Hamburg. In einem überraschenden Schritt hat der olympische Box-Weltverband beschlossen, das Reglement für Profis bei Olympia umzukrempeln.
Revolution im Boxen: Das Exekutivkomitee des olympischen Weltverbands Aiba hat im englischen Manchester beschlossen, die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) für alle Profis zu öffnen. Bislang durften nur Berufsboxer teilnehmen, die entweder der Aiba-Profiserie APB angehörten oder maximal 15 Profikämpfe bei anderen Verbänden absolviert hatten.
Aiba-Präsident Ching-kuo Wu sagte: „Das Internationale Olympische Komitee will die besten Athleten bei den Spielen sehen, und die Aiba ist der einzige Fachverband, der das bislang nicht ermöglicht. Das wollen wir ändern, und zwar nicht erst für die Spiele 2020 in Tokio, sondern sofort.“ Der Taiwanese hält die notwendige Regeländerung innerhalb weniger Monate für möglich.
Profis müssen ihre Titel nicht niederlegen, um bei Olympia zu starten
Über die Qualifikationskriterien müssen sich die Aiba-Verantwortlichen noch einigen. Fakt ist aber, dass Profiweltmeister ihre Titel nicht niederlegen und auch nicht Mitglieder der APB sein müssen, um bei Olympia zu starten. Der Ausleseprozess hat längst begonnen, der Hamburger Halbweltergewichtler Artem Harutyunyan hatte als erster deutscher Boxer Ende Juli 2015 in einem Ausscheidungskampf in der Wilhelmsburger Inselparkhalle das Ticket nach Brasilien gelöst. Eine Aufstockung der Teilnehmerfelder ist nicht angedacht. 286 Boxerinnen und Boxer in 13 Gewichtsklassen (zehn Männer, drei Frauen) werden antreten.
Wu erklärte, man werde den Nationalen Olympischen Komitees freie Hand bei der Auswahl ihrer Nominierten lassen. Während Verbände wie der britische und der irische, die ihre olympischen Boxer mit umfangreichen Programmen finanziell fördern, bereits erklärten, keine Profis nach Rio schicken zu wollen, könnten andere Verbände sehr wohl ihre Profistars nominieren.
Der deutsche Verband will genau prüfen, wer für Olympia infrage kommt
Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxsport-Verbands (DBV), sagte: „Wir werden genau prüfen, wer Interesse hat und wer dafür infrage kommt.“ Schwergewichts-Topstar Wladimir Klitschko, der 1996 für die Ukraine in Atlanta Gold gewonnen und schon vor längerer Zeit mit einem zweiten Olympiastart geliebäugelt hatte, sagte: „Ich habe immer gesagt, dass Olympia für mich ein Thema ist. Aber derzeit zählt nur der Rückkampf mit Tyson Fury.“ Gegen den Briten hatte der 39-Jährige im November 2015 seine drei WM-Titel verloren. Das Rematch ist im Mai oder Juni geplant.