Wolfsburg. Nationalstürmer erzielt den goldenen Treffer im Hinspiel der Relegation. Doch dazu hätte es wohl gar nicht erst kommen dürfen.
Ein Elfmeter-Geschenk lässt den VfL Wolfsburg auf ein Happy End nach einer desaströsen Bundesliga-Saison hoffen. Nach einem fragwürdigen Handelfmeter schoss Mario Gomez die millionenschwere VfL-Elf zu einem 1:0 (1:0) am Donnerstag im brisanten Relegations-Hinspiel gegen den niedersächsischen Nachbarn Eintracht Braunschweig. Damit haben die so tief abgestürzten Wolfsburger einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur 21. Bundesliga-Saison gemacht. Der Zweitliga-Dritte und krasse Außenseiter Braunschweig kann aber am Montag im Rückspiel vor eigener Kulisse die Rückkehr ins Oberhaus nach drei Jahren noch schaffen.
Die entscheidende Szene des Spiels resultierte vor 29.100 Zuschauern aus der 34. Minute. Zunächst übersah Schiedsrichter Sasacha Stegemann ein Handspiel von Gomez, ehe er beim anschließenden Torschuss von Yunus Malli auf Handelfmeter entschied. Aus kurzer Entfernung war Gustav Valsvik am zurückgezogenen Arm getroffen worden - eine harte Entscheidung. Gomez, in der abgelaufenen Saison mit 16 Toren schon bester Wolfsburger Schütze, traf sicher vom Punkt (35.).
Lieberknecht: "Deshalb hasse ich die Relegation"
"Das war eine klare Fehlentscheidung", urteilte nicht nur ARD-Experte Stefan Effenberg: "Der Schiedsrichter hatte perfekte Sicht." Braaunschweigs Mirko Boland, der zuvor die große Chance zur Führung ausgelassen hatte, meinte: "Das war sehr, sehr fragwürdig." Deutlich wurde Eintracht-Trainer Torsten Lieberknecht, der allerdings den Schiedsrichter sogar auch in Schutz nahm: "Es ist ja keine Entscheidung, die er bewusst trifft", sagte Lieberknecht, der auch an die umstrittene Freistoß-Entscheidung vor zwei Jahren im Rückspiel zwischen dem damaligen Zweitligisten Karlsruher SC und dem HSV dachte: "Deswegen hasse ich diese Relegation. Der KSC hat es leidgeprüft erfahren müssen, heute wir."
So wird der Elfmeterpfiff im Netz diskutiert
Wolfsburgs Coach Andries Jonker hingegen meinte lapidar: "Es ist mir komplett egal." Und sein Spieler Daniel Didavi sagte zu der Elfmeterszene: "Ich habe die Situation nicht gesehen." Dafür erhielt der Wolfsburger indirekt eine Rüge von ARD-Moderator Matthias Opdenhövel: "Natürlich hängen in der Kabine mehrere Monitore,"
Emotionen auf dem Platz
Ein „Derby wie Schalke gegen Dortmund oder Atlético gegen Real“, hatte der mächtige VfL-Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz das Nachbarschaftsduell gar bezeichnet. Entsprechend massiv war das Polizeiaufgebot, das die rivalisierenden Anhänger aus beiden Lagern strikt trennte. Mit Fanmärschen hatten sich beide Fangruppen auf das hochbrisante Spiel eingestimmt. Schließlich stand insbesondere für die Wolfsburger angesichts des drohenden Abstiegs nach 20 Jahren Bundesliga viel auf dem Spiel.
Emotional ging es auch auf dem Platz zu. In einem Nervenspiel bestimmten viele Zweikämpfe und Freistöße das Bild. Der VfL versuchte die Angelegenheit mit seinem ganzen Potenzial fußballerisch zu lösen, die Eintracht hielt unbändigen Kampfgeist und Einsatzbereitschaft dagegen. Ähnlich lebte es Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht an der Seitenlinie vor, der bereits in der ersten Halbzeit zur Höchstform auflief und immer wieder den vierten Offiziellen in Diskussionen verstrickte.
Boland vergibt die Riesenchance
Bei mehreren Freistößen entwickelte der VfL in der Anfangsphase Gefahr, doch mal konnte Luiz Gustavo den Ball nicht mehr richtig aufs Tor bringen (2.), dann verpasste Gomez knapp (11.) oder Schlussmann Jasmin Fejzic war zur Stelle (14. und 20.). Die größte Torchance besaß aber zunächst der Außenseiter. Nach einer Flanke von Christoffer Nyman kam Boland völlig frei aus kurzer Entfernung zum Kopfball, konnte den Ball aber nicht im Tor unterbringen (23.).
Es wäre ein Nackenschlag für die mit Champions-League-Ambitionen in die Saison gestarteten Wolfsburger gewesen. Stattdessen beruhigte sich das Nervenkostüm von Trainer Andries Jonker und der VfL-Gemeinde kurz darauf - wenngleich eine Fehlentscheidung Stegemanns beim Elfmeter ein wenig mithalf. So war Lieberknecht anschließend völlig außer sich.
Ein Spiegelbild der Wolfsburger Saison
Irgendwie war die erste Halbzeit aber auch ein Spiegelbild der gesamten Saison. Durchaus ansprechend spielten die Gastgeber Fußball, doch allzu viel sprang nicht heraus. Schon im letzten Saisonspiel beim Hamburger SV (1:2) hatten sich die Niedersachsen wenige Minuten vor Schluss den Klassenverbleib entreißen lassen.
Das soll sich gegen Braunschweig nicht wiederholen. Und kurz nach der Pause hätte der VfL die Führung deutlich aufstocken könnte. So hatte zunächst Daniel Didavi die Chance zum 2:0, als er Fejzic umkurvte, den Ball aber nicht mehr auf das Tor bringen konnte (50.). Dann zwang Gomez mit einem Kopfball den starken Braunschweiger Keeper zu einer Parade (55.). Wolfsburg blieb die spielbestimmende Mannschaft, Braunschweig kam dagegen selbst nicht zu zwingenden Aktionen. Dafür traf die Gastgeber noch die Verletzung von Mittelfeldspieler Josuha Guilavogui, der womöglich im Rückspiel ausfällt.