Melbourne. Die nationale Meisterin steht als erster deutscher Tennisprofi in der dritten Runde. Jetzt hat Anna-Lena Friedsam nichts zu verlieren.
Für ihre Verhältnisse fiel die Freude bei Anna-Lena Friedsam schon ganz schön ausgelassen aus. Ein lauter Jubelschrei, beide Hände in die Höhe gestreckt - so feierte die deutsche Meisterin den erstmaligen Einzug in die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers. Gegen die Chinesin Wang Qiang setzte sich Friedsam am Mittwoch klar mit 6:3, 6:4 durch. Sie steht damit als erste deutsche Tennisspielerin bei den Australian Open in Runde drei.
„Ich freue mich einfach sehr, weil ich eine gute Leistung gezeigt habe“, sagte die sonst eher zurückhaltende Friedsam über ihren Jubel. Eigentlich sei sie ein „bodenständiger und eher ruhiger“ Mensch, der nicht viel Aufsehen um sich machen möchte.
Das liegt auch an der Art und Weise, wie Friedsam aufgewachsen ist. Ihr Heimatdorf Oberdürenbach in der Eifel hat gerade einmal 300 Einwohner. „Da gibt es nichts. Keinen Bäcker, kein Restaurant, keine Kneipe“, erzählte Friedsam. Trotzdem fühlt sie sich dort immer wieder pudelwohl, wenn sie vom hektischen Tourleben einmal nach Hause kommt. Dann genießt sie die Ruhe. „Wenn ich in meinem eigenen Bett liege, dann höre ich nichts. Höchstens ein bisschen Vogelgezwitscher.“
Friedsam ist ganz geruhsam
Das ist bei den Australian Open anders. Auf der Anlage im Melbourne & Olympic Parks herrscht jede Menge Trubel, auch wenn die Veranstalter das Areal Jahr für Jahr weiträumiger gestalten. Doch Friedsam geht mit der Lautstärke und dem Gewusel bereits erstaunlich souverän um.
Gegen Wang Qiang, die in der ersten Runde immerhin die hoch gehandelte Sloane Stephens aus den USA ausgeschaltet hatte, trat die Nummer 82 der Welt mit beeindruckender Souveränität auf. Von Beginn an diktierte sie die Partie. Im ersten Satz gelang ihr das entscheidende Break zum 3:1. Im zweiten Durchgang nahm sie der Chinesin gleich zweimal das Service ab. Zwar musste sie danach auch einmal ihren Aufschlag abgeben, der Sieg geriet aber nicht in Gefahr.
Rittner ist wenig überrascht
Für Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner kommen die Erfolge von Friedsam nicht überraschend. „Mit Anna-Lena wird in diesem Jahr zu rechnen sein“, sagte Rittner bereits vor dem ersten Major-Event der Saison. „Sie hat sich gut vorbereitet und schon bei den deutschen Meisterschaften beeindruckt.“
In Melbourne bekommt es Friedsam jetzt mit der Italienerin Roberta Vinci zu tun, im vergangenen Jahr immerhin im Finale der US Open. „Ich freue mich einfach auf das Match“, sagte Friedsam bescheiden. Doch wenn sie am Freitag auf den Platz geht, wird sie diese Zurückhaltung schnell wieder ablegen. „Ich habe nichts zu verlieren.“