platz vier“, meinte Zverev selbstbewusst.
Der zuletzt an einer Fußverletzung laborierende Kohlschreiber mühte sich gegen Nick Kyrgios (Nr. 18), musste sich dem Australier aber mit 3:6, 6:7 (4:7), 3:6 geschlagen geben. Barthel verlor gut drei Wochen nach ihrem Turniersieg in Prag mit 0:6, 4:6 gegen Zwetana Pironkowa (Bulgarien).