Hamburg. Das Vertrauensverhältnis zum Drittligateam sei gestört gewesen. Der Trainer glaubt, dass das Problem hätte vermieden werden können.
Der Handball-Sport-Verein (HSV) Hamburg hat seinen Trainer Jens Häusler nach zuletzt zwei Auswärtsniederlagen in Folge mit sofortiger Wirkung freigestellt. Der neue HSV reagierte damit wie einst der alte: Bei sportlichem Misserfolg ist erst einmal der Trainer schuld. Möglicherweise steckt jedoch mehr hinter dem Rauswurf. Doch dazu später.
Präsident Marc Evermann und Sportchef Martin Schwalb teilten dem 49-Jährigen die Entscheidung am Mittwochabend bei einem kurzfristig anberaumten Treffen auf der Geschäftsstelle in der Volksbank-Arena mit. Häusler verabschiedete sich danach in den Umkleideräumen von seiner Mannschaft.
Der Zeitpunkt macht stutzig
Die Trainingseinheit am Abend übernahm bereits A-Jugend-Bundesliga-Coach Torsten Jansen (40). Der Weltmeister von 2007 soll das Drittligateam zunächst bis zum Saisonende betreuen – möglicherweise auch länger. Am Freitagabend (20 Uhr, Sporthalle Hamburg) sitzt er im Spiel gegen Tabellenführer TSV Altenholz erstmals verantwortlich auf der Bank. Für das Spiel sind schon 3000 Karten verkauft.
Die Trennung von Häusler kommt sechs Spieltage vor Ende der Spielzeit überraschend, da der HSV nach den Pleiten in Braunschweig (24:28) und der zweiten Mannschaft des Bundesliga-Tabellenführers SG Flensburg-Handewitt (22:29) als Tabellenvierter keine Chance mehr auf den Aufstieg in die Zweite Bundesliga hat. Frühestens zum Saisonende Anfang Mai war deshalb diese Maßnahme erwartet worden. Die Beziehungen zwischen Häusler und dem Team müssen aber offenbar derart belastet gewesen sein, dass die Vereinsführung sich jetzt zu diesem ultimativen Schritt veranlasst sah.
HSV sieht sich zum Handeln verpflichtet
„In der Mannschaft haben wir einen Vertrauensverlust gegenüber dem Trainer festgestellt und sahen uns, auch nach intensiven Gesprächen mit Jens, zum Handeln verpflichtet. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, weil wir Jens viel zu verdanken haben. Er hat sich in den vergangenen fünf Jahren mit viel Einsatz und Leidenschaft für den Verein aufgeopfert“, sagte Evermann.
Dass die Freistellungen zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen wurde, „spricht letztlich aber für sich“, sagte Schwalb dem Abendblatt. Der Verein habe die momentane Konstellation Trainer/Mannschaft bewertet, daraufhin sei dieser Entschluss gefallen. „Seien Sie versichert, dass niemand von uns gern solch eine Entscheidung trifft, wenn sie nicht notwendig wäre“, ergänzte Schwalb.
Tolle Heimserie, schwache Auswärtsbilanz
Häusler arbeitete seit Juli 2012 für den HSV, als Nachwuchs- und Co-Trainer, zwischendurch zweimal für jeweils ein halbes Jahr als Cheftrainer der damaligen Bundesligamannschaft. Nach der Insolvenz des deutschen Meisters (2011) und Champions-League-Siegers (2013) im Dezember 2015 sollte er den sportlichen Neuaufbau beim HSV Hamburg mitgestalten.
Häusler stieg in der vergangenen Saison mit seiner Mannschaft aus der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein in die Dritte Liga Nord auf. Zwar gewann der HSV hier alle seine elf Heimspiele, begeisterte seine weiter große Fangemeinde. In der Fremde verlor das Team jedoch sieben der 13 Begegnungen, drei davon bei Abstiegskandidaten, und büßte dadurch alle Aufstiegschancen ein. Dass die Mannschaft ihr Potenzial auswärts nicht abrufen konnte, wurde vor allem Häusler angelastet.
Häuslers Vertrag ist nicht befristet
Die aktuelle Entwicklung traf den Vater von vier Kindern unerwartet. Dass es in der Vergangenheit wiederholt Stimmen aus dem Team gab, die mit seiner Art des Trainings und der Mannschaftsführung nicht einverstanden waren, hatte Häusler als „normal“ eingeordnet. „Unzufriedene gibt es immer“, sagte er noch vor Wochenfrist.
Was ihm nun vorgeworfen wird, schockiere ihn allerdings. „Vieles wäre zu vermeiden gewesen, wenn wir untereinander öfter kommuniziert hätten. Diese Lehre ziehe ich“, sagte Häusler dem Abendblatt. Aus arbeitsrechtlichen Gründen werde er sich dazu nicht weiter äußern. Häusler hat einen unbefristeten Vertrag mit dem HSV.
Jansen könnte längerfristige Lösung sein
Aus der Mannschaft kam am Mittwochabend die erwartete Reaktion. „Was Jens gemeinsam mit uns auf die Beine gestellt hat, rechnen wir ihm extrem hoch an. Jetzt müssen wir aber nach vorne schauen und wissen, dass wir nun noch stärker in der Pflicht sind, um unser wirkliches Potenzial abzurufen und um am Freitag unsere Heimbilanz zu verteidigen“, sagte Mannschaftsratsmitglied Stefan Schröder (35), der auch bei der Vermarktung des Vereins eine führende Rolle spielt.
Dass Torsten Jansen mehr als eine Übergangslösung sein könnte, deutete Sportchef Schwalb an: „Wir wissen alle, was für ein guter Trainer ,Toto’ ist.“ Mit Jansen hat die A-Jugend-Bundesliga des HSV erstmals die Chance, sich als Tabellenzweiter der Nordgruppe für das Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft zu qualifizieren.
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