Hamburg. Der packende Beachvolleyball-Olympiasieg des HSV-Duos und seine Vorgeschichte feierten im Abaton Premiere. Ein Punkt macht Ludwig froh.
Zur Feier des Tages ist Kira Walkenhorst noch mal in ihren Kleiderschrank gestiegen und hat sie dann irgendwann gefunden, ihre Nike-Sportschuhe mit Blattgoldüberzug und der Gravur an der Ferse „180816“.
Am 18. August dieses Jahres sind die Hamburger Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst zu Stars geworden. Wie das passieren konnte, ist jetzt im Kino zu sehen. Regisseur Guido Weihermüller („Die Norm – Ist dabei sein wirklich alles?“) hat den langen Weg zu Gold von November 2014 bis zum Olympiasieg in Rio de Janeiro dokumentiert. Das Werk feierte am Mittwochabend im Abaton Premiere. Eine kürzere Version, 43 Minuten statt jetzt 85, lief bereits am 8. Oktober in der ARD-„Sportschau“. 1,5 Millionen Zuschauer sahen sie. Die lange Fassung gibt es jetzt auch auf DVD und Bluray im Handel.
„Wir fühlen uns in dem Film gut porträtiert“, sagen die beiden Hauptdarstellerinnen, „die ganzen Aufs und Abs in diesen zwei Jahren, unsere Gefühlsschwankungen, das Hoffen und Bangen und am Ende der große Jubel – das alles wird in eindrucksvollen Bildern gezeigt, die bei uns viele Erinnerungen wachgerufen haben.“ Die Kamera habe sie nur an den ersten Tagen gestört, „danach gehörte sie irgendwie zu unserem Alltag“, weil schnell Vertrauen zum Filmteam entstanden war.
Im Februar gehen sie in den USA wieder auf Welttour
Wie Spitzensportler ticken, was sie alles für den möglichen Erfolg auf sich nehmen, wird vielleicht am deutlichsten in der Sequenz aus dem April 2015, als Kira Walkenhorst im Krankenhaus vor der Entscheidung steht, sich ihren gerissenen Meniskus nähen oder zum Teil entfernen zu lassen. Der Hamburger Olympia-Arzt Michael Ehnert erläutert ihr die Alternativen. Nähen: ein halbes Jahr Pause, keine Chance auf Olympia, im späteren Leben vermutlich weit länger ein schmerzfreies Knie. Oder entfernen: Nur drei Wochen Pause mit der Chance, sich danach für die Sommerspiele in Rio zu qualifizieren, in absehbarer Zeit nach der Karriere jedoch die Gefahr einer Arthrose.
Walkenhorst entscheidet sich für das Entfernen des Knorpels. Im Rückblick sagt sie: „Als ich hörte, dass ich drei Wochen später wieder trainieren kann, musste ich keine Sekunde überlegen. Ich hoffe jetzt, dass die Medizin in den nächsten Jahren solche Fortschritte macht, dass es Lösungen für meine Knieprobleme gibt. Und wenn nicht: Der Olympiasieg, überhaupt die Teilnahme war es allemal wert.“
Der Triumph von Rio:
Gold! Hamburger Beach-Duo krönt sich an der Copacabana
Ludwig: „Jetzt ist aber auch gut“
Fernseh- und Gala-Auftritte, Interviews, immer wieder Interviews, Ludwig und Walkenhorst haben in den vergangenen drei Monaten erlebt, was es heißt, plötzlich prominent zu sein, erkannt, angesprochen und um Fotos gebeten zu werden. „Das waren sehr interessante, neue Erfahrungen, jetzt ist aber auch gut“, meint Ludwig, „von Sonnabend an gehen wir wieder unserer geregelten Arbeit nach.“ Ende der Woche kommt das gesamte Team am Olympiastützpunkt in Dulsberg zusammen, Chefcoach Jürgen Wagner reist aus Moers an. Es ist die erste gemeinsame Trainingseinheit seit dem Sieg im Welttourfinale am 18. September im kanadischen Toronto.
Mitte Februar will das HSV-Duo wieder im Sand aufschlagen, in Fort Lauderdale (US-Bundesstaat Florida) beim ersten bedeutenden Turnier der neuen Saison. Sportliches Ziel 2017 sind die Weltmeisterschaften in Wien (28. Juli bis 6. August). Dieser Titel fehlt den Weltranglistenersten noch. Motiviert sind sie allemal. „Wir haben genug gefeiert. Die Lust auf Beachvolleyball ist zurück“, sagt Walkenhorst. Und was hat sich seit Rio geändert? „Das Selbstvertrauen! Wir wissen nun, dass wir uns im Spiel jederzeit auf unsere Stärken verlassen können. Das ist ein super Gefühl“, sagt Ludwig.
In den vergangenen Wochen war sie in Hamburg auf Wohnungssuche – mit Erfolg. Zum 1. Januar zieht sie mit ihrem Lebensgefährten Imornefe Bowes, ehemaliger Nationaltrainer der niederländischen Beachvolleyballerinnen, in Uhlenhorst in eine Zweieinhalbzimmerwohnung. Ihre Bekanntheit, gibt sie augenzwinkernd zu, war in diesem Fall ganz hilfreich. „Also hatte der Olympiasieg doch wenigstens etwas Gutes“, sagt sie und lacht herzlich.
„Ludwig/Walkenhorst: Der Weg zu Gold“ Dokumentarfilm, 85 Minuten. Regie: Guido Weihermüller. Nächster Termin: 7. Dezember, 20 Uhr, Abaton-Kino, Allendeplatz 3