Évian-les-Bains. Deutschland gegen Italien ist auch ein Duell der Toreverhinderer. Im deutschen Tor ist Neuer längst das internationale Maß der Dinge.
Nichts ist unmöglich. Oder wie Jérôme Boateng in diesen Tagen lächelnd sagt: „Gehen tut alles.“ Der Chef der deutschen Verteidigung war gefragt worden, ob es denn vorstellbar wäre, dass eine Mannschaft den EM-Titel gewinnen und auf dem Weg dorthin keinen einzigen Gegentreffer kassieren könne. Ein Blick in die Geschichtsbücher lässt die Antwort „Nein, geht nicht“ als alternativlos erscheinen, aber das schert einen wie Boatengnicht. Schließlich hat die Nationalelf bei dieserEMin vier Spielen kein Erfolgserlebnis des Gegners zugelassen, und nur weil jetzt der Widerstand stärker zu werden droht, soll sich noch längst nichts an der Herangehensweise ändern. „Unser Ziel ist immer, dass erst mal die Null steht.“
Das ist nun keine ganz neue Herangehensweise an ein Fußballspiel, aber die Vehemenz, mit der dieses Ziel verfolgt wird, hat Ausmaße angenommen wie sonst nur beim kommenden Gegner im Viertelfinale:Italien, Land der Verteidiger. Das Spiel in Bordeaux (Sa, 21 Uhr) wird das Duell der derzeit besten Defensiven der Welt. Zusammen haben sie genau ein Gegentor bei diesem Turnier hinnehmen müssen. Und noch etwas ist ihnen gemein: Jede wird vornehmlich vom Meister des jeweiligen Landes bestückt: Bayern München hier, Juventus Turin dort. Block gegen Block.
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Im deutschen Tor ist Bayern-Keeper Manuel Neuer (30) längst das internationale Maß der Dinge, vor ihm räumt Boateng (27) urgewaltig auf, und daneben verrichtete Mats Hummels (27) seinen Dienst sehr zuverlässig. Seit dessen Vertragsunterschrift im Mai ist er in der Wahrnehmung schon ein Bayern-Spieler, offiziell wird er es im Spiel gegen Italien erstmals sein. Das Trio kennt sich seit vielen, vielen Jahren und verteidigt genauso lange schon zusammen. Das bedeutet: Jeder kennt den anderen, Automatismen greifen auch in Stresssituationen besser. Die Bayern-Fraktion bildet eine derzeit fast unüberwindlich scheinende Instanz, an dessen rechte Seite sich manchmal noch Joshua Kimmich (21, ebenfalls Bayern) gesellt.
Bei den Italienern ist der Einfluss eines einzigen Vereins noch augenscheinlicher. Nicht nur die italienische Torwartlegende Gianluigi Buffon (38), sondern auch die vor ihm streng herrschende Dreierkette mit dem früheren Wolfsburger Andrea Barzagli (35), dem furchtlosen Giorgio Chiellini (31) und dem eleganten Anführer Leonardo Bonucci (29) stehen beim italienischen Rekordmeister unter Vertrag. Zusammen kommen sie dort auf 38 (!) Dienstjahre. Die „FaS“ nannte sie jüngst „die glorreichen Vier“. Wenn sie spielen, entsteht eine azurblaue Wand, die am eigenen Strafraum alles zuverlässig wegverteidigt. Das einzige Gegentor kassierte Italien beim 0:1 gegen Irland, als Trainer Antonio Conte die halbe Mannschaft schonte, darunter Buffon und Chiellini.
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„Die spielen seit Ewigkeiten zusammen und verstehen sich blind. Sie haben von klein auf gelernt, dass man sich über ein 0:0 mindestens genauso freut wie über ein 3:3“, beschreibt Bundestrainer Joachim Löw einen defensiven Grundgedanken, der sich aber auch bei der deutschen Mannschaft mehr und mehr zu verfestigen scheint.
Es wird also wieder darum gehen, mit aller Macht ein Gegentor zu verhindern. „Wenn man gegen Italien mit 0:2 zurückliegt, dann wird’s sehr schwer, weil die Abwehrspieler dann auch mal den Ball auf die Tribüne jagen und dabei lächeln“, sagt Löw, der bei einer dieser seltenen Wenden gegen italienische Mannschaften auf der Tribüne saß. Turin führte im Champions-League-Achtelfinale im März mit 2:0. Doch das Spiel ging nach Verlängerung mit 2:4 verloren. Gegner: die Bayern.
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