Doha. Matthias Sammer verkündet im Wintercamp der Bayern eine klare Botschaft: Schnell rein in „die bestmögliche Verfassung“.
Der Muezzin hatte die Muslime gerade zum Mittagsgebet gerufen, da setzte Matthias Sammer in Katar zu einer seiner berühmten Mahnpredigten an. Die Haupt-Botschaft des Sportvorstandes an die Fußballstars des FC Bayern war am Donnerstag nach dem Ende der ersten schweißtreibenden Trainingseinheit im sommerlich warmen Wüstenstaat deutlich: „Wir müssen uns so schnell wie möglich - jeder einzelne Spieler - in die bestmögliche Verfassung bringen. Das ist spätestens ab heute die Botschaft“, verkündete Sammer in Doha.
Fokus auf den Sport, lautete die Ansage des 48-Jährigen, der die Debatten um die erneute Wintervorbereitung des Herbstmeisters im umstrittenen Gastgeberland der WM 2022 nicht weiter führen möchte. „Wir haben uns dafür entschieden hierherzugehen. Dafür gab es genug Aussagen, es wird keine weitere von mir dazu geben“, sagte Sammer.
Der Sportvorstand erinnerte lieber an das schlechte Beispiel aus dem Vorjahr, als die Münchner ebenfalls aus Katar heimkamen und zum Bundesliga-Rückrundenstart gleich mal mit 1:4 beim VfL Wolfsburg unterlagen. Der Trugschluss vorm Neustart damals, „alles super, alles gut“, dürfe sich nicht wiederholen. Und „alles Ablenkungspotenzial muss jetzt beendet sein“, forderte der Ex-Profi und Ex-Trainer.
An der Arbeitseinstellung auf dem Platz gab es am ersten richtigen Trainingstag nichts zu beanstanden. Pep Guardiola fordert wie immer Perfektion („Jeder Pass gute Qualität“), die Spieler geben Gas. Vom Trainer als womöglich „lahmer Ente“ ist trotz Peps Abschied im Sommer nichts zu spüren. „Die Gefahr hatten wir 2013 auch mit Jupp Heynckes - und dann haben wir das Triple geholt“, sagte Kapitän Philipp Lahm.
Die gemeinsamen Ziele sollen weiter zusammenschweißen. Ziele wie das Triple oder den Champions-League-Triumph würde Sammer öffentlich nie ausrufen, weil große Erfolge nur bedingt planbar und steuerbar seien. „Die Champions League kommt zu dir“, bemerkte Sammer: „Pep hat es gesagt: Das Momentum muss passen.“ Form, Fitness, Glück, Verletzte, in den ersten zwei Jahren unter Guardiola passte das am Ende nicht. „Ich sehe es aber nicht so, dass wir eingebrochen sind“, sagte Lahm dazu: „In der Gruppenphase der Champions League darf man nicht ausscheiden. Gegen Ende in den engen Spielen kann das passieren.“
Wiederholen soll es sich beim letzten Anlauf mit Guardiola nicht. Und darum will Sammer frühzeitig wachrütteln. Zumal er am ersten Abend in Doha im arabischen Fernsehen Achtelfinalgegner Juventus Turin beim schon achten Ligaerfolg nacheinander (3:0 bei Hellas Verona) sowie den FC Barcelona beim lockeren 4:1-Pokalerfolg gegen den Stadtrivalen Espanyol gesehen hatte. „Die sind beide in Topverfassung“, erklärte Sammer beeindruckt. Und Topform benötige auch der FC Bayern vom ersten Pflichtspiel 2016 an, also in zwei Wochen beim Hamburger SV.
„In den ersten zehn Pflichtspielen spielen wir siebenmal auswärts, unter anderem gegen so ‘leichte’ Gegner wie Juventus Turin, Leverkusen, Wolfsburg und Dortmund“, zählte Sammer auf und schlussfolgerte: „Auf dem Level, auf dem wir uns bewegen, hat schon ein Prozent falsches Denken katastrophale Auswirkungen.“
Alle Stars werden bis zum Neustart 2016 nicht fit werden. Franck Ribéry und Medhi Benatia absolvieren in Doha leichtes Lauftraining, Weltmeister Mario Götze befindet sich weiter im Aufbau. David Alaba ist am weitesten von den Rekonvaleszenten. Arjen Robben musste wegen einer Erkältung seine Comeback-Bemühungen zunächst unterbrechen.
Für die Fokussierung auf eine erfolgreiche Saison war es aus Sammers Sicht wichtig, dass in der Trainerfrage Klarheit geschaffen werden konnte. Guardiola habe mit seiner Erklärung, nach England zu gehen, für „einen klaren Cut“ gesorgt. Und der Verein habe wiederum mit der Verpflichtung von Carlo Ancelotti als Pep-Nachfolger ein ablenkendes „Vakuum geschlossen“. Gute Voraussetzungen für erste Triple-Schritte.