Birkenfeld. Schiedsrichter standen zuletzt immer wieder in der Kritik. Ein Fußball-Profi, der selbst Referee ist, hofft, dass er Nachahmer findet.
Für diese Jobs müsse man verrückt sein, sagt er. „Du bist immer der Buhmann. Du bist der Idiot, wenn du was falsch machst. Aber ich mag den Druck“, erzählt René Vollath. Der Fußballprofi spricht so über seinen Beruf und sein Hobby. Er ist Torwart beim Zweitligisten Karlsruher SC. Und seit rund zwei Jahren nebenbei auch noch Schiedsrichter.
Unparteiische gibt es in Deutschland rund 72 000. Neben Vollath ist dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) kein weiterer pfeifender Profi bekannt. Vollath hofft, dass sich das ändert. „Besser qualifiziertes Personal gibt es einfach nicht“, sagt der 25-Jährige.
Der DFB freut sich über Vollaths zweite Karriere im Fußball: „Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass er das durchzieht. Es ist super Werbung und ein tolles Signal für die Schiedsrichter“, sagt der für Referees zuständige DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. „Wegen des Geldes macht er das sicher nicht.“
40 Euro pro Einsatz
Vor rund zwei Jahren begann die Schiedsrichter-Laufbahn des Torhüters. In dieser Saison pfeift er erstmals in der Landesliga, für 40 Euro pro Einsatz. Spiele leiten kann er nur, wenn es der Spiel- und Trainingsplan des KSC erlaubt.
So wie Mitte November: Vollath pfeift die Partie zwischen 1. FC 08 Birkenfeld und FC Nöttingen 2. Nach ein paar Minuten kommt es zu einem kurzen Aufreger: „Ey Schiedsrichter! Hand!“, brüllt ein Nöttinger. Vollath verzieht das Gesicht, schüttelt den Kopf und ruft: „Weiter!“ Er leitet das Spiel ruhig, zeigt keine Karte und legt die Regeln eher liberal aus. Die Zuschauern meckern kaum.
Den Spielern der Landesligisten fällt der Schiedsrichter dennoch auf. „Er merkt, wenn Spieler nur schreien, um ein Foul rauszuholen“, sagt Birkendfelds Mittelfeldmann David Kaul. „Draußen haben wir gesagt: Das ist ja Wahnsinn, der pfeift gar nichts!“, sagt dessen Trainer Hakan Göktürk nach dem 5:2-Sieg seines Teams.
Früher meckerte Vollath viel
Der Schiedsrichter-Obmann des Badischen Fußballverbands (bfv), Rolf Karcher, sieht das ähnlich: „Ich habe ihm gesagt, dass er öfter unterbrechen muss, sonst fangen die Spieler an zu meißeln.“ Aber eigentlich wirkt er zufrieden und ist wohl stolz über solch einen Schützling. „Er antizipiert das Spiel wunderbar. Und er hat so eine Art, er ist ein natürlicher Spielleiter“, lobt Karcher. Wenn der KSC-Profi so weiter pfeife, könne er bald wieder in eine höhere Liga aufsteigen.
Vollath hört das gerne. „Natürlich stellt sich kein Fußballprofi hin und sagt: Ich pfeife jetzt siebte Liga. Wenn ich was mache, dann mache ich es richtig“, sagt der Torhüter.
Sein Schiedsrichter-Hobby begann der gebürtige Bayer, als er noch für Wacker Burghausen in der dritten Liga spielte. Dort meckerte er viel und bekam dafür häufig Gelbe Karten. Vollath zufolge sagte ihm ein Schiedsrichterbeobachter nach einem Spiel: „Probier’ es doch selber, wenn du es besser kannst.“ Er probierte es.
Inzwischen hofft er, dass noch weitere Profis zur Pfeife greifen: „Es würde dem Fußball gut tun, wenn es mehr machen würden“. Es gebe zwar sehr gute Schiedsrichter wie Knut Kircher. Doch ein Fußballprofi könnte das Spiel besser verstehen und Zweikämpfe treffender bewerten, argumentiert Vollath.
Der DFB sucht derweil dringend nach neuen Schiedsrichtern; mit verschiedensten Projekten will er den Job attraktiver machen. Gezielt Profis anwerben wird der Verband aber nicht. „Man muss die Ressourcen da einsetzen, wo es sinnvoll ist“, sagt Zimmermann. Falls Vollath als Schiedsrichter weiter aufsteige, könne das aber weitere Profis anlocken, vermutet der DFB-Vizepräsident.
Trotz des Schiedsrichter-Hobbys bleibe er wohl immer ein „Hitzkopf“, sagt Vollath. Etwa als er Anfang Oktober gegen den SC Freiburg (1:1) den damals verletzten Stammkeeper und Kapitän Dirk Orlishausen vertrat und in eine hitzige Diskussion mit Schiedsrichter Wolfgang Stark geriet. Vollath forderte statt einer Ecke einen Abstoß. Der Unparteiische habe ihm daraufhin gesagt: „Sie sind doch selber Schiedsrichter. Sie wissen doch, wie schwer das ist“. Und Vollath? Der blieb dann ruhig.
Zuletzt erlebte die Profi-Karriere des Torwarts noch eine positive Entwicklung. In den zwei Spielen vor der Winterpause setzte KSC-Trainer Markus Kauczinski den gesunden Orlishausen auf die Bank. Vollath durfte nicht nur zwischen die Pfosten, sondern sich auch noch die Kapitänsbinde überstülpen. Seine Bilanz: Zwei Siege, ein Gegentor, null Gelbe Karten.