Dortmund. News-Blog zur Sprengstoff-Attacke auf BVB-Bus: Bartra-OP verläuft gut. Spanier meldet sich aus Klinik und erfährt viel Solidarität.
Die Anzeichen verdichten sich, dass es sich bei der Sprengstoff-Attacke gegen den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund um einen Terroranschlag mit islamistischem Hintergrund handelt. Im Zuge der Ermittlungen wurde ein Islamist vorläufig festgenommen. Der BVB will trotz des Schocks nicht vor dem Terror einknicken und bestritt am Abend das Nachholspiel im Viertelfinale der Champions League gegen den AS Monaco. Bei dem Angriff waren BVB-Verteidiger Marc Bartra, dessen OP gut verlaufen ist, sowie ein Polizist schwer verletzt worden. Verfolgen Sie die Entwicklung hier im News-Blog.
Spezialisten geben Entwarnung
Nach kurzer Zeit konnten Spezialisten nach dem Fund der verdächtigen Gegenstände Entwarnung geben. Beamten waren zwei Rucksäcke und ein Roller aufgefallen, wie die Dortmunder Polizei am Abend twitterte.
Neue verdächtige Gegenstände entdeckt
Im Bereich des Ausgangs Süd-Ost des Signal-Idunas-Parks hat die Polizei zwei verdächtige Gegenstände entdeckt. Deshalb wurde der Bereich abgesperrt. Wie die Dortmunder Polizei mitteilte, sollen Spezialisten diese Gegenstände überprüfen.
Wegen der andauernden Maßnahmen steht der Süd-Ost-Ausgang nach Spielende nicht zur Verfügung. Die Zuschauer wurden gebeten, das Stadion über die verbleibenden Ausgänge der Nordtribüne zu verlassen. Es handele sich um eine erforderliche Vorsichtsmaßnahme.
Psychologe: Ereignis kann Verein verändern
Nach Ansicht des Psychologen, Theologen und Sportwissenschaftlers Prof. Dr. Andreas Marlovits ist es zwar problematisch, das Spiel nur einen Tag nach dem Anschlag neu anzusetzen. "Um halbwegs wettbewerbsgleich im Spiel zu starten, wären ein paar Tage deutlich besser gewesen", sagte der 51-Jährige dem Abendblatt. Dass die Partie grundsätzlich an gleicher Stätte ausgetragen werde, sei dagegen schon eher akzeptabel. "Die Spielstätte selbst ist ja nicht Ort des Anschlags gewesen. Insofern setzt man die Spieler nicht einer erneuten Belastung aus. Wichtig wird sein, dass man das Gefühl vermittelt, dass das Stadion sicher ist", sagte Marlovits.
Gleichwohl könne ein solches Ereignis die Mannschaft sowie den gesamten Verein samt seines Umfeldes grundsätzlich verändern. "Man kann es ja nicht wegleugnen. Man wurde Angriff eines Anschlags, der einen fassungslos und ohnmächtig zurücklässt. Als Fan fühlt man sich in seiner leidenschaftlichen Verbundenheit mit dem Verein auch ein Stückweit so, als wenn man selbst angegriffen wurde", sagte Marlovits, der als Sportpsychologe in den letzten Jahren für verschiedene Bundesligavereine arbeitete.
Einen Namen hat er sich in der erfolgreichen Begleitung von Teams in teils schweren Krisensituationen gemacht. So wurde er für das Team vom VfL Wolfsburg unmittelbar nach dem tragischen Unfalltod von Junior Malanda hinzugezogen oder nach dem Freitod Robert Enkes bei Hannover 96.
Uefa widerspricht Tuchels Nachholspiel-Kritik
Die Uefa widerspricht der Darstellung von BVB-Coach Thomas Tuchel, sie habe in ihrer Verbandszentrale in Nyon ohne Rücksprache mit den beteiligten Vereinen das Spiel für den Mittwochabend neu angesetzt. "Die Entscheidung, das Spiel am Mittwoch um 18.45 Uhr nachzuholen, wurde nach einer Sitzung im Stadion des BVB in Dortmund am Dienstagabend unter Beteiligung von Uefa, Vertretern beider Klubs und den Behörden vor Ort getroffen. Die Anstoßzeit wurde aus logistischen Gründen gewählt, auch damit der AS Monaco noch am selben Abend nach Hause reisen kann, um die Vorbereitung auf sein Ligaspiel am Wochenende nicht zu beeinträchtigen", sagte die Uefa der "Rheinischen Post".
Tuchel hatte vor dem Anpfiff am Mittwoch bei "Sky" gesagt: "Wir hätten uns mehr Zeit gewünscht, damit umzugehen. Letztendlich wurde in Nyon in der Schweiz entschieden, ob gleich noch oder am nächsten Tag gespielt wird, ohne dass irgendwie das Ausmaß klar war. Es ist ein etwas ohnmächtiges Gefühl."
T-Shirt-Aktion für Bartra
Der BVB rückt eng zusammen: Zum Aufwärmprogramm vor dem Hinspiel gegen Monaco liefen die Spieler in gelben Shirts mit dem aufgedruckten Gesicht des beim Anschlag verletzten Innenverteidigers Marc Bartra und dem Schriftzug "Mucha Fuerza" (zu deutsch: viel Kraft) auf.
Bei der Ankunft am Stadion feierten Dortmund- und Monaco-Fans gemeinsam und trotzten somit dem Terror. In der Arena fielen die Gäste-Fans erneut durch "Dortmund, Dortmund"-Sprechchöre positiv auf, was von den Anhängern des Fußball-Bundesligisten mit Applaus honoriert wurde.
"Dortmund, Dortmund" Les supporters saluent l'arrivée des joueurs du @BVB ! #BVBASM pic.twitter.com/ITvBKiNRqU
— AS MONACO (@AS_Monaco) 12. April 2017
Tuchel kritisiert Neuansetzung
Derweil hat Borussia-Trainer Thomas Tuchel die Neuansetzung des Champions-League-Spiels keine 24 Stunden nach dem Anschlag auf den Teambus kritisiert. "Wir hätten uns gewünscht, mehr Zeit zu bekommen, das zu verarbeiten. Wir hätten uns mehr Zeit gewünscht, damit umzugehen", sagte Tuchel vor dem Anpfiff bei "Sky": "Jeder Spieler hat das gute Recht, mit einem etwas mulmigen Gefühl zu beginnen."
Die Konzentration auf den Sport sei schwierig. "Mit der Vorgeschichte und der Anstoßzeit fühlt sich das erstmal nicht wie ein Champions-League-Feiertag an", sagte Tuchel. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte bei "Sky": "Die Terminproblematik war mir egal. Mir ging es darum zu zeigen, uns nicht unseren Terminplan diktieren zu lassen und uns nicht unsere freiheitliche Lebensweise nehmen zu lassen."
Iraker festgenommen, Deutscher im Fokus
Wer steckt hinter der Sprengstoff-Attacke auf den BVB-Bus? Die Bundesanwaltschaft geht von einem Terroranschlag aus. "Deshalb haben wir die Ermittlungen übernommen", sagte Sprecherin Frauke Köhler. Auch ein islamistischer Hintergrund sei möglich, da am Tatort drei textgleiche Bekennerschreiben gefunden wurden.
Im Zuge der bisherigen Ermittlungen sind zwei Verdächtige aus dem islamistischen Spektrum in den Fokus der Strafverfolgung gerückt. Die Wohnungen der beiden Beschuldigten wurden durchsucht, einer der Männer wurde daraufhin vorläufig festgenommen. "Wir prüfen derzeit einen Haftbefehl", sagte Köhler. Das konkrete Motiv der Tat sei noch unklar.
Wie die dpa erfuhr, wurde der Islamist im nordrhein-westfälischen Wuppertal in Gewahrsam genommen. Es soll sich um einen 25-jährigen Iraker handeln. Bei dem zweiten Tatverdächtigen handelt es sich demnach um einen 28-jährigen Deutschen aus Fröndenberg im Kreis Unna.
Die Sprengsätze waren mit Metallstiften bestückt. Ein Metallstift hatte sich in die Kopfstütze eines Bussitzes gebohrt. Die Sprengsätze hatten eine Sprengwirkung von mehr als 100 Metern. "Wir können daher von Glück sagen, dass nichts Schlimmeres passiert ist", so Köhler. "Die Frage nach dem Zündmechanismus und der Art des verwendeten Sprengstoffes ist derzeit Gegenstand der kriminaltechnischen Untersuchungen."
Bekennerschreiben zieht Bezug zu Berlin-Anschlag
Das erste Bekennerschreiben, das am Dienstagabend in Tatortnähe auftauchte, weist einen islamistischen Hintergrund auf. Darin wird auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten und den Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge in Syrien Bezug genommen. Konkret wird behauptet, dass deutsche Tornados daran beteiligt seien, Muslime im Kalifat des sogenannten Islamischen Staates (IS) zu ermorden.
Das Schreiben ist auf einer Seite und auf Deutsch verfasst. Nach Abendblatt-Informationen bewertet das Bundeskriminalamt das Schreiben als "atypisch", geht aber von Echtheit aus. Zudem sei das Vorgehen der Täter im Vergleich zu früheren Terrorattacken mit IS-Bezug, bei denen viele Menschen ums Leben gekommen waren, untypisch.
Die Behörde befürchtet weitere Terroranschläge auf "Ungläubige" im gesamten Bundesgebiet. Eine Ringfahndung wurde ausgelöst. Außerdem wurden kurz nach dem Anschlag bekannte Gefährder aus der Islamisten- und Rechtsextremenszene überprüft. "Die Ermittlungsbehörde hat unsere volle Unterstützung und wird alles dafür tun, die Täter zu identifizieren", kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert an, der die Tat als "widerwärtig" bezeichnete. Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholte Seiberts Worte wenig später auf einer Pressekonferenz.
Prominente angeblich auf IS-Todesliste
Das Bekennerschreiben beginnt mit den Worten "Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen". Merkel wird in dem Brief namentlich genannt. "Anscheinend scherst du dich Merkel nicht um deinen kleinen dreckigen Untertanen. Deine Tornados fliegen immer noch über dem Boden des Kalifats, um Muslime zu ermorden.“
Deshalb stünden ab sofort "ungläubige Schauspieler, Sänger, Sportler und sämtliche Prominente in Deutschland und anderen Kreuzfahrer-Nationen" auf einer "Todesliste des Islamischen Staates", heißt es in dem Schreiben. Dies gelte so lange, bis die deutschen Tornados abgezogen und die US-Luftwaffenbasis in Ramstein (Rheinland-Pfalz) geschlossen werde. Das Schreiben wurde nicht handschriftlich, sondern mit dem Computer verfasst und trägt keine Unterschrift.
In Sicherheitskreisen wurde aber intensiv darauf hingewiesen, dass ein islamistischer Hintergrund des Anschlags weiterhin nicht geklärt sei. Es seien weitere Überprüfungen notwendig. Auch eine Fälschung sei denkbar. Es könne sich nach wie vor auch um gewaltbereite Fußballfans, Erpresser oder andere Täter handeln.
Zweites Bekennerschreiben aus Antifa-Szene
Die Ermittler prüfen in diesem Zusammenhang offenbar auch die Authentizität eines zweiten Bekennerschreibens, das möglicherweise aus der antifaschistischen Szene kommt und inzwischen gelöscht wurde. "Nach erster Bewertung bestehen erhebliche Zweifel an der Echtheit des Briefes", so Köhler. In dem am späten Dienstagabend im Internet verbreiteten Schreiben wurde in Antifa-Duktus erklärt, der Bus sei mit eigens für den Anschlag angefertigten Sprengsätzen als „Symbol für die Politik des BVB“ attackiert worden, die sich nicht genügend gegen Rassisten, Nazis und Rechtspopulisten einsetze.
„Wir halten das Schreiben für einen Nazifake“, teilten die Betreiber des Internetportals Indymedia, wo das Schreiben veröffentlicht wurde, der Deutschen Presse-Agentur mit. „Weder Inhalt noch Sprache deuten auf einen linken Hintergrund hin, deshalb haben wir es bereits sehr kurz nach der Veröffentlichung gelöscht.“
Bartra hebt den Daumen nach OP
BVB-Verteidiger Marc Bartra wurde noch in der Nacht in einem Dortmunder Krankenhaus wegen einer gebrochenen Speiche im rechten Handgelenk und diversen Fremdkörper-Einsprengungen operiert. Ein mediales Gerücht, der Spanier sei diese Saison nicht mehr einsatzfähig, dementierte der Club umgehend. Auf seinem offiziellen Twitter-Account änderte die Borussia das Profilfoto, das nun nicht mehr das Vereinslogo, sondern Bartra, wie er kämpferisch die Faust in die Höhe reckt, zeigt, mit der Aufschrift "Mucha Fuerza" (auf Deutsch: viel Kraft).
Klasse! pic.twitter.com/wjLNVfYTUz
— Florian Groeger (@RN_Florian) 12. April 2017
Am Mittwochnachmittag meldete sich Bartra via Instagram zu Wort. Die OP sei gut verlaufen, so der Abwehrspieler. „Wie man sehen kann, geht es mir besser. Ich danke allen für die Unterstützung und Nachrichten“, schrieb er in einem Beitrag, der ihn mit einem komplett bandagiertem Arm, aber auch einem Lächeln im Gesicht, zeigt. Sein Vater José Bartra hatte sich zuvor in mehreren spanischen TV-Sendern über den Gesundheitszustand seines Sohnes geäußert. "Ihm brummt der Schädel", berichtete der Vater.
Rauball: Ich bin unendlich traurig
Club-Präsident Reinhard Rauball erklärte gegenüber dem Abendblatt, dass er in der Nacht kaum ein Auge zumachen konnte. "Die Mannschaft ist unser Heiligtum. Die attackiert zu sehen, macht sprachlos und bedrückt. Das ist etwas, das man erst einmal verarbeiten muss, um zur Normalität übergehen zu können", sagte der 70-Jährige. "Ich bin unendlich traurig, dass ich so etwas erleben muss und dass vor allem die Mannschaft und die Fans so etwas erleben müssen."
Nach Terroranschlägen in Berlin, Stockholm, Paris, Nizza und München macht sich Rauball Sorgen um die Sicherheit der Bevölkerung. "Unsere Welt ist in vielen Bereichen in eine Schieflage geraten. Es gibt immer wieder Vorfälle, die das zum Vorschein bringen. Wir müssen uns ganz generell Gedanken machen, wohin unsere Gesellschaft driftet, wenn derartige Dinge passieren und sogar häufig passieren."
BVB-Profis war Einsatz freigestellt
Wenige Stunden vor dem Spiel teilte die Borussia mit, dass Bartra die Partie im Fernsehen verfolgen werde „und seinen Teamkollegen die Daumen drückt“. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut. "Marc hat sich sehr gefreut und war sichtlich gerührt, dass ihn so viele Teamkollegen und Verantwortliche seit gestern besucht haben“, hieß es.
Welche Mitspieler Bartra dann im TV sehen wird, war am Mittwochnachmittag noch ungewiss, da die Profis selber entscheiden durften, ob sie spielen wollen. "Es ist so, dass wir darüber gesprochen haben. Die Jungs sind gefragt worden, wie sie sich fühlen. Und wenn einer sagen kann, er fühlt sich absolut nicht in der Lage zu spielen, dann ist es ihm auch freigestellt", sagte BVB-Torwarttrainer Wolfgang "Teddy" de Beer der "Rheinischen Post".
De Maizière kündigt BVB-Besuch an
Unterdessen besuchte Bundesinnenminister Thomas de Maizière das Champions-League-Spiel von Dortmund gegen Monaco. Dies sei auch ein Zeichen der Solidarität, sagte Tobias Plate, Sprecher des Bundesinnenministeriums. De Maizière vertritt damit die Bundesregierung und wurde von BVB-Trainer Thomas Tuchel herzlich in Empfang genommen. Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war bei der Partie im Stadion.
Fürst Albert II. von Monaco hat derweil den Anschlag auf den BVB-Bus verurteilt. "Es geht weit über den Fußball hinaus. Es ist einfach schrecklich und abscheulich", sagte der 59-Jährige, der selbst in Dortmund vor Ort war: "Der Sport darf sich nicht als Geisel nehmen lassen."
Am Morgen sichert die Polizei den Tatort in Dortmund mit massiven Kräften ab. An den Zufahrten standen Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen. Querstehenden Polizeiautos blockierten die Straßen.
Watzke appelliert an BVB-Elf
Die Mannschaft der Borussia hat sich am Morgen am Trainingsgelände im Dortmunder Stadtbezirk Brackel getroffen und versucht, zum Tagesgeschäft überzugehen und sich auf das Nachholspiel am Abend vorzubereiten. Ein für diesen Tag ursprünglich geplantes öffentliches Training war vom BVB noch am Dienstagabend abgesagt worden. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke suchte die Mannschaft in der Kabine auf. "Ich habe an sie appelliert, der Gesellschaft zu zeigen, dass wir vor dem Terror nicht einknicken", wurde Watzke in einem Tweet des Clubs zitiert.
Das BVB-Trainingsgelände im Osten der Stadt ist seit dem Morgen stark gesichert. Etliche Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen vor der Anlage, weitere patrouillieren um das Gelände herum. Auch einige Fans und viele Medienvertreter haben sich dort versammelt.
„Die BVB-Familie war immer dann besonders stark, wenn sie schwierige Situationen meistern musste. Dies ist vielleicht die schwierigste Situation, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten. Und ich bin sicher, dass wir uns als BVB so stark und geschlossen wie nie zuvor zeigen werden!“, hieß es von Watzke weiter.
Watzke: BVB muss Unfassbares verarbeiten
Watzke bat alle BVB-Fans darum, das Team „heute 90 Minuten lang mit voller Energie zu unterstützen. Diese Mannschaft musste in kürzester Zeit Unfassbares verarbeiten. Wir alle sollten ihr dabei helfen, über sich hinauszuwachsen.“ Die Mannschaft spiele heute nicht nur für sich selbst: "Egal, ob Borusse, Bayer oder Schalker. Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen. Und wir spielen natürlich für Marc Bartra, der sein Team siegen sehen will." Kapitän Marcel Schmelzer ergänzte: „Wir sind alle geschockt und in Gedanken bei Marc.“
Laut Borussia-Geschäftsführer Watzke war die Neuansetzung des Viertelfinal-Hinspiels gegen Monaco keine 24 Stunden nach dem Anschlag alternativlos. "Die Terminsituation zwischen Viertel- und Halbfinale lässt nichts anderes zu", sagte Watzke. Es sei jetzt Aufgabe des Vereins, die Ereignisse zu verarbeiten. In einem Gespräch mit der „Bild“-Zeitung sagte Watzke: „Der Verein ist ohnehin unfassbar geschlossen. Aber wir müssen die Mannschaft in einen spielfähigen Zustand versetzen. Das ist eine Herkulesaufgabe.“
Merkel wertet es als sehr positives Zeichen, dass die Mannschaft nicht vor dem Terror einknickt, sondern in dieser schwierigen Situation spielt, teilte der Verein mit. Das sei aus einem Telefonat der Kanzlerin mit Watzke hervorgegangen. Merkel halte sich permanent über den neuesten Stand auf dem Laufenden und drücke dem BVB für die Partie am Abend die Daumen.
Polizist erlitt Knalltrauma und Schock
Die Polizei teilte am frühen Mittwoch mit, dass neben Bartra auch ein Beamter durch die drei Explosionen gegen 19.15 Uhr neben dem Mannschaftsbus verletzt worden war. Der Polizist fuhr auf einem Motorrad vor dem Bus, um ihn zum Stadion zu begleiten, wie ein Sprecher sagte. Er habe ein Knalltrauma und einen Schock erlitten und sei nicht dienstfähig.
Polizei will Sicherheitsmaßnahmen verstärken
Die Dortmunder Polizei will beim Nachholspiel mit verstärkten Kräften für Sicherheit sorgen. „Wir werden heute natürlich mit starken Kräften hier vor Ort sein im Stadion, werden aber auch versuchen, unser Möglichstes tun, natürlich die Mannschaften zu schützen“, sagte Nina Vogt, Sprecherin der Dortmunder Polizei, am Mittwochmorgen im ZDF. „Wir stehen da mit beiden Vereinen und auch mit allen Sicherheitsbehörden in sehr engen Kontakt“, bekräftigte sie.
Bereits am Abend hatte Polizeipräsident Gregor Lange versprochen, „dass wir alles Menschenmögliche dafür tun, dass das Spiel morgen sicher ablaufen kann.“ So dürfen Anhänger beider Mannschaften keine Rucksäcke mit ins Stadion nehmen. "Die Einlasskontrollen werden aufgrund der Situation sehr streng sein und es kann zu längerer Wartezeit an den Einlässen kommen", teilte der BVB via Twitter mit und bat die Fans, "FRÜH am Stadion zu sein" sowie "Geduld, Ruhe und Verständnis für die Situation mitzubringen".
Kommentar: Vorbildliches Fan-Verhalten
Lobende Worte fand Vogt für das besonnene Verhalten der Fans beider Mannschaften: „Das ist gestern mit sehr viel Ruhe abgelaufen, und das hat uns natürlich als Polizei und sicherlich auch dem Verein sehr geholfen.“
Fans des AS Monaco haben enttäuscht auf die Absage des Spiels reagiert. „Es gibt Enttäuschung, aber das ist ein Anschlag. Das ist schlimm, es ist normal, die Spieler zu schützen, wir werden nicht meckern“, sagte ein Fan namens Raphaël der französischen Sportzeitung „L'Équipe“.
Monaco erstattet jedem Fan 80 Euro
Es hätten sich rund 3000 Anhänger des monegassischen Clubs auf den Weg nach Dortmund gemacht, so das Blatt. Raphaël berichtete, er habe 15 Stunden Fahrt hinter sich. Viele Anhänger wollten bleiben, so das Blatt, um das auf Mittwoch verlegte Spiel zu verfolgen.
"Dortmund" chants from the Monaco fans. #BVBASM pic.twitter.com/me8QI3Yufi
— Sandra Goldschmidt (@SanBorussia) 11. April 2017
Der AS Monaco versprach am Abend, jedem Fan, der in Dortmund übernachtet, 80 Euro zu erstatten. Zahlreiche Fans hätten mit ihrem Arbeitgeber telefoniert, um einen zusätzlichen freien Tag zu bekommen. Der BVB und dessen Fans versuchten, Unterkünfte für die Gäste zu organisieren.
Die französische Fußball-Liga hat derweil auf die Verschiebung des Champions-League-Spiels reagiert und ihren Spielplan für das kommende Wochenende leicht modifiziert. Monaco trifft nun erst Sonnabendabend um 21 Uhr in ihrer nächsten Ligapartie auf Dijon, ursprünglich war das Match bereits für 17 Uhr angesetzt. Monaco habe um die Änderung gebeten, teilte die Profiliga LFP mit. Damit bleiben dem Team ein paar Stunden mehr Zeit zur Erholung und Vorbereitung.
Fans nehmen Fans auf
Am Abend machte ein Foto im sozialen Netzwerk Twitter die Runde, das ein BVB-Fan in seinem Esszimmer gemacht hat. Es zeigt Dortmund- und Monaco-Anhänger beim gemeinsamen Abendessen. Offenbar haben viele Dortmunder spontan Gäste bei sich aufgenommen. Die beiden Fußballclubs informierten per Twitter über die Aktion #bedforawayfans. Viele Twitternutzer teilten den Aufruf begeistert.
„Das ist Fußball!“, schrieb der AS Monaco über ein Bild, das monegassische Fans mit Dortmund Schals im Stadion und gemeinsam mit Borussia-Anhängern in Wohnräumen zeigte. Am Mittwochmorgen bedankte sich der BVB bei seinen Fans: „Danke an alle Fans in und um Dortmund, die #bedforawayfans in der letzten Nacht möglich gemacht haben!“
Hotel bietet Gratis-Übernachtung
Ein Hotel in Lüdinghausen (Westfalen) hatte Monaco-Fans ein kostenloses Obdach angeboten. „Fünf Monegassen haben das Angebot angenommen“, sagte die Tochter der Hotelbesitzerin, Ute Uhlenkott, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochmorgen. Die Gruppe sei mit dem Zug aus dem etwa 30 Minuten entfernten Dortmund angereist. „Da haben sie dann noch einen Schnaps bekommen und sind ins Bett gegangen“, sagte Uhlenkott, selbst eingefleischter BVB-Fan.
Münchner Polizei erhöht Aufgebot
Die Münchner Polizei wird beim Champions-League-Spiel zwischen dem FC Bayern und Real Madrid am Abend infolge des Anschlags mehr Beamte einsetzen als geplant. „Wir haben die Zahl der Beamten auf 450 aufgestockt“, sagte ein Sprecher der Polizei am Mittwoch in München. Damit werden 80 Polizisten mehr im Einsatz sein als ursprünglich geplant.
Zudem hat die Polizei Suchmaßnahmen eingeleitet und wird die Busse mit Spürhunden durchsuchen, bevor die Mannschaften einsteigen. Auch eine andere Route zum Stadion wird geprüft. Diese Maßnahmen beliefen sich aber alle in einem noch üblichen Rahmen. „Denn wir haben derzeit keine Hinweise auf Gefährdungen in München“, sagte der Sprecher.
Der Sprengstoffanschlag hat auch Auswirkungen auf das Sicherheitskonzept des diesjährigen Champions-League-Finals am 3. Juni im walisischen Cardiff. So sollen die Zufahrten für Fahrzeuge innerhalb Cardiffs am Tag des Endspiels begrenzt werden, teilte die Polizei von Süd-Wales am Mittwoch mit.
Grindel kündigt Besuch des Nachholspiels an
DFB-Präsident Reinhard Grindel hat seinen Besuch des Champions-League-Spiels zwischen Bayern München und Real Madrid am Mittwochabend abgesagt und wird stattdessen aus Solidarität nach Dortmund reisen: "Es ist mir persönlich und in meinem Amt als DFB-Präsident wichtig, heute in Dortmund zu sein, um die Verbundenheit des gesamten deutschen Fußballs mit dem BVB zu dokumentieren", sagte Grindel.
Die Borussia erhielt Solidaritätsbekundungen aus der Sportwelt und der Politik. „Meine Gedanken sind bei der Mannschaft“, wurde Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Abend über den Twitter-Account seines Ministeriums zitiert. Auch der HSV, der am 4. April noch in Dortmund gespielt hatte, solidarisierte sich mit dem Bundesligakonkurrenten.
You’ll Never Walk Alone,@BVB! Wir stehen zusammen! #bvbasm
— Hamburger SV (@HSV) 11. April 2017