Paris. Mit dem Finalsieg gegen Andy Murray in Paris gelang dem Serben etwas Seltenes: Er hält alle vier Grand-Slam-Titel zur gleichen Zeit.
Novak Djokovic malte mit dem Schläger ein großes Herz in den roten Sand und legte sich auf dem Rücken hinein. Mit dem so sehr ersehnten ersten French-Open-Sieg hat der Schützling von Boris Becker als achter Spieler den Karriere-Grand-Slam geschafft. Der Weltranglisten-Erste aus Serbien machte das lang ersehnte Kunststück mit dem 3:6, 6:1, 6:2, 6:4 am Sonntag im Endspiel gegen den Schotten Andy Murray perfekt.
„Das ist wirklich ein besonderer Moment, vielleicht der größte Moment meiner Karriere“, sagte Djokovic, bevor er unter den ersten Sonnenstrahlen in Paris seit einer Woche den Musketier-Cup in Empfang nehmen durfte. Die berühmte Siegesgeste hatte er sich beim dreimaligen Champion Gustavo Kuerten aus Brasilien abgeschaut - der das erlaubt hatte und auf der Tribüne strahlte. Dort lag sich Becker mit Trainer-Kollege Marian Vajda in den Armen.
Djokovic feierte beim vierten Final-Anlauf in Paris auch den „Nole Slam“: Der 29-Jährige ist erst der dritte Akteur, der die Titel der vier wichtigsten Turniere zur selben Zeit in seinem Besitz hat. Den sogenannten Kalender-Grand-Slam hatten zuvor nur der Amerikaner Don Budge und als Letzter der Australier Rod Laver 1969 geschafft, nicht aber die langjährigen Djokovic-Rivalen Roger Federer und Rafael Nadal. Nun hat Djokovic sogar die Chance auf den echten Grand Slam - wenn er 2016 noch in Wimbledon und bei den US Open siegen sollte.
Murry: „Was er erreicht hat, ist phänomenal“
„Das ist heute sein Tag. Was er in den vergangenen zwölf Monaten erreicht hat, ist phänomenal“, sagte Murray. „Es wird lange dauern, bis das wieder passiert. Für jeden, der es gesehen hat, ist es toll. Mir stinkt es natürlich, dass ich das Match verloren habe.“
Der Weltranglisten-Zweite verpasste es, als erster Brite seit 81 Jahren im Stade Roland Garros zu triumphieren und sich den dritten Grand-Slam-Titel zu holen. Nach 3:03 Stunden Spielzeit bescherte er Djokovic mit einem Rückhand-Fehler die zwölfte Grand-Slam-Trophäe.
Nach verlorenen Endspielen gegen den spanischen Rekordsieger Nadal 2012 und 2014 sowie der letztjährigen Enttäuschung gegen den Schweizer Stan Wawrinka legte Djokovic gleich mit zwei gelungenen Stoppbällen los. Beobachtet von Becker, der das Geschehen in einer roten Trainingsjacke verfolgte, nahm er Murray sofort den Aufschlag zu Null ab - nur um dann selbst sein Service zu verlieren. Der Brite spielte im ersten Satz konstanter, Djokovic wirkte doch nervös und machte mehr Fehler als bei seinen starken Auftritten zuvor.
Erst ab dem zweiten Durchgang knüpfte er an diese Leistungen an. Murrays Defensivkünste reichten nicht mehr, Djokovic suchte nun häufiger den Weg nach vorn - immer angefeuert von vielen serbischen Fans mit rot-blau-weißen Fahnen, die für Davis-Cup-Atmosphäre sorgten. Insgesamt sahen die 15 000 Zuschauer auf dem Court Philippe Chatrier aber nicht immer hochklassiges Tennis zwischen den besten Sandplatzspielern dieses Frühjahrs.
Beim insgesamt 34. Duell und dem dritten Finale gegeneinander binnen weniger Wochen geriet Rom-Champion Murray in Durchgang drei immer mehr ins Hintertreffen. Unter stürmischen „Nole, Nole“-Sprechhören von den Rängen sorgten ein Volleyfehler und ein zu kurzer Stoppball des London-Olympiasiegers für zwei Aufschlagverluste und eine 4:1-Führung von Madrid-Sieger Djokovic. Der 29-Jährige machte zu viele Fehler, um Djokovic wie 2012 im Endspiel der US Open oder 2013 in Wimbledon zu bezwingen. Beim 5:2 im vierten Satz und Aufschlag sah Djokovic wie der Sieger aus, doch Murray verkürzte noch einmal. Erst nach dem dritten Matchball durfte sich Djokovic wie von einer schweren Last erlöst fallen lassen und schlug die Hände vors Gesicht.